Tannöd ist die spannende Geschichte eines authentischen Kriminalfalles, der bis zum heutigen Tag ungeklärt ist. Ein in den 1920er-Jahren begangener Mord an einer Bauernfamilie in Hinterkaifeck nicht weit von Schrobenhausen, diente der Autorin Andrea Maria Schenkel als Vorlage für einen mehrfach ausgezeichneten Krimibestseller. Die Schauspielerin Johanna Bittenbinder hat die schaurige Geschichte als Lesung inszeniert. »Der Stoff hat mich schon immer begleitet«, sagte Bittenbinder dem Traunsteiner Tagblatt. Vielleicht auch gerade deshalb, weil sie selber aus einem Aussiedlerhof kommt. »S´ Kind (ihre Tochter) war aus´m Haus« und sofort habe sie damit begonnen, den Stoff zu bearbeiten. Herausgekommen ist eine sprachlich sehr veränderte mitreißende Kriminalgeschichte, in der man auch immer wieder dem Mörder selbst und seinen Opfer begegnet, die ihre eigene Geschichte erzählen.
Mystische Eingangstöne lassen das Spektrum von Eifersucht, Habgier, Inzest und nicht zuletzt des Grauens erahnen. Sechs Menschen wurden auf grausame Weise mit einer Spitzhacke ermordet. Die beiden Sprecher sitzen am Tisch und blicken starr in die dunklen Zuschauerreihen. Ketten rasseln, Holzdielen knarzen, im Stall wird eine Kuh gemolken. Irgendwo bellt ein Hund. Die Sprecher lassen die dramatische Bilder- und Gefühlswelt von Tannöd auferstehen und das im wunderbaren bayerischen Dialekt. Dazu die eingestreuten Intermezzi der herausragenden Musiker, die gewissermaßen als verlängerter Arm des Gesprochenen fungieren.
Bittenbinder und ihr Mann Heinz-Josef Braun, beide bekannt aus »Wer früher stirbt, ist länger tot«, »Beste Gegend« und zahlreichen Fernsehproduktionen, schlüpfen dabei in rund 20 verschiedene Rollen und inszenieren mit professioneller Redegewandtheit die unterschiedlichen Dorfcharaktere. In mehreren Kapiteln werden die Opfer, etwa der grantelnde Bauer, der seine eigene Tochter missbraucht, die alte Bäuerin oder die neue Magd am Hof vor den Augen der Zuhörer lebendig. Die Nachbarn und andere Personen aus dem Dorf, wie der Gelegenheitsdieb Michi, der Postler Ludwig oder der Knecht Lois, werden als Zeugen gehört. Für die abergläubische Pfarrersköchin ist am Ende klar: »De Sippschaft hod da Deife g´hoid«….
Die Tannöd-Lesung ist nicht nur eine Lesung, sondern vielmehr ein mitreißendes Theater, von dem sich der Zuhörer in den Bann gezogen fühlt. Ein Live-Hörspiel der besonderen Art. Das stimmte einfach alles: Sprachduktus, Mimik und ideenreiche Musik! »Eine packende G´schicht. Wunderbare Sprecher und Musiker«, schrieben die Besucher in das k1-Gästebuch. Gabi Rasch