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Ein Blick in die Alte Wache in Traunstein, wo der Kunstverein Traunstein über 80 lange und schmale Arbeiten von 63 Künstlern präsentiert. (Foto: Giesen)

Eine Fülle an Ideen zu »lang und schmal«

Eine Fülle an Ideen und interessanten Arbeiten bietet sich dem Besucher bei der Frühjahrsausstellung des Kunstvereins Traunstein: Der Vorgabe gemäß sollten nur lange und schmale Grafiken und Kleinskulpturen eingereicht werden.


Offensichtlich beflügelten diese Spielregeln die Fantasie der Künstler, denn in der nicht jurierten Ausstellung sind nun bis einschließlich Palmsonntag über 80 Arbeiten von 63 Mitgliedern des Kunstvereins zu bewundern. Beinahe alle Arbeiten entstanden extra für diese Ausstellung. Trotz der vielen, völlig unterschiedlichen Exponate ist es dem Hängeteam gelungen, eine geordnete, fast einheitliche Präsentation zu schaffen.

Unendlich breit gefächert zeigen sich die Möglichkeiten, grafisch oder bildhauerisch zu arbeiten. Es gibt Zeichnungen unterschiedlichster Art mit klassischem Bleistift oder Kohle, Bunt- oder Filzstift, zum Beispiel die zarte Pastellzeichnung von Maura Hagen oder die neunteilige Bildergeschichte von Hildegard Manzke. Da sind Drucke, Fotografien, Collagen und Mischtechniken vieler Art. Ungewöhnliche Drucktechniken wie Karl-Heinz Hausers Tetratütendruck stehen neben den klassisch bekannten wie Radierung, Linol- und Holzschnitt, zum Beispiel dem sehenswerten Farblinoldruck auf Japanpapier »Fanal« von Gotthard Glitsch oder Hermann Wagners Kaltnadelradierung. Manchmal überdecken transparente, auch bearbeitete Papiere darunter liegende grafische Arbeiten oder sind auf der Vorder- und Rückseite bearbeitet, wie die anspruchsvolle Collage von Claudiha-Gayatri Matussek.

Genauso vielfältig wie die künstlerischen Techniken sind auch die Themen – völlig nicht-gegenständlich bis realistisch ins Detail. Viele der Künstler gehen ihr Thema humorvoll und witzig an, zum Beispiel, Gabriele Drägers »Kohle, Mäuse, Piepen« mit Plüschmäusen auf einer langen, mit Münzen bemalten Stoffbahn oder Julia Dorrers Keramik »Die Badenden«, bei der sie vier Wachteln abgeformt hat. Diese Arbeiten stehen zeitkritischen gegenüber wie der von Cosima Strähhuber »GNPT«, wo der umjubelte Wettbewerb »Germany‘s Next Topmodel« mit dem Linoldruck eines Gewehrs G3 buchstäblich aufs Korn genom-men wird. Mehrfach ist die Flüchtlingskrise thematisiert, zum Beispiel bei Winfried Hamers kleiner Skulpturencollage »Auf der Flucht«, Anne Herls dreiteiliger Monotypie »Remember Europe« oder bei Herbert Stahls aufwändiger Zeichnung »Cry«, wo er, inspiriert vom »Schrei« des Edvard Munch, die grauenhaften Erlebnisse eines syrischen Flüchtlings verarbeitet.

Auch bei den Plastiken und Skulpturen – fast allesamt versammelt auf einem Steg in der Mitte des Raumes – gibt es eine Fülle an unterschiedlichen Materialien von Holz und Stein zu Bronze, Gips und Kunststoff, denen sich der Besucher gegenüber sieht. Da sind klassisch ästhetische Bronzegüsse von Franz Xaver Angerer und Carsten Lewerentz ebenso zu finden wie Maria Freutsmiedls staunende Gestalt »Der Somnambule« aus Gips, Papier und Granit. Gustav Starzmanns zerbrechlich wirkende »Kreation eines Säulenheiligen« und Gerhard Passens weiße Gestalten »Apollo und Daphne« recken sich neben Moni Steins klassischem Kopf in Keramik zum Himmel. Lediglich die beiden hohen Stelen »twins« von Helmut Morawetz, aus Holz, ummantelt mit dem Karton von Schießscheiben, stehen allein in der Mitte des Raums und gemahnen an die New Yorker Twin Towers.

Bei der gut besuchten Vernissage überbrachte Stadtrat Robert Sattler in Vertretung von Oberbürgermeister Christian Kegel die Grüße und die Gratulation der Stadt zu der gelungenen Ausstellung. Herbert Stahl, Vorsitzender des Kunstvereins Traunstein, erklärte das Ausstellungskonzept. Von jedem der einreichenden Künstler – ausschließlich Mitgliedern des Kunstvereins Traunstein – sei mindestens eine Arbeit ausgestellt. Von Jahr zu Jahr steige die Zahl der eingereichten Arbeiten bei der Frühjahrsausstellung. Die formalen Vorgaben schienen, besonders was die Grafiken betraf, ein lange gehegtes Bedürfnis bei den Künstlern erfüllt zu haben. »Endlich können wir mal ganz lange Bilder ausstellen«, zitierte Stahl. Einige der Arbeiten seien wirklich 2,50 Meter hoch. Einen Dank richtete der Vorsitzende an seine Mitarbeiter beim Aufbau der Ausstellung Judith Bader, Jutta Mayr, Horst Beese, Helmut Mühlbacher und Hannes Stellner und einige andere.

Die reizvolle Ausstellung in der Alten Wache im Rathaus in Traunstein ist bis Palmsonntag, 20. März, montags bis freitags von 13 bis 18 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Christiane Giesen

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