Jetzt hatte Gustl Lex im Traunsteiner Studio 16 zu einem literarischen Spaziergang durchs Jahr eingeladen, der nicht nur poetisch glänzte, sondern auch Erinnerungen an die Zeit weckte, in der kirchliche Feste und Feiertage das Leben auf dem Land bestimmt hatten. So kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen, was er anlässlich seines Gedichts »'s Mailüfterl« ausführte, dass nämlich Maiandachten auch dazu gedient hätten, erste zarte Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen.
Sehr amüsant auch sein Gedicht »Urlaub«, in dem er zunächst alle unangenehmen Begleiterscheinungen einer Urlaubsreise gewitzt auf den Punkt brachte, um anschließend auf die Vorzüge unserer Heimat hinzuweisen, verknüpft mit einer Liebeserklärung an den Chiemsee, dem er mit »Mei' Cheamsee« noch ein separates Gedicht widmete.
Aber auch Geschichten und Anekdoten aus dem ganz normalen Leben standen auf dem Programm, etwa, was der sogenannte Fortschritt so alles mit sich bringt: Da wird man, weil das Wasser aus dem Hausbrunnen angeblich nicht einwandfrei ist, für viel Geld zum Anschluss an die hygienisch korrekte kommunale Wasserversorgung gezwungen und muss dann mit ansehen, wie die Schwiegertochter tragerlweise Mineralwasser heim schleppt.
Doch zurück zu seinem literarischen Spaziergang, bei dem, jahreszeitlich bedingt, natürlich die »Staade Zeit« bzw. der Advent im Mittelpunkt standen. Mit Gedichten wie »Hoffnung« oder »A Engl« kam hier zum Abschluss besinnliche Stimmung auf, appellierte Gustl Lex, mehr Mitgefühl zu zeigen und beschwor zuletzt die große Hoffnung, dass jeder irgendwann seinen ganz eigenen Advent, seine letzte Ankunft erleben möge. Musikalisch umrahmt wurde die Lesung von Katharina Wiesholler (Harfe) und Lukas Wimmer (Akkordeon), zwei hervorragende Instrumentalisten, die allein in diesem Jahr u. a. mit dem Wasserburger Löwen und dem Traunsteiner Lindl ausgezeichnet wurden und mit flotten volkstümlichen Weisen die Gedichte und Geschichten von Gustl Lex aufs Schönste ergänzten. Wolfgang Schweiger