Gerade einmal ein gutes Jahr ist es her, dass man sich über den Freitod im Mai 2011 des schwerreichen Industriellen-Erben aus Schweinfurt mit dem unwiderstehlichen Hang zu allen Formen gerade auslaufender oder sich eben entwickelnder zeitgenössischer Kunst nur wundern konnte. Man geht, gespannt und (hoffentlich) geduldig, immer wieder erstaunt und erfrischt, durch die herrliche Weite des Museums Villa Stuck, um dem von der Alzheimer-Krankheit gezeichneten einstigen Lebemann, aber auch dem teils anerkannten, teils um Anerkennung ringenden Fotokünstler, Galeristen, Filmer und Kunstsammler Gunter Sachs zu begegnen – in einem bewegend aussagekräftigen Bild, kleinformatig, aber vieles Großformatige und Prätentiöse, Schreiende und Ambitionierte (von Max Ernst bis Spoerri und Fautrier, von Yves Klein über Dali bis Arman) in den Schatten stellend.
Warhols rosa-ockerfarbener Siebdruck (s. Foto) empfängt den Besucher. Er muss sich, hat er die wunderlichen Spielarten des Pop, berühmte Stücke des Surrealismus, des »Informel« oder des »Nouveau Réalism«, dazu so manche extreme Objektspielerei erregt und begeistert aufgenommen, noch Zeit für zwei Specials nehmen, die ihn am Ende der Ausstellung in Bann schlagen: Gotthard Graubners rekonstruierter »Nebelraum« und die Dokumentation des »Modern Art Museum München e. V.« (MAM), in dessen Präsidentschaft sich 1967 bis 1972 Gunter Sachs mit Konstantin von Bayern teilte. In den Räumen der Villa Stuck, die heute das zeigen darf, was nach der Versteigerung der immensen G.-S.-Sammlung bei Sotheby's in diesem Frühjahr die Familie (Sohn Rolf war zur Eröffnung nach München gekommen) noch in ihrem Besitz hat, fand bereits vor 45 Jahren eine denkwürdige Gunter-Sachs-Ausstellung statt. Der heutigen ist eine weitaus höhere Akzeptanz als damals – nicht nur sicher, sondern auch zu wünschen. (Bis 20. Januar). Hans Gärtner