Das an Dramatik reiche Oratorium, dessen Libretto aus dem zweiten Buch Mose und den Psalmen zusammengestellt ist, gibt eine Sicht frei auf den rachsüchtigen und gewalttätigen Gott des Alten Testamentes, der erbarmungslos dem »Feind«, respektive den Ägyptern, in den tosenden Fluten des Roten Meeres den Untergang bereitet.
Nicht nur klangschön, sondern auch textverständlich interpretierten der Chor und die Solisten das Werk. Manchmal fehlte allerdings der barocke »Biss« in der Gestaltung. Die beiden Bässe Thomas Gropper und Florian Dengler zeigten im Duett, wie das geht. Auch Maximilian Kiener präsentierte seine Arien mit hell gefärbter Tenorstimme markant und, wo nötig, mit schneidend-scharfer Tongebung in dem vollbesetzten Kirchenschiff. Dieses aggressive Element vermisste man ein wenig bei der Altistin Iris Schmid, die klangschön, aber der Ästhetik den Vorzug gebend sang.
Der Chor, der im ersten Teil des Oratoriums schon ein gewaltiges Pensum von neun Einsätzen mit bisweilen achtstimmigen Chorsätzen zu bewältigen hatte – im zweiten Teil waren es noch einmal zehn – , ließ besonders in »Er sprach das Wort, und es kamen unzählige Fliegen und stechende Mücken« aufhorchen. Das war spannend, man konnte die Plagegeister fast schon sehen. Doch der Wechsel von einem kräftigen Forte in ein gefährlich leises Pianissimo fehlte bisweilen; dies hätte eine farbigere Ausgestaltung des Geschehens möglich gemacht, ja, wäre nötig gewesen, um die dramatischen Ereignisse in all ihrer Wucht zu schildern.
In den zarten Passagen »Deine Rechte, o Herr tut große Wunder« waren vor allem die Frauenstimmen von großer Überzeugungskraft. Die umfangreichen Verzierungen in »Moses und die Kinder Israels sangen also zu dem Herrn« rangen den Zuhörern großen Respekt ab. Hier hatten männliche wie weibliche Chormitglieder Gelegenheit, ihr Können mit Bravour zu zeigen.
Das Duett »Der Herr ist mein Heil und mein Lied« der beiden Sopranistinnen Stephanie Krug und Claire Craig war einer der Höhepunkte des Konzertabends. Claire Craig war mit ihrem etwas dunkel gefärbten Sopran eine wunderbare Gegenspielerin zum strahlenden Sopran ihrer Sangeskollegin. Das brachte Spannung, man lauschte aufmerksam. Aber ein wenig mehr Tempo hätte nicht nur in diesem Duett wohlgetan, sondern der ganzen Aufführung.
Das Barockorchester Salzburg gestaltete gemeinsam mit den Posaunen in fein abgestuftem Crescendo und energischer Ausdeutung das Geschehen.
Die lang anhaltende Stille nach dem Ende der Aufführung war eine angemessene Reaktion des Publikums auf dieses opulente Werk, dem man wohl erst noch ein wenig nachspüren wollte, ehe man mit einem respektvollem Applaus den Mitwirkenden den zustehenden Tribut zollte. Barbara Heigl