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Die Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti setzten ihre Proben für das traditionelle Neujahrskonzert im Großen Saal des Musikvereins Wien fort. (Foto: Wiener Musikverein) Foto: Dieter Nagl für die Wiener Philh

Echter Beifall für echte Musik

2000 Menschen – so viele haben im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins Platz. Macht 4000 Hände, und die klatschen traditionellerweise nicht nur beim Radetzkymarsch mit. Sie spenden den Wiener Philharmonikern und ihrem jeweiligen Dirigenten auch sonst lebhaft Beifall.

Aber was sind schon 2000 Leute in einem Konzertsaal gegen mehrere Millionen in 90 Ländern? Das sollte ein Beifallssturm werden, der alle dynamischen Pegel sprengen könnte. Die Tontechniker werden schon wissen, welche Schieberegler sie im Notfall betätigen müssen, auf dass es die Lautsprecher der Stereoanlagen und auch die Fernsehgeräte in den Wohnzimmern dieser Welt nicht zerreißt.

Aber mal der Reihe nach: Neujahrskonzert mit Publikum? Geht heuer natürlich nicht. Das Neujahrskonzert einfach ausfallen lassen? Geht schon gar nicht. Riccardo Muti und die Wiener Philharmoniker im publikumsmäßigen Trockenschwimmkurs? Spielt's auch nicht. Wie also den Hörern daheim, die das auch unter diesen widrigen Umständen live stattfindende Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker genießen, zu so etwas wie Gruppenerlebnis verhelfen?

Interaktivität – das ist Gebot dieser Mittagsstunde am 1. Januar 2021. Der ORF hat sich mit dem Grazer Unternehmen Poet Audio zusammen getan, seines Zeichens Hersteller kabelloser Soundsysteme. Jeweils am Ende der beiden Konzertteile soll Live-Applaus von Tausenden Zusehern eingesammelt und gebündelt werden. Musikinteressierte rund um den Globus können sich zur Teilnahme registrieren, um dann mit ihren Ovationen den Wiener Philharmonikern und Maestro Muti Tribut zu zollen. Muti dirigiert übrigens sein sechstes Neujahrskonzert, womit er Zubin Mehta überholt, mit dem er zuletzt gleichauf lag.

Wer sich registriert hat, wird live via Computer, Tablet oder Smartphone Beifall absondern können. Über sechs Server wird das Klatschen zusammengeführt. Und das werden dann nicht nur die Zuhörer/Zuschauer der ORF-Übertragung zu hören bekommen. Auf etwa 20 Lautsprechern von Poet Audio wird der Beifall auch in den Goldenen Saal selbst übertragen. Für die Wiener Philharmoniker und ihren Dirigenten fällt also auch eine positive Rückmeldung ab.

ORF blendet Bilder mit Beifall ein

Aber was wäre Klatschen allein? Die Beifallspender können auch Fotos von sich hochladen, »das ihre Begeisterung auch optisch zum Ausdruck bringt«, wie es in einer Aussendung des ORF heißt. Solche Bilder will der ORF auch in den Beifall einblenden, und im optimalen Fall wird man daran sehen können, wie international die Klientel ist, die sich dem Sofa-listening hingibt.

Von amerikanischen Vorabend-Soaps kennen wir eingeblendetes Lachen. Das klingt immer ein wenig gekünstelt. Vom Beifall zum Neujahrskonzert erwarten wir jedenfalls mehr Lebendigkeit. Vielleicht doch nicht nur Applaus, sondern auch fröhliches Lachen und ein wenig Gläserklang, falls sich die Leute daheim zuprosten?

Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Live am 1. Januar um 11.15 Uhr. Wer einstimmen will in den Chor der öffentlichen Beifallspender, kann sich online unter www.mynewyears­concert.com registrieren.

Reinhard Kriechbaum

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