Die halb-szenische Aufführung von »Don Giovanni« oder mit vollständigem Titel »Il dissoluto punito ossio il Don Giovanni« (Der bestrafte Lüstling oder Don Giovanni) ist bezeichnet als »Dramma giocoso«, als ein »vergnügliches Drama« also. Was normalerweise ein Widerspruch in sich wäre, ist bei Mozart – ganz seiner eigener Persönlichkeit entsprechend – eine gelungene Kombination von komischen und tragischen Elementen. Letztere allerdings muten deswegen nicht so tragisch an, weil jeder – damals wie heute – mit dem gerechten Ausgang der Oper zufrieden ist.
Intendant Rolando Villazón hat das Werk im Rahmen der Salzburger Mozartwoche effektvoll szenisch eingerichtet. Erwähnenswert ist das, auf die Felsenreitschule abgestimmte Lichtkonzept (Davy Cunningham). Je nach Stimmungsgehalt leuchtete die Bühnenrückwand in bestimmten Farben, besonders eindrucksvoll – das rot lodernde Höllenfeuer symbolisierend –, als der Protagonist von diesem »verschluckt« wurde. Das Konzept der Kostüme (Sandra Aigner mit Assistenz von Denise Duijts) war an der zeitlosen Gültigkeit des Themas – Freiheit versus Gerechtigkeit – orientiert.
Nur Leporellos (Maurizio Muraro: mit stimmlich und komödiantisch hohem Niveau) und Don Giovannis Ausstattung ließen an Historisches denken. Bei Leporello kam die Komik nicht nur durch seine Kommentare zur Handlung oder zu Don Giovannis Charakter zum Ausdruck, bisweilen auch begleitend im Hintergrund, wenn sich im Vordergrund Duette abspielten. Er spielte auch vorzüglich seinen Herrn in der Verkleidungskomödie.
Zwei Häuserfronten auf beiden Bühnenseiten rahmten die Cappella Andrea Barca unter der Leitung von Sir András Schiff ein, der die meisten Rezitative auch auf dem Hammerflügel begleitete. Davor und dahinter agierten die handelnden Personen und der Bachchor (Einstudierung Benjamin Hartmann, geb. 1990), der unter anderem die Hochzeitsgesellschaft der Zerlina (Julia Lezhneva: herrlich teenagerhaft in ihrem Geschmeicheltsein durch Don Giovannis Anzüglichkeiten) und des Masetto (Julien van Mellaerts: der eifersüchtige Ehemann) gab.
Paarten sich bereits in dieser Konstellation beide Aspekte des »Dramma giocoso«, so waren diese besonders eindrücklich in der Figur des Don Giovanni (Johannes Kammler) vereint. Die Übertreibung in seinen Avancen den Frauen gegenüber und seine dick aufgetragene Überheblichkeit wurden am Schluss mit dem Verschwinden im Höllenschlund bestraft – symbolisch dargestellt von einer Gruppe schwarz gekleideter Männer, die ihn, zusammengebrochen nach dem Händedruck des Komtur (Il Commentatore: Robert Holl mit beeindruckendem Bass), in ihrer Mitte hinweg brachten. Auch und vor allem das Paar Donna Anna (Sylvia Schwartz) und Don Ottavio (Julian Prégardien) bestach mit höchster Stimm-, Gesangs- und Interpretationsqualität, ebenso wie Donna Elvira (Magdalena Kožená), die in ihren Gesang ihre gesamte Gefühlspalette der verzweifelten Liebe legte.
Das Publikum in der Felsenreitschule belohnte jede Arie mit Applausstürmen.
Brigitte Janoschka