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Das Violinkonzert von Tschaikowski mit der Geigenvirtuosin Charlotte Thiele (links) und den Bad Reichenhaller Philharmonikern unter der Leitung von Generalmusikdirektor und Chefdirigent Daniel Spaw (rechts). (Foto: Janoschka)

Diesseits und Jenseits in der Musik

»Diesseits und Jenseits« - unter dieses Motto stellte Generalmusikdirektor Daniel Spaw das Programm des Musiksommerkonzerts, das die Bad Reichenhaller Philharmoniker unter seiner Leitung im »Salzachdom« in Fridolfing, der größten Dorfkirche Deutschlands, spielten.

Der Vorsitzende des Musiksommers, Altlandrat Hermann Steinmaßl, begrüßte augenzwinkernd zum Konzert, nicht »im kleinen Weiler Fridolfing«, sondern in der momentanen »Musikmetropole« der Region. Der Salzachdom entspreche mit seinem weiten Raum dem Dreiklang von Musik, Architektur und Landschaft ganz besonders.

Gegensätze in der Musik sorgen für Spannungsreichtum durch die Art der Interpretation. Wenn zusätzlich der Titel des Konzerts einen Kontrast – wie »Diesseits und Jenseits« – ausdrückt, ist dies um so mehr Anlass zum Nachdenken und Erkennen – und damit eine philosophische Aufgabe für die Zuhörer.

Das Jenseits sah Spaw in den beiden Serenaden für Streicher von Edward Elgar und für Bläser von Richard Strauß, sowie im »Cantus in Memoriam Benjamin Britten« des Zeitgenossen Arvo Pärt. Diese Werke – mit moderierender »Höranleitung« durch Spaw – seien introvertiert, während das Konzert für Violine und Orchester von Pjotr I. Tschaikowsky nach der Pause das »Diesseits« repräsentiere, vor allem wegen des temperamentvollen Tanzes im dritten Satz.

Dies mag gelten, solange man die Geigerin Charlotte Thiele nicht gehört und gesehen hat. Schon ihre Erscheinung im weißen Kleid war engelhaft und ihre Interpretation himmlisch-überirdisch. Und so enthielt dieses Violinkonzert beides: das Diesseitige der Komposition und das Jenseitig-Göttliche durch die Interpretation. Virtuos und mit technischer Präzision erreichte sie eine unglaubliche Brillanz.

Was aber wirklich zählte, war ihr Erleben der Musik beim Spielen und zu hören und zu sehen, wie diese durch ihren Körper floss und wie die Musik selbst zum Leben erwachte. Die Geigerin war ganz der Musik zu Diensten. Keine Allüren – alles war Musik.

Mit der emphatischen Begleitung durch das Orchester unter dem klaren Dirigat seines Maestros ließ sie ein einheitliches Ganzes entstehen. Ein besonderes Konzerterlebnis! Als Zugabe spielte sie den zweiten Satz aus der Sonate Nr. 5 von Jean-Marie Leclair für zwei Violinen zusammen mit der Konzertmeisterin Svetlana Glebova und genoss mit ihr gemeinsam den begeisterten und lange anhaltenden Schlussapplaus – ein Zeichen für ihre Verbundenheit mit dem Orchester als »Artist in Residence«.

Brigitte Janoschka

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