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Die große Ballszene bei der Operette »Wiener Blut« im Salzburger Landestheater. (Foto: Landestheater/Anna-Maria Löffelberger)

Die wienerische Art des Amoralischen

Der erste musikalische Beitrag zum Motto der Saison »Die Sehnsucht nach dem Amoralischen« ist eine Operette. Irgendwie fügt sich das zur österreichischen Moral, vor allem aber fügt es sich als schöne Bereicherung in den Spielplan des Landestheaters, das sich damit um dieses österreichische Erbe verdient macht und Beweis führt, dass »die Operette lebt«, wie es so schön im Programmheft heißt.


Das aus Johann-Strauß-Melodien von den Librettisten Victor Léon und Leo Stein verfasste und von Adolf Müller für die Bühne eingerichtete »Wiener Blut« hat sich gleichrangig neben den originalen Strauß-Erfolgsoperetten bewährt. Hier führen die Darsteller ein erheiterndes Bühnenleben und bieten dem Publikum einen unbeschwerten Theaterspaß. Regisseur Marco Dott bringt das schillernde Geschehen in einer Mischung aus Frische und stimmiger Tradition und zeigt das Genre weitgehend in angestammtem Operetten-Flair. Ob der Sandler »Napoleon«, der in der Mülltonne wühlt, ein Überbleibsel aus dem »Wiener Kongress« ist?

Im Übrigen hat Conny Lüders elegante Kostüme geschaffen, die Bühne (Christian Floeren) deutet die Prater-Karussellwelt an und besticht mit einem glänzenden Ball-Ambiente. Exzellenten Augenschmaus bieten die Tänzer in reizvoller Choreografie. Dann heißt es »Drauss’n in Hietzing gibt’s a Remasuri« und da treffen sich alle vor dem Hietzinger Würstelstand. Die breit angelegten Dialoge, in denen sich mancher aktualisierende wie auch verallgemeindernde Bezug tummelt, sind auch mit allerlei Deftigkeiten im Wiener Fiakerkutscher-Jargon angereichert. Was die Gesangsnummern betrifft, ist insgesamt die Textverständlichkeit leider so bruchstückhaft geraten, dass man Übertitel nicht als überflüssigen Luxus empfunden hätte.

»Er stellte nun meiner Geliebten als meiner Frau meine Frau als meine Geliebte als seine Frau vor«, damit ist eigentlich schon die Handlung erklärt und die Wirrnisse in dieser Verwechslungskomödie sind auf den kurzen Nenner gebracht. Graf Balduin Zedlau lebt getrennt von seiner Gattin, der lebenslustigen Wienerin Gabriele, denn sie »war ein echtes Wiener Blut und er aus Reuß-Greiz-Schleiz«. Aber inzwischen hat sich das Blatt gewendet und »wenn ein Provinz-Piefke zu einem Wiener Hallodri wird«, wie es des Grafen Assistent Josef so »charmant« ausdrückt, wird die Gräfin hellhörig und will sich überzeugen, ob was dran ist an seiner Liaison mit Franziska Cagliari.

Inzwischen aber pirscht sich Balduin an ein neues Gspusi heran, die Schneidermamsell Pepi Pleininger, nicht wissend, dass diese Josefs Verlobte ist. Ja und dann kommt das Wirrspiel so recht in Fahrt, als der Greiz-Schleizer Premierminister Fürst Ypsheim-Gindelbach die Damen verwechselt, falsch zuordnet und obendrein seine Not mit dem Wiener Jargon hat. Schließlich verbindet sich noch die Gräfin mit der Geliebten gegen das Gspusi. Am Schluss ist es aber klar: Es lag am »Wiener Blut, eigner Saft, voller Kraft, voller Glut, du belebst unser’n Mut«.

Franz Supper gibt den charmierenden Grafen Zedlau mit tenoralem Applomb, seine elegante Gräfin ist Anne-Fleur Werner mit schimmernder Sopranqualität. Mit darstellerischer Präsenz verpasst Ilia Staple der Franziska Cagliari den Touch eines Wiener Flitscherls und singt mit tragfähig-beweglicher Stimme und Höhenglanz. Sascha Oskar Weis, als Karusselbesitzer Kagler und Franzis Vater ist das freche Wiener Original und hat im Fiakerkutscher Michael Schober den passenden Saufkumpan. Axel Meinhardt in der Sprechrolle des Premierministers ist sprachlich präsent, mischt sogar im Singen mit und wird zu einer Art Drahtzieher für das Chaos.

Tamara Ivani zeigt sich stimmlich biegsamer als körperlich beweglich. Alexander Hüttner macht Josef zum nervigen Tausendsassa. Das Mozarteumorchester unter Robin Davis trägt das Bühnenleben klangschön und gut balanciert. Ob die Walzerklänge so ganz aus echtem Wiener Schrot und Korn daherkommen, mag dahingestellt bleiben. Weitere Aufführungen finden die ganze Saison über statt. Elisabeth Aumiller

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