Bildtext einblenden
Musikalischer Höhenflug mit zwei Gitarren: Stefan Loos (rechts) und Bernd Steinmann begeisterten bei ihrem Konzert in der Kirche St. Walburg. (Foto: Benekam)

Die »fünfte Gitarren-Jahreszeit«

Bernd Steinmann und Stefan Loos haben als »Essener Gitarrenduo« in der Kirche St. Walburg des Kultur- und Bildungszentrums Kloster Seeon ein Gitarrenkonzert der Extraklasse gegeben. Die hervorragende Akustik der kleinen schmucken Frauenkirche ist wie gemacht für den Klang der Zupfinstrumente, der im Widerhall vom Altarraum hin ins Kirchenschiff den Eindruck vermittelte, dass da nicht zwei, sondern gleich doppelt so viele Gitarren zu hören waren.


Ein bemerkenswertes Klangerlebnis, das die beiden Gitarrenvirtuosen aus Essen voll zu nutzen wussten, und das den barocken Werken großer Komponisten zu immensem Glanz verhalf. Bernd Steinmann und Stefan Loos verstanden sich, hörten einander zu, ließen den anderen aussprechen, gingen in ihrem Spiel mit empathischer Kompetenz aufeinander ein und fanden so, in konzentrierter musikalischer Zuwendung, die immer richtigen Einsätze.

Mit ihren Gitarren schienen sie nicht nur dieselbe Sprache zu sprechen, sondern sogar denselben Dialekt, der sich vermutlich bei der über 25-jährigen Konzerttätigkeit im In- und Ausland entwickelt hat – ein Ohrenschmaus für die Konzertbesucher, die sich über »Barocke Klänge« berühmter spanischer und italienischer Meister freuten.

Die fünfsätzige Suite in A-Dur für zwei Gitarren von Giovannt Battista Marella dürfte für die meisten Zuhörer unbekannt, dafür umso spannender gewesen sein. In ihrer Variationsvielfalt mit vielen rhythmischen Wendungen wirkte sie stimmungsaufhellend und war die ideale Konzerteröffnung.

Weiter ging es mit zwei Sonaten des italienischen Komponisten Domenico Scarlatti. Dessen Cembalosonaten zählen zu den originellsten ihres Genres im 18. Jahrhundert. In Gitarrenbearbeitung begeisterten sie die Konzertbesucher in der großartigen Interpretation des Duos, mit hoch anspruchsvollen Grifftechniken und Klangfarbenreichtum.

Mit Antonio Vivaldis Konzert in G-Dur in drei Sätzen sowie seinem Konzert in D-Dur fühlten sich die Zuhörer in bekannten italienischen Klangräumen: Teils ruhig und verträumt in leisen Melodien, dann wieder temporeich und somit temperamentvoll, machten die beiden Werke Laune und eröffneten eine neue »Fünfte Gitarren-Jahreszeit« für die es kräftigen Beifall gab.

Zu Georg Friedrich Händels »Passacaille« hatte offenbar ein vor der Eingangstür in einem Baum sitzender Zilpzalp ordentlich was zu sagen. Kräftig zwitscherte er im passenden Tempo mit, konnte aber im Verlauf der Bearbeitung nicht mehr mithalten und musste sich der außerordentlichen Interpretationsgabe der beiden Gitarrenvirtuosen geschlagen geben. Für die »Passacaille« gab es lautstarke Bravorufe.

Im letzten Werk des Gitarrenkonzerts schien es fast so, als wollten sich die Musiker an ihren Gitarren gegenseitig zu Höchstleistungen herausfordern, sich ein wahres Klangduell liefern. In den fünf Stücken des spanischen Komponisten Gaspar Sanz wurden an den Gitarren noch einmal alle Register spieltechnischer Musizierkunst gezogen und so die Stimmung regelrecht hochgepeitscht.

Letztlich gerieten die beiden offenbar doch in (Wett-) Streit und garnierten ihre Virtuosität mit sattem komödiantischen Talent. Riesenapplaus, großen Respekt vor der grandiosen Leistung des Duos und eine spanische Zugabe im Flamenco-Stil beschlossen das Konzert in der St. Walburg Kirche. Kirsten Benekam

Mehr aus Kultur aus der Region