Das Oratorium von Haydn kann besonders in der heutigen Zeit als Ruf verstanden werden, die Erde nicht weiter auszuplündern, sondern sich mit mehr Dankbarkeit und Staunen (Arie: »Mit Staunen sieht das Wunderwerk«) an den Geschenken der Natur zu erfreuen. Die poetische, bildhafte Kraft der Zitate aus dem biblischen Lehrgedicht über das Sechstagewerk in Genesis 1 und aus John Miltons Epos »Das verlorene Paradies« in der Bearbeitung von Gottfried von Swietens haben enorme erzählerische Kraft.
Da möchte der Zuhörer einfach jedes Wort verstehen. Solisten und Chor gaben ihr Bestes und machten den abgedruckten Text auf dem Programmzettel überflüssig. Wie schön, wenn sich das Publikum voll und ganz auf so ein Ereignis konzentrieren kann.
Die Sopran-Arie des Gabriel »Nun beut die Flur das frische Grün« erzählt von einem paradiesischen Schöpfungsgarten. Von balsamischen Kräutern, die Heil bringen, und vom »sanften Schmuck der Blumen« ist die Rede. Eva Maria Amanns Sopran leuchtete in verschwenderischer Fülle und resonanzreicher Pracht. Mit ihrer natürlichen und liebreizende Darstellung der Eva im dritten Programmteil nahm sie die Zuhörer noch mehr für sich ein.
Für den harmonischen Ablauf des Konzerts waren auch der Bass-Bariton Bonko Karadjov in seiner Rolle als Raphael und Hermann Oswald als Uriel verantwortlich. Mit sicherem Sängerinstinkt loteten beide ihre Rolle aus und überzeugten das Publikum mit ihrer darstellerischen und stimmlichen Gewandtheit. In der Rolle als Adam im dritten Teil des Konzerts, konnte Bonko Karadjov, als Maria Eva Amann als Eva in ihrer Arie »Dein Will' ist mir Gesetz« sang, ein schelmisches Schmunzeln nicht verbergen.
Mächtige, jubelnde Chorsätze erfüllten den runden Kirchenraum. Kein Wort über die Sünde trübte das Bild in diesem Oratorium. Alles ist der Freude und der Liebe zugewandt. Selbst im großen Klang der Chorstrophen »Und es ward Licht« sowie »Und laut ertönt aus ihren Kehlen« gingen dem Chor unter der souveränen Leitung von Michael Anderl, (Gesamtleitung) auch die Feinheiten nicht verloren. Die 1. Geigerin des Orchesters, Brigitte Schmid, die am Mozarteum in Salzburg und in Trostberg unterrichtet, hatte für dieses Konzert viele ihrer ehemaligen Schüler eingeladen. Die jungen Leute im Orchester so engagiert spielen zu sehen, war ein besonderer Hingucker.
Mit der Lobeshymne »Singt dem Herren alle Stimmen« verabschiedeten sich Sänger, Solisten und Orchester in einstimmigem Jubel über die Schönheit der Welt, so wie sie gedacht ist. Auch die Freude über das gelungene Konzert war allen anzusehen. Mit aufbrandendem, immer stärker werdendem Schluss-Applaus, stehenden Beifallsbekundungen, Bravo-Rufen, und vorsichtigem, leichtem Getrampel bedankte sich das überglückliche Publikum. Barbara Heigl