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Holzschnitte, Aquarelle und Materialbilder von Heinz Schunn sind noch bis zum 2. Dezember im Traunsteiner Kunstraum Klosterkirche zu besichtigen.

Das Thema »Landschaft« als künstlerischer Impuls

In der letzten Ausstellung in diesem Jahr im Kunstraum Klosterkirche in Traunstein sind derzeit 68 Werke des Graphikers und Malers Heinz Schunn zu sehen. Gekonnt platziert, werden die Exponate wie ein umlaufendes Band an den Seitenwänden und in der Apsis des Kunstraumes dem Betrachter näher gebracht. Gezeigt werden Schwarz-Weiß-Holzschnitte, Farbholzschnitte, Materialdrucke, Aquarelle und objets trouvées.


Die Ausstellung ist als Werkschau konzipiert und spannt zeitlich einen großen Bogen des künstlerischen Schaffens von Heinz Schunn. Anhand ausgewählter Exponate sind in der Traunsteiner Präsentation Drucktechniken und Aquarelle von 1953 bis 2003 zu sehen – ein äußerst interessanter sowie informativer Einblick in Schunns vielschichtiges, facettenreiches und herausragendes künstlerisches Arbeiten. Heinz Schunn wurde 1923 in Siebenbürgen/Rumänien geboren, kam bereits 1943 als junger Rekrut nach Deutschland und legte 1952 bei Walter Teutsch an der Münchner Kunstakademie das Staatsexamen in Kunsterziehung ab. Seither startete Schunn als freischaffender Maler von München aus zu unzähligen Studienreisen in alle Welt, wobei Aquarelle und Skizzen zu Bildern entstanden, die er später in allen graphischen Techniken umsetzte. Zahlreiche private und öffentliche Ankäufe begleiteten sein bisheriges Kunstschaffen. Die Staatliche Graphische Sammlung in München besitzt sieben seiner Arbeiten, wie auch das Münchner Stadtmuseum.

In der Traunsteiner Ausstellung sind es vor allem die Holzschnitte, die eine ganz besondere Anziehungskraft besitzen. Das umfangreiche Werk des inzwischen 89-jährigen Künstlers enthält in den Holzschnitten/Farbholzschnitten nicht nur zahlenmäßig eine große, besondere Werkgruppe, sondern diese ist auch von ganz eigenem Gewicht – neben den Materialdrucken und Aquarellen. Er arbeitet seine auf Reisen entstanden Skizzen, überwiegend landschaftliche Motive, in den Holzschnitt ein, es entstehen dabei ganz eigenwillige graphische Blätter, die seine persönliche Note unterstreichen. Schunns Intention ist es, die subjektive Erfahrung einer objektiven Wirklichkeit unterzuordnen. Die Bilder stehen unter dem Einfluss des Expressionismus, weisen aber zugleich darüber hinaus. Schunn schlägt bereits sein großes Thema an: die Landschaftsdarstellung. Freilich werden ihn nie Naturaussichten als solche interessieren, sondern Farb- und Formstrukturen, die für die Bildkomposition relevant sind.

Heinz Schnunn setzt in der Malerei und im Aquarell erprobte Kompositionen und Einzelmotive mehrfach in die Graphik um, sodass die Bildthemen in beiden Medien sehr ähnlich sind und vom ständigen Ringen mit einem Thema und dessen formalen Möglichkeiten zeugen. Schunn verzichtet auf detaillierte Angaben zugunsten der einfachen und doch expressionistisch überhöhten Wirkung. Häufig bestimmen nur wenige Farben die Kompositionen und es entstehen differenzierte Mischtöne. Die Farbflächen werden in der Regel nicht immer durch Konturen begrenzt. Heinz Schunn erfindet teils Bildstrukturen, nicht Landschaftsabbildungen.

Bei seinen Schwarz-Weiß- Holzschnitten konzentriert sich Schunn auf den harten Kontrast von Schwarz und Weiß. Die einzelnen Flächen und Motive werden immer stärker reduziert und vereinfacht. Diese werden so weit zusammengefasst, bis das Motiv als Silhouette in Schwarz und Weiß zusammenfließt. In den ausgestellten Porträts sind Personen dargestellt, die ihm nahe stehen, Auch richtet er seinen forschend-durchdringenden Blick auf sich selbst. Es sind herausragende Bildnisse, die Charakter und Individualität des oder der Dargestellten einfangen und sie gleichzeitig typisch überhöhen.

Seine ausgestellten Materialdrucke machen deutlich, was für Heinz Schunn wesentlich ist. Es sind die lebendigen, nicht immer gleich auf den ersten Blick erkennbaren Beziehungen zwischen Fläche, Linie, geometrischen Formen, verschiedenen Farbkompositionen und entstehenden Bildräumen, deren inhaltliche Dimension offen ist und den Dialog mit den Betrachtern sucht. Schunn verbindet im spontanen Zugriff dekorative Stilisierung und Vereinfachung der Formenwelt zu lapidaren Typen und anschaulichen Symbolen. Sparsame, allein für die jeweilige Charakterisierung notwendige Formen und Elemente gliedern den Aufbau eines kompakten oder offenen Blattes. Gerne experimentiert er mit technischen Formen – auffallend dabei ist die vielfach strenge Geometrisierung und die radikale Konkretheit der Farbflächen, die keinerlei Hinweis auf eine abstrahierte Wirklichkeit gibt, sondern eine eigene Realität darstellt.

In den präsentierten Aquarellen ist für die Form und Farbe die sichtbare Welt anregend, sie wird aber so weit umgestaltet, dass im Bilde eine »Neuform« entsteht. Seine Aquarellblätter zeigen eine Leuchtkraft, dem Weiß des Papiers wird die volle Helligkeit zuteil und die lose Vorzeichnung zwingt nicht zur Einhaltung von Grenzlinien; dem Pinsel gibt Schunn die volle Freiheit, jeder Vibration der Hand im Duktus zu folgen. Dadurch entstehen Farbklänge von großer Spontaneität. Die Farbigkeit ist zart und gedämpft und doch von großem Reichtum. Durch Vereinfachung, Weglassen, Andeuten einer realen Wirklichkeit gewinnt er eine neue Ahnung der Natur. Seine Blätter beweisen ebenso die Stärke wie die Folgerichtigkeit, die den körperlosen Wasserfarben eigen sein können. Sein professionelles Können, die dynamischen Farbkompositionen, für die das Thema »Landschaft« vielleicht manchmal nur einen Impuls bedeutet, scheinen wie ein Schauplatz bewegter optischer Vorgänge und Augenerlebnisse, eben das, was man heute noch immer von Malerei erhofft und in einem Bild sucht. In Heinz Schunns Exponaten findet man es.

Die äußerst interessante Ausstellung ist bis zum 2. Dezember Dienstag bis Freitag von 13 bis 18 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 11 bis 15 Uhr geöffnet. Gabriele Morgenroth

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