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Wolfgang Diem vor seiner Grassauer Marktkapelle, die im Heftersaal die Besucher mit konzertanter Blasmusik verwöhnte. (Foto: Kaiser)

Beste musikalische Unterhaltung »zwischen den Jahren«

Gedrängt voll war’s wieder im Grassauer Heftersaal, als die Jugendkapelle als »Vorband« und danach die große Marktkapelle Grassau ihr Stefanikonzert feierten. Eine gelungene Auswahl neu erarbeiteter Stücke sorgte für beste musikalische Unterhaltung.


Die Jugendkapelle, sonst angeführt von Sebastian Krause, wurde in Vertretung von Marlene Noichl geleitet. Nach der unerschrocken-lustigen Ansage eines jungen Tenorhornisten mitten aus der Band(e) heraus erklang »All about that Bass« von Meghan Trainor mit netten Variationseinfällen zu einem durchgehenden Bassthema. Sehr fordernd und drängend im Rhythmus kam »Crocodile Rock« von Elton John. Danach ging’s in heimatliche Gefilde. Grundsolid geerdet und mit dem frischen Gesang der Kinder und Jugendlichen hinterließ »Da boarisch Hiasl« einen starken Eindruck, bevor bei »Smoke on the Water« von »Deep Purple« der über dem Wasser wabernde Rauch beinahe zu erleben war. Der Beifall der Zuhörer ließ spüren, dass mit dieser Jugendkapelle Sorgen um die Zukunft der Blasmusik in Grassau unbegründet sind.

Nach dem Auftritt der Jugendkapelle brauchte es Zeit, bis die 55 Musizierenden der Marktkapelle ihre Plätze auf dem Podium eingenommen und sich eingestimmt hatten. Doch danach legten sie los mit dem gewaltigen Marsch »Hands across the Sea« von John Philip Sousa. Nach einer fetzigen Einleitung in ganz ungewöhnlichem Drive folgten Melodien in typisch amerikanischem Schwung, aber auch schöne weitgespannte Melodien. Der folgende Walzer aus dem »Dornröschen«-Ballett von Peter Iljitsch Tschaikowsky verlangte einen großen musikalischen Atem, dem die Marktkapelle wohl gewachsen war. Im »Tannhäuser-Festival« vereinten sich die schönsten Motive aus Richard Wagners Oper, der Einzug der Gäste, das Gebet der Elisabeth, das Lied an den Abendstern und, besonders schön und klangvoll, der Pilgerchor.

Nach der Pause eröffnete ein flotter Marsch mit einem herrlich böhmischen Einschlag den zweiten Teil. Kein Wunder, denn komponiert hatte ihn Ernst Mosch. Und so hatte er auch ein ganz weiches Trio, trotz seines Namens »Rekruten-Marsch«. »Wie eine alte irische Sage«, so beschrieb Maria Ager, die gewandte und gewitzte Moderatorin des Abends, das Stück »Irish Castle«, eine Rhapsody for Concert Band von Markus Götz. Geheimnisumwittert und stolz begann sie; Kampflärm kündete von einer großen Schlacht, die siegreich beendet wurde.

»Les Miserables« ist ein Musical von Claude-Michel Schönberg, das auf dem Roman »Die Elenden« von Victor Hugo basiert, aber auf weite Strecken nicht viel mit ihm gemeinsam hat. Das sentimental-dramatische Lied der Fabrikarbeiterin Fantine »I Dreamed a Dream« sang die junge Sopranistin Marina Mayr sehr zum Gefallen des Publikums. Musikalisch realistischer hörte sich die »Tell-Fantasie« für Xylophon und Blasorchester von Franz Krüger an. Sie begann mit reichen Fantasie-Variationen über ein Schweizer Volkslied, doch beherrschend war das variierte Hauptthema aus Rossinis Tell-Ouvertüre, das der agile junge Schlagwerker Julian Steffl schlagfertig und zielgenau auf die klingenden Hölzer brachte.

Bei »Latin Woods« von Mario Bürki für vier Klarinetten und Blasorchester »zwitscherten die Küken des Orchesters«, so Maria Ager, Latino-Rhythmen und -Melodien auf drei Klarinetten und einer Bassklarinette – ein erfreulicher und vielversprechender Nachwuchs, der sich in diesem witzigen Musikstück nachdrücklich präsentierte. Wiederum aus der böhmischen Notenwerkstatt und Stimmungsküche mit allen Zutaten, welche diese Blasmusik hörens- und liebenswert machen, stammte die Polka »Von Freund zu Freund« von Martin Scharnagl.

Zwei Zugaben folgten noch: »76 Trombones«, ein farbenprächtiger Marsch, und, noch einmal, »I Dreamed a Dream«. Engelbert Kaiser

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