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Matthias (von links) und Thomas Schallaböck, Karina Benalcázar sowie Peter Krafft begeisterten das Publikum bei ihrem Konzert in Waging. (Foto: Mergenthal)

Alte Liebeslieder voller Hingabe zelebriert

Mit ganzem Herzen und voller Hingabe hat sich das Salzburger Ensemble »Harmonia Variabilis« bei den »Waginger Musiktagen« der »Alten Musik« gewidmet: Im Pfarrsaal nahmen die vier Musiker und Sänger ihre faszinierten Zuhörer auf 40 historischen Instrumenten mit auf eine Zeitreise durch die gesungene Liebeslyrik im Mittelalter und der Renaissance.


Thomas Schallaböck führte locker-flockig durch das facettenreiche Programm und ließ unterhaltsam sein großes Wissen über die germanistische Mediävistik, die sich der deutschen Sprache und Literatur des Mittelalters widmet, einfließen. Mit Peter Krafft, Experte sämtlicher Flöten, Hörner und Pfeifen, der Blockflöte und historische Aufführungspraxis studiert hat, Schallaböcks Sohn Matthias, der autodidaktisch die verschiedensten Saiteninstrumente wie »Cister«, »Citole« oder »Guitarra Morisca« und Perkussionsinstrumente studiert hat, und der aus Ecuador stammenden, temperamentvollen Sopranistin Karina Benalcázar bildet seit sechs Jahren das Ensemble mit einem Repertoire von mittlerweile knapp 100 Stücken.

Alle vier Musiker beweisen Vielseitigkeit

Bewundernswert war die Vielseitigkeit aller vier Musiker: Sie alle sangen, musizierten auf ständig wechselnden Instrumenten und schlüpften in historischer Kleidung in diverse Rollen.

Den ersten, mittelalterlichen Teil prägten die länger gehaltenen, typischen Bordun-Bässe, über denen eine schlichte Melodik aufblühte. Als originellen Wechselgesang zelebrierte das Ensemble das aus den »Carmina Burana« von Carl Orff bekannte »Totus floreo«, in dem Mönche auf Lateinisch amüsiert die Triebe stolzer Ritter besangen, während das einfache Volk annahm, sie würden fromme Lieder intonieren. Ein Erlebnis war die von Karina Benalcázar und Matthias Schallaböck hervorragend gespielte und gesungene Annäherung zwischen einem Viehhüter und einem jungen Mädchen auf der Nachbarweide aus der Feder von Oswald von Wolkenstein.

Eine andere Legende des Minnegesangs, Walther von der Vogelweide, war mit seinem Lied »Unter der Linden« vertreten. Der Flötist ahmte vom Saalende aus eine Nachtigall nach, während die Sängerin mit weicher, klarer Stimme anmutig von der Nacht erzählte, die sie mit ihrem Geliebten unerlaubterweise unter der Linde verbracht hatte. Wie sich »Me too« im Mittelalter anfühlte, erfuhr das Publikum im Lied »Nein, ja!« des deutschen Dichters Heinrich von Morungen.

Köstlich war »Wol drey gesellen gut« von Michel Beheim, vom ganzen Quartett in Szene gesetzt: Eine Frau rechtfertigt ihre Liaison mit einem Jäger, einem Fischer und einem Falkner mit dem Verweis auf die Jungfrau Maria, die auch drei Männer gehabt habe – Gott Vater, Gott Sohn und den Heiligen Geist.

Tonsprünge mit Leichtigkeit gemeistert

Dazwischen flochten die Musiker Instrumentalstücke ein, so auch in »Variationen der Liebe in der Renaissance«. Den »Valentins-tanz« bestimmte ein Zwiegespräch unterschiedlichster, laufend gewechselter Flöten zum Rhythmus des Schellenkranzes. Mit verblüffender Leichtigkeit meisterte Benalcázar im oberdeutschen »Der blaue Storch« die das Stolzieren eines Storchs imitierenden Tonsprünge.

»Gassenhauer« der Renaissance waren das von der Sängerin mit warmer Stimme interpretierte, lyrische Lied »Ach Elslein« ebenso wie »Ich stand auf hohem Berge«. Thomas Schallaböck und Karina Benalcázar inszenierten darin die traurige Geschichte der aussichtslosen Liebe zwischen einem Grafen und einem einfachen Mädchen, das verzweifelt ins Kloster geht, was dem Grafen das Herz bricht.

Während im Mittelalter viele der nachgespielten, einstimmigen Weisen verloren gegangen sind, schrieben in der Renaissance notenkundige Musiker aufgrund der aufkommenden komplizierten Mehrstimmigkeit die Stücke auf. Einige machten dank des neuen Buchdrucks ein Geschäft daraus, die gesammelten Lieder zu verbreiten. Eine solche Sammlung war Thoinet Arbeaus Tanzlehrbuch von 1588, aus der »Erntereigen« erklang.

Die geschmeidigen Vollblutmusiker mit den vielen Instrumenten und ganz besonderen Klangfarben begeisterten den Saal, der eine Zugabe erklatschte. Veronika Mergenthal

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