Das Trio, das unterschiedliche Generationen repräsentiert, lässt aus bekannten Werken von Bach, Beethoven, Chopin oder Mussorgsky fantasievolle, spritzige Eigenkreationen und furiose Improvisationen entstehen. Die luftige, schwerelose Klavierkunst von Chenny Gan geht eine inspirierende Symbiose mit dem erdig-federnden, fantasievollen Spiel des Jazzbassisten Ametsbichler und dem lustvollen Fabulieren des Gitarristen Hopfensperger ein.
Gleich zu Beginn bei einer sehr freien Umsetzung eines Präludiums und einer Badinerie von Johann Sebastian Bach zeigte Chenny Gan, dass sie in der klassischen Klavierliteratur, von Barock bis Impressionismus, ebenso zu Hause ist wie im Pop, Blues, Jazz und Swing. Ebenso virtuos wie ihre Finger über die Tasten fliegen, bedient ihr rechter Fuß das Pedal.
Natürlich und unprätentiös sind die Moderation des Musiklehrers und Theologen aus Trostberg und sein Auftritt mit den Bandkollegen, deren Spaß am musikalischen Geschichten-Erzählen in Bann zieht. Lustvoll wird da ein Allegro des italienischen Gitarristen Mauro Giuliani mit dem Jazz-Standard »Someday my Prince will come« verwoben oder das e-Moll-Prélude von Frederic Chopin mit einem darüber gelegten Gesang der Pianistin und des Gitarristen zum traurigen Liebeslied umgestaltet.
Ein Höhepunkt des ersten Teils war die Renaissance-Allemande von Tielman Susato: Wie sie Otto Hopfensperger tänzerisch an der Bluegrass-Mandoline anstimmte, begleitet von Ametsbichlers rhythmischem Trommeln auf den Corpus seines Basses, erinnerte sie an höfische Tanzmusik des Spätmittelalters. Mit einem virtuosen Bass-Solo begann dann die Verjazzung im Bebop-Stil eines Miles Davis. Virtuos spitzte sich das Spiel zu, bis daraus wieder der Renaissance-Tanz vom Anfang entstand.
Vivaldi hatte plötzlich den Blues, und »Für Elise« mutierte zum Jazz-Standard. Nur manchmal wirkte Hopfenspergers mit einem Tonabnehmer ausgestattete modern geformte klassische Gitarre mit sechs Nylonsaiten eine Spur zu dominant.
Besonders gut kamen beim Publikum die freien Improvisationen zu zugerufenen Stichworten wie »Zerrissenheit« oder »Sanftmut« an. Sphärische und seltsam kratzende oder quietschende Klänge entlockte der Bassist seinem 100 Jahre alten, charaktervollen Instrument beim von ihm vorgeschlagenen skurrilen Thema »Spaziergang auf dem Mond«, das die Fantasie der drei Musiker blühen ließ. Sie spielten sich in einen regelrechten Flow.
Auf beeindruckende Weise ließen sie sich im packenden Wechselspiel auf immer neue Stimmungen ein – wie die gespenstische Atmosphäre in »Das alte Schloss« und der wilde Hexentanz der »Baba Yaga«, beides Stücke aus Modest Mussorgskys »Bilder einer Ausstellung«. Die Pianistin verstand es meisterhaft, zum Beispiel bei Chopins »Nocturne in g-Moll« oder bei der Zugabe nach Tschaikowksys Ballettmusik »Schwanensee« kleinste Motiv-Zellen herauszulösen und zu verjazzen. Man darf gespannt sein, was diesem Trio noch so alles einfällt. Veronika Mergenthal