Um es dem Stadtrat zu erleichtern, die Mehrkosten gegenüber einer »Sparlösung« zu akzeptieren, hat ARTS Traunstein jetzt einen großen Spendenaufruf für die Klosterkirche gestartet (siehe Info-Kasten). Gegenüber unserer Zeitung gab Vorsitzende Sigrid Ackermann einen Einblick in ein stolzes Vierteljahrhundert ARTS. Der heutige Kunstraum Klosterkirche wurde 1687 bis 1690 als Kirche der Kapuziner erbaut, 1802 säkularisiert und danach als Getreidespeicher verwendet.
1857 wurde die Kirche erneut geweiht; das Kloster diente den Englischen Fräulein als Mädchenschule. 1974 wurde die Klosterkirche denkmalgeschützt, 1978 nach dem Abzug der letzten klösterlichen Leiterin endgültig geschlossen und 1986 von der Stadt Traunstein zu einem symbolischen Preis erworben mit der Absicht, einen Veranstaltungsraum zu schaffen. Doch nach den Bausicherungsarbeiten am Fundament blieb die Kirchentür verschlossen.
Der damalige Musikschulleiter Augustin Spiel und einige bildende Künstler gaben laut Ackermann den Anstoß, aus der Klosterkirche etwas zu machen. »Sie waren bei der ersten Besichtigung sofort vom Raum begeistert und wollten gleich loslegen.« Dies gestattete allerdings die Versammlungsstättenverordnung nicht; der Raum musste erst hergerichtet werden. Dieser Aufgabe nahm sich der sodann gegründete Verein ARTS in Kooperation mit der Stadt an. Als »Mieterin« sorgte der Verein unter anderem dafür, dass die Wände verputzt, ein Keller als Depot für Technik, Podium und Bestuhlung unter dem Altarraum gebaut wurde und eine neue Beleuchtung erstrahlte. Er organisiert das Programm und die Instandhaltung der Klosterkirche und vergibt auch jährlich einen Kulturförderpreis. Unter den Preisträgern sind Musiker, Bildende Künstler, Filmer, Schauspieler und Literaten, zahlreiche Nachwuchs-Talente aus der ganzen Region, sowie komplette Ensembles wie 1995 das Jugendsymphonieorchester der Musikschulen im Landkreis.
»Es war damals eine gewisse Begeisterung in der Bevölkerung, dass die Klosterkirche wieder aufgesperrt wird«, erinnert sich Ackermann. Viele Firmen, aber auch Bürger mit beispielsweise 30 Mark, unterstützten das Projekt. Für das bald hervorragende Renommee des Kulturortes Traunstein spricht, dass ARTS immer aus einer Fülle von Anfragen auswählen konnte. Mehrfach preisgekrönte Kammermusiker aus internationalen Konzertsälen kamen beim »Chiemgauer Musikfrühling« und den »Traunsteiner Sommerkonzerten« regelmäßig nach Traunstein, wie die Sängerin Christine Schäfer und der renommierte türkische Komponist und Pianist Fazil Say. »Ich konzertiere gerne in der Klosterkirche, aber für die Zukunft wünsche ich mir dringend künstlergerechte Räumlichkeiten, wie eigene Toiletten und Künstlerzimmer, als Möglichkeit, sich zurückzuziehen, um sich konzentrieren zu können und sich auf die Konzerte einzustimmen«, sagte Say diesen Januar bei der Mozartwoche in Salzburg. Zudem sind dringend ein neues Dach und ein zweiter Fluchtweg nötig.
Der in Teisendorf aufgewachsene Traunsteiner Komponist Patrick Pföß, Träger des ARTS-Kulturpreises 2009, hat hier seine viel beachtete Kammeroper »Cuchullin« uraufgeführt. »Obwohl es sich um einen historischen Ort von Traunstein handelt, bietet die Klosterkirche die Flexibilität für neue Ideen. Ein großartiger Spannungsbogen zwischen Tradition und Moderne«, findet er. »Die gute Akustik für Konzerte und die Ausstellungsmöglichkeiten machen sie zu einem der wichtigsten Veranstaltungsräume in Traunstein. Die Weiterentwicklung und Transformation zu einem Kulturzentrum ist notwendig, um das kulturelle Leben in Traunstein nachhaltig zu fördern.«
Viele Gruppierungen wie Kunstverein Traunstein, Chiemgauchor, »Il Coro Nuevo« oder Chiemgau Brass (ARTS-Preisträger 1996) sowie Schulen sind hier regelmäßig zu Gast. Breit ist das Programmspektrum und reicht weit über die Kultur hinaus: Eine vom emeritierten Papst Benedikt angeregte Krippenausstellung, Diskussionsabende von Parteien, Theater, Breakdance, Performance und Installation, eine Fotoausstellung der Bierbrauer, Keramik aus der Region, türkische Stickereien, Schmuck- und Architekturausstellungen – das und noch viel mehr fand hier Raum.
»ARTS und seine Unterstützer könnten das 25-jährige Bestehen in diesem Jahr damit feiern, zum Fortbestand der Klosterkirchenidee von 1992 mitgewirkt zu haben – für die weitere urbane Zukunft und das Miteinander der Bürger in unserer Stadt« bringt die ARTS-Vorstandschaft die Hoffnung vieler kulturliebender Menschen der ganzen Region auf den Punkt. Veronika Mergenthal