Ein Buch, das bewegt
Über seine persönlichen Erlebnisse dieser Zeit hat Kriss nach Kriegsende ein aufwühlendes Buch geschrieben: »Im Zeichen des Ungeistes«. Sprachgewaltig, präzise, klar, ist es ein Buch, das bewegt. Es ist ein Dokument dieser schlimmen Zeit aus seiner persönlichen Warte, es ist aber auch ein Dokument der Humanität, die Kriss immer wieder widerfahren ist, auch in schlimmsten Zeiten. Dieses Buch, seit Jahren vergriffen, hat der Heimatkundeverein Berchtesgaden nun als Neuauflage im Verlag »Berchtesgadener Anzeiger« herausgegeben.
Dokument aus der Zeit des Dritten Reichs
Damit soll nicht nur ein Dokument aus der Zeit des Dritten Reichs neuen Lesern zugänglich gemacht werden. Es ist auch ein Dank des Heimatkundevereins, dessen Gründungsvorsitzender und späterer Ehrenvorsitzender Prof. Kriss war.
Und es soll damit jüngeren Menschen, denen der Name Kriss vielleicht gar nichts mehr sagt, eine ganz besondere Persönlichkeit Berchtesgadens in Erinnerung gebracht werden: Besitzer des Hofbrauhauses Berchtesgaden, international anerkannter Wissenschaftler aus dem Bereich der Volkskunde, Begründer der Sammlung Kriss, der »weltweit bedeutendsten Sammlung zum Volksglauben Europas«, so der frühere Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums, wohin Kriss die Sammlung mit 14 000 Einzelstücken geschenkt hat, Verfasser der drei bedeutendsten Bücher zum Berchtesgadener Brauchtum, großzügiger Mäzen Berchtesgadens, bekennender Gegner des Nationalsozialismus, maßgeblich daran beteiligt, dass die Weihnachtsschützen im Dritten Reich trotz aller Bemühungen der Machthaber nicht verboten wurden, nach 1945 für einige Monate Bürgermeister des Marktes Berchtesgaden und Kreisrat bis zu seinem Tod im Jahr 1973.
Bescheidener und liebenswürdiger Mensch
Wer Rudolf Kriss kannte, wird ihn trotz seiner gutbürgerlichen Herkunft und akademischen Karriere als einen bescheidenen und liebenswürdigen Menschen in Erinnerung haben. Unvergesslich, als ihm einmal wegen seiner »Kuizn«, seiner Berchtesgadener Lederhose, mit der er in München seine Vorlesungen zu halten pflegte, der Zugang zur Universität verweigert wurde, weil so jemand wie er da nicht rein gehört – bis er sich als Professor zu erkennen gab. Gernot Anders