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Johann Aicher aus Petting ist beim »Peter« (Hofname) geboren und aufgewachsen. Die Haustür kostete damals 150 Goldmark. Doch bis heute ist sie in Topzustand –inklusive eines zwölf Zentimeter langen Haustürschlüssels aus dem Jahr 1911. (Foto: Reiter)

150 Goldmark für eine Tür aus Birnbaumholz – Adventskalender Tür #23

Petting – Adventsserie: Johann und Rosmarie Aicher gehen bis heute durch diesen Eingang – Erbaut wurde der Hof 1911


Auf dem schön gedeckten Tisch in der Bauernstube stehen Plätzchen, Kaffee und eine brennende Kerze. Gut gelaunt öffnet Rosmarie Aicher die Tür. Ihr Mann Johann (81) sitzt noch beim Frühstücken in der Küche. Er ist beim »Petern«, so der Hofname, aufgewachsen. Die Haustür kostete 150 Goldmark. Ein kleines Vermögen damals. Doch über 100 Jahre später ist sie immer noch in Topzustand – inklusive eines zwölf Zentimeter langen Haustürschlüssels aus dem Jahr 1911.

Johann Aicher ist 1941 geboren. Eine harte Zeit, doch der 81-Jährige betont, dass es ihnen im Krieg vergleichsweise gut ging. »Wir hatten zumindest genug zu essen.« Deshalb brachte er auch anderen Kindern aus der Schule Äpfel mit oder teilte mit ihnen seine Brotzeit. »Ganz hart traf es die Flüchtlingskinder. Die litten schwer«, sagt er.

Als kleiner Bub stapfte er jeden Tag mit seinen Freunden und der Schwester von Aich fünf Kilometer nach Petting zur Schule und dann wieder fünf Kilometer zurück. »Im Winter war das schon hart, da war ja nicht geräumt«, sagt der 81-Jährige. Er hatte drei Tage vormittags Unterricht und dann drei Tage nachmittags. »Schichtbetrieb sozusagen, weil die Schule zu klein war für alle Kinder.« Seine Schwester Rosina – sie war fünf Jahre älter – musste Holz mitbringen, damit das Schulhaus geheizt werden konnte.

Kurz vor Ende des Kriegs wurde das Bauernhaus dann von amerikanischen Soldaten besetzt. Die Eltern von Johann Aicher, seine Schwester und er mussten für einige Tage ausziehen. »Doch dann haben sie wohl einen Marschbefehl bekommen und sind weitergezogen«, erinnert sich der Pettinger. Die Familie war erleichtert. Denn die Amerikaner hatten ihre Gewehre demonstrativ an die Hauswand gestellt. Einer habe etwas Deutsch gesprochen und deutlich zu verstehen gegeben, dass der Vater sterben werde, wenn es Ärger gibt. »Bauer ins Gras beißen« habe einer der amerikanischen Soldaten gesagt und auf das Gewehr gezeigt. Das ist Johann Aicher bis heute in Erinnerung. Und auch ein anderes Erlebnis fällt ihm wieder ein, da war er bereits ein junger Mann. »Mir sind die Ochsen durchgegangen und ich bin im Graben gelandet«, sagt er und lacht.

Maschinen gab es bis Mitte der 50er Jahre auf dem»Peternhof« nicht. Der erste Traktor wurde 1958 angeschafft, ein Lanz Aulendorf, der bis heute in der Scheune steht. Alles wurde also per Hand gemacht – angefangen vom Melken bis hin zum Sensen der Wiesen. Die Ochsen wurden zum Pflügen der Felder genommen. Oder, um mit ihnen das Getreide zur Surmühle zu bringen. Bei einer dieser Fahrten sind dem jungen Bauern die Tiere durchgegangen, weil der Zug laut pfiff. »Da haben sie sich erschreckt. Eigentlich waren das ganz Brave«, sagt Johann Aicher, der glücklicherweise unverletzt bliebt. Seine Tiere fand er beim Wirt in Mehring wieder. »Den Ort kannten sie. Da sind sie oft mit meinem Vater hin auf der Heimfahrt von der Mühle.«

Beim Tanzen in Pietling beim Gruber hat er dann gut zehn Jahre später seine Frau Rosmarie kennengelernt. Geheiratet haben sie 1976, die erste von zwei Töchtern kam 1978 auf die Welt. Mittlerweile haben sie zwei Enkelkinder. »Mein Mann war mit Leib und Seele Bauer«, sagt Rosmarie Aicher. Sie selbst hat Bürokauffrau gelernt, sich ab der Geburt der ersten Töchter aber vor allem um die Kinder, den Hof und die Feriengäste gekümmert. »Die Landwirtschaft war ja sehr klein mit 13 Kühen und sieben Jungtieren. Da haben wir schon 1978 mit dem Fremdenverkehr angefangen.« Für sie wurde das neben dem Schreiben zu einer großen Leidenschaft – bis heute. »Mich interessieren andere Länder. Das sind oft so intensive Begegnungen«, sagt Rosmarie Aicher, die auch selbst gerne reist. Sie zeigt ein Bild von drei Frauen aus Katar, die mit Kopfbedeckung und Wasserpfeife bei ihr im Garten sitzen. Sie sind allein unterwegs gewesen – »das hat mich total überrascht« – und haben bei der 71-Jährigen einen Stellplatz für ihr kleines Wohnmobil gemietet. »Zwei von ihnen leben in Berlin. Und ihre Cousine aus Katar war damals zu Besuch.« Rosmarie Aicher wird eine der drei bald wiedersehen – wenn sie zur Grünen Woche nach Berlin fährt. Es passiert ihr immer wieder, »dass aus Fremden Freunde werden«, wie sie sagt.

Mit viel Liebe hat Rosemarie Aicher auch die Chronik der Hof- und Familiengeschichte des »Peternhof« zusammengetragen – bebildert mit alten Fotos und Texten. Sie geht nachweislich bis 1578 zurück und gibt Zeugnis von elf Generationen. »Der Peternhof gehörte bis 1816 zum Kloster St. Peter in Salzburg, wohin auch der 'Zehent' zu entrichten war«, sagt die Pettingerin. Das alte Bauernhaus aus Holz aus dem Jahr 1742 sei vermutlich zu klein geworden und so hätten Engelbert und Martina Aicher, die Eltern ihres Mannes, 1911 das noch bestehende Bauernhaus errichtet – mit einer Haustüre aus Birnbaumholz, einem Türgriff aus Achthaler Guß und den zwei Rosetten im Türrahmen aus Untersberger Marmor. Darüber ist bis heute zu lesen: »Erbaut 1911 von Engelbert und Martina Aicher«.

Klara Reiter

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