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Strickkurs für Jung und Alt in der Kirche, die in Ecuador auch immer als Gemeinschaftshaus dient.
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Normalerweise ist Stefanie Steiner als Sennerin Kühe und Kälber gewöhnt, doch auch die Lamas haben es der Nußdorferin angetan.

»Keine armen, sondern freundliche und zufriedene Menschen«

Nußdorf. Stefanie Steiner ist wieder zu Hause im Chiemgau. Die Nußdorferin absolvierte zwölf Monate ein Freiwilliges Soziales Jahr in Ecuador. Die gelernte Dorfhelferin und Steuerfachangestellte hatte dem Traunsteiner Tagblatt im März ihre ersten Erfahrungen aus Südamerika geschildert. Nach dem Ende ihres Freiwilligendienstes blickt sie nun – zurück in der Heimat – auf ein Jahr voller Überraschungen, toller Erlebnisse und glücklicher Menschen zurück.


Zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen

Angefangen hatte alles im August 2013. Über die Erzdiözese München-Freising und dem Katholischen Landvolk als Kooperationspartner landete die 27-jährige Stefanie Steiner in Riobamba, einer Stadt vergleichbar so groß wie Rosenheim, auf 2 800 Meter Höhe ziemlich genau in der Landesmitte von Ecuador. In den ersten sechs Monaten widmete sich die Nußdorferin dem Projekt »Ofen bauen«. Hier ging es darum, mit den Bewohnern im »Campo«, also auf dem Land, einen Küchenherd aus Ziegeln zu bauen und damit zur Verbesserung der Lebensqualität beizutragen (wir berichteten).

Ihr Projekt im zweiten Halbjahr drehte sich voll und ganz um Lamas. »Die Einheimischen haben es weniger als Projekt gesehen, sondern eher als Prozess«, erinnert sich Stefanie Steiner. Im Grunde geht es darum, die Lamas in Ecuador wieder anzusiedeln – einerseits um die Landwirtschaft in den steilen Hochgebirgshängen bewerkstelligen zu können und andererseits, um das Fleisch und die Wolle der Tiere zu vermarkten. »Vor 15 Jahren gab es in Ecuador nur zehn bis 15 Lamas, heute sind es gut 8 000 Tiere«, weiß die 27-Jährige. Hauptaufgabe der Nußdorferin war es, den Einheimischen einen nachhaltigen Umgang mit Lamafleisch und das Verarbeiten der Wolle zu Socken und Handschuhen zu zeigen. »Die Ecuadorianer zerhacken einfach das ganze Tier und kochen es dann portionsweise«, erinnert sich Steffi Steiner, »wir haben ihnen gezeigt, wie man ein Tier zerlegen kann und dass es verschiedene Fleischtypen wie Lende oder Filet gibt.« Und auch dass sich das äußerst gesunde und eiweißreiche Lamafleisch auf vielfältige Art und Weise zubereiten lässt, war eine neue Erfahrung für viele Einheimische. So hat die gelernte Dorfhelferin unter anderem demonstriert, wie sich Lamafleisch schnell zu Fast Food wie Hamburgern oder Wraps zubereiten lässt. »Mit diesem Projekt waren wir sogar auch auf einer Messe vertreten.«

Kein deutsches Unterrichtsschema möglich

Das Strickprojekt von Stefanie Steiner fand überwiegend Anklang bei den Frauen. »Einige konnten bereits ganz gut stricken, denen haben wir dann schwierigere Sachen wie Socken oder Handschuhe gezeigt. Bei anderen Frauen mussten wir ganz von vorne anfangen.« Die Nußdorferin arbeitete mit vier verschiedenen Strickgruppen zusammen und musste schnell die Erfahrung machen, dass das deutsche Unterrichtsschema nicht in Südamerika angewandt werden kann. »Die Leute sind einfach nicht pünktlich, sie haben zwar eine Uhr, aber bekommen sie zum Beispiel spontan eine Einladung wird diese nicht abgeschlagen. So kann es schon mal sein, dass sie einfach eine Stunde zu spät kommen«, schmunzelt die 27-Jährige, »es ist einfach eine andere Kultur, in der das Momentane das Wichtigste ist.«

Schwierigkeiten in der Kommunikation hatte Stefanie Steiner vor allem am Anfang ihres Freiwilligenjahres. »Ich konnte kein Spanisch und absolvierte zuerst einen Sprachkurs in Quito.« Nach knapp vier Monaten ging es einigermaßen mit dem Sprechen, doch Stefanie Steiner musste noch eine ganz andere sprachliche Hürde nehmen. »Dort, wo ich war, wurde eine eigene Sprache gesprochen, das ›Quechua‹.« Doch die junge Frau merkte schnell, es gibt immer einen Weg zu kommunizieren, und wenn es mit Händen und Füßen ist. »Ich habe wahnsinnig tolle Erfahrungen gemacht und es ist unglaublich, wie viel man alleine mit Lachen und Gesten erreichen kann.« Allgemein beschreibt sie die Einheimischen als ungemein herzliche, hilfsbereite und zufriedene Menschen. »Sie haben einfach eine andere Einstellung zum Leben, auch wenn sie nur noch ein Huhn haben, würden sie es für ihre Gäste schlachten und mit ihnen teilen.«

Obwohl die Einheimischen unheimlich nett waren, packte Stefanie Steiner ab April doch ziemlich das Heimweh. »Das Almfieber ist zurückgekommen«, lacht die 27-Jährige, die bereits vier Sommer auf Almen im Berchtesgadener Land und Chiemgau verbracht hatte. Im August war es dann soweit: Gemeinsam mit sieben anderen Freiwilligen aus Bayern ging es nach Hause. »Am Flughafen in München wurden wir mit Blasmusik und einem Weißwurstfrühstück empfangen, das war wirklich schön.« Wieder in der Heimat musste die Nußdorferin aber erstmal einen kleinen Kulturschock überwinden. »In Riobamba habe ich das Ruhigsein gelernt, die hektischen und gestressten Menschen hier im Supermarkt war ich am Anfang überhaupt nicht mehr gewöhnt.«

Vortrag im Katholischen Pfarrsaal in Nußdorf

Nach ihrem einjährigen Aufenthalt in Ecuador startet für Stefanie Steiner nun ein neuer Lebensabschnitt. Die Nußdorferin beginnt im Oktober das Studium »Soziale Arbeit« an der Katholischen Fachhochschule in München. Doch ehe sie in die Landeshauptstadt geht, lässt sie noch einmal ihre Erfahrungen aus Riobamba aufleben. Am Samstag, 27. September, hält Stefanie Steiner einen Vortrag über ihren Freiwilligendienst im katholischen Pfarrsaal Nußdorf bei Traunstein. Beginn ist um 18.30 Uhr. ci