Ohne Flaschensauerstoff am Mount Everest
Er berichtete von seiner Jugend in den Dolomiten, seinem ersten Bergabenteuer und erzählte vom Gletscherschwund. Denn die Berge sind sein Reich. Auch deshalb findet er es nicht gut, dass mittlerweile etwa am Mount Everest eine Art Massentourismus eingesetzt hat. Er verteufelt es nicht, sagt aber auch deutlich: »Wir echten Bergsteiger suchen uns nun halt andere Routen.«
Und genau diese »echten Bergsteiger« spielen in seinem Vortrag eine große Rolle. Messner spricht nämlich nicht nur über sich selbst, sondern hebt auch immer wieder andere Bergsteiger in den Vordergrund – wie etwa den Briten George Mallory, der 1924 beim Versuch der Erstbesteigung des Mount Everest ums Leben kam.
Der Mount Everest, der höchste Berg der Erde, hat es auch Messner angetan. Edmund Hillary war 1953 als Erster ganz oben. Messner setzte 1978 noch eines drauf: Er schaffte es gemeinsam mit Peter Habeler als Erster, den Gipfel ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff zu erreichen. Messner erinnert sich an die dramatischen letzten Höhenmeter: »Wir wurden immer langsamer.« Nicht nur die Kraft in den Beinen habe nachgelassen, auch die im Kopf sei immer weniger geworden. »Wir waren 40 Mal langsamer als normal«, rechnet er vor. Dennoch haben es die beiden geschafft. »Aber glauben sie bloß nicht, dass wir da oben in Euphorie ausgebrochen sind, wir wollten einfach so schnell wie möglich wieder runter.«
Messner, der von sich selbst als »Ideenentwickler« spricht, wollte mehr – und er schaffte es: Als »ein i-Tüpfelchen« empfindet er heute noch den Alleingang auf den Nanga Parbat 1978. Mit dem Berg verbindet Messner sehr viele Emotionen. Schließlich kam dort 1970 vor Messners Augen beim Abstieg vom Gipfel sein Bruder Günther ums Leben. Nach dem Drama damals wurde Reinhold Messner, der dabei seine Zehen verlor, von vielen Seiten gedrängt, das Bergsteigen doch zu lassen. »Doch das hätte meinen Bruder auch nicht mehr lebendig gemacht und unsere Träume waren noch immer in mir.« Er wagte also den Versuch – und schaffte es. Doch so ganz allein am Gipfel »stand ich doch etwas verloren herum«. 1980 ging er dann auch noch im Alleingang auf den Mount Everest. »Höher und alleiner ging es nicht mehr.«
Museumsprojekt in Südtirol
Als er 1986 dann auch noch am Lhotse war, hatte er ein weiteres Ziel gemeistert: Als erster Mensch stand Messner auf den Gipfeln aller vierzehn Achttausender. Doch auch danach suchte er immer wieder nach neuen Herausforderungen. Messner durchquerte die Antarktis (1989/1990 mit Arved Fuchs), Grönland (1993) und die Wüste Gobi (2004). Doch Messner interessierten seinen eigenen Worten nach »nie die Rekorde«, sondern vielmehr der Mensch mit der wilden Natur«. Er sei ein »Eroberer des Nutzlosen« – und dennoch hat er in den vergangenen Jahren viel Nützliches geschaffen. Mit seinem Museumsprojekt – insgesamt gibt es sechs Museen in Südtirol – hat Messner eine Begegnungsstätte mit dem Berg, mit dem Berg-Menschen und mit sich selbst geschaffen.
Reinhold Messner ist zuletzt etwas ruhiger geworden, sagt er selbst. »Ich verzichte gerne darauf, bei minus 30 Grad auf dem Boden zu liegen.« Aber er gehe immer noch gerne in die Berge. Mittlerweile seien es halt »kleinere Dimensionen«. Und am Ende verrät er dann noch sein Erfolgsrezept: »Ich bin öfters als andere wieder aufgestanden«, sagt er über sein »Leben am Limit«. SB