1250 Kilometer wären zwischen dem Start in Pompeji und dem Ziel in Torbole gelegen. Die Teilnehmer sind dabei völlig auf sich allein gestellt – einzig ein Teilnehmerschild und ein GPS-Track sind im Starterpaket enthalten. Aber wegen der Corona-Pandemie fiel die Veranstaltung ins Wasser – wie so viele andere sportliche Veranstaltungen in diesem Jahr auch.
Extremsportler liebt die Herausforderung
Sportlich aktiv war Florian Reiterberger aber dennoch. Der Extremsportler liebt seit Jahren die Herausforderung. Im Februar 2019 war er beispielsweise beim Iditarod Trail Invitational dabei – einem Rennen, bei dem es 1000 Meilen quer durch Alaska geht. Damals musste er das Rennen aber schweren Herzens abbrechen, weil ihm sein Knie Probleme bereitete. Mittlerweile ist er aber wieder fit.
Dank seiner Abenteuer sammelt Reiterberger übrigens auch immer wieder Spenden, weil er danach beispielsweise über seine Touren und Erlebnisse oft auch Vorträge hält. Aktuell ist das aber aufgrund der Corona-Pandemie auch nicht möglich. Sobald es aber wieder geht, will der Eggstätter damit wieder loslegen. Er unterstützte in der Vergangenheit schon einige soziale Projekte, aktuell fährt er überwiegend Gelder für das Heilpädagogische Zentrum (HPZ) in Ruhpolding ein.
Weil in diesem Corona-Jahr eben nun die ganz großen Rennen und Veranstaltungen ausgefallen sind, plante Florian Reiterberger kurzerhand um. Das Ziel war schnell gesteckt: Es sollte einmal quer durch Deutschland gehen. Mit dem Rad versteht sich!
Diese Tour wollte Reiterberger ursprünglich schon Ende März mit seiner Lebensgefährtin Tina Gröne aus Tabing in Angriff nehmen. »Als Trainingslager für die Italy Divide quasi«, sagt Reiterberger. »Aber Corona-bedingt war das ja auch nicht möglich.« Doch im Mai starteten die beiden dann doch noch ihre Tour quer durch Deutschland, auch weil man zu dieser Zeit auch noch nicht ins Ausland fahren durfte.
Doch das war für die beiden Sportler dann letztlich gar nicht so schlimm. »Erstens hat das Wetter größtenteils gepasst und zweitens war es auf alle Fälle ein sehr schönes Ersatzprogramm«, sagt Florian Reiterberger. »Und sicherlich auch entspannter als die Italy Divide«, ergänzt er. »Wir haben etwa die Unterkünfte schon vorab gebucht. In Italien wäre ich praktisch Tag und Nacht durchgefahren – mit vielleicht mal einer Stunde Schlaf dazwischen. Und bei der Divide weißt du auch nie, was kommt.«

Das war bei der Deutschland-Tour freilich ganz anders. »Wir haben die Strecke vorab genau geplant gehabt.« Gestartet sind die beiden am Chiemsee. Acht Tage waren sie insgesamt unterwegs, dann haben sie ihr Ziel in Norddeich Mole an der Nordsee erreicht. Weiter ging es dann noch mit der Fähre auf Norderney. Auf der Ostfriesischen Insel wohnt Grönes Familie. Zurück ging es für das sportliche Paar dann mit dem Zug. Das Fazit fällt rundherum positiv aus: »Wir haben viele nette Leute getroffen, das Essen war gut – was will man mehr?«
Der Start zu ihrer Tour war für die beiden dann aber ziemlich nass. »Da hat es uns mal gleich richtig abgewaschen«, lacht Reiterberger. »Mit unserer ersten Kurbelumdrehung hat sich praktisch am Himmel der Wasserhahn geöffnet.« Aber der Regen machte den beiden erfahrenen Athleten nicht viel aus. »Man bleibt halt nicht so oft stehen und schaut sich was an.« An den nächsten beiden Tagen gab's jeweils noch kurze Schauer, aber danach hieß es: Sonne satt. Die einzige Schwierigkeit jetzt: »Wir hatten immer Gegenwind und deshalb mussten wir ordentlich in die Pedale reintreten.«
Die Tagesetappen der beiden variierten dabei. Mal waren sie 141 Kilometer unterwegs, mal 176 Kilometer, mal mussten sie 1400 Höhenmeter zurücklegen, mal waren es nur 190 Höhenmeter. »Wir waren täglich so zwischen fünf und sieben Stunden auf dem Rad«, sagt Reiterberger, der die Tour mit seinem umgebauten Mountainbike gemacht hat. Während seine Lebensgefährtin Tina Gröne, die auch regelmäßig bei Triathlons in der Region am Start ist, mit einem Gravelbike unterwegs gewesen ist.
Ihr gesamtes Gepäck hatten sie an den Rädern verstaut. »Viel kann man da nicht mitnehmen«, sagt Reiterberger. Insgesamt habe jedes Rad 15 Kilogramm gewogen. »Wir haben uns aber auch frisches Gewand vorab per Post nach Norderney geschickt.«
Doch bevor sie die frische Meerluft genießen konnten, mussten sie erst einmal kräftig in die Pedale treten. Das Besondere an der Tour: »Wir waren viel auf Radwegen unterwegs oder konnten Nebenstraßen fahren, die sehr wenig genutzt wurden. Wir haben also richtig Glück gehabt«, freut er sich. Vom Chiemsee ging es erst einmal diagonal durch Bayern. Dann nutzte das Paar den Fulda-Radweg Richtung Norden, weiter ging es auf dem Weser-Radweg zum Nordseeküsten-Radweg.

Auch die Corona-Pandemie machte dem Paar keinen Strich durch die Rechnung. »Wir mussten keine Umwege fahren, weil plötzlich irgendwo ein Hotspot gewesen ist«, erzählt Reiterberger. Und auch sonst hatte das Paar keine unfreiwilligen Pausen einlegen müssen. »Wir hatten keinen einzigen Platten.«
»Dafür haben wir viele schöne Sachen gesehen«, sagt Reiterberger, der eigentlich eher der Bergmensch ist. »Aber es war auch mal interessant, flacheres Gelände zu sehen und zu erkunden.«
Er kann die Tour also nur wärmstens empfehlen. »Wenn jemand sagt, er weiß nicht, wohin er fahren soll, sage ich nur: Mach' die Haustüre auf und fahre los. Bei uns ist es einfach schön.« Besonders gefallen hat dem sportlichen Paar übrigens Landesbergen an der Weser oder auch Melsungen. Die beiden seien auch bewusst an Orten stehen geblieben, wo nicht die breite Masse Halt macht. »Ich brauche nicht mit 100 000 anderen Leuten vor einem Gebäude stehen und sagen, wie schön es ist.« Es sei auch mal schön, Gegenden zu erkunden, wo nur wenige hinkommen.
In diesem Jahr wird Florian Reiterberger sportlich auch keine größere Herausforderung mehr in Angriff nehmen. »Man kann einfach nichts planen«, findet er. Und auch für 2021 hat er jetzt schon schlechte Nachrichten bekommen. Im Februar wollte er in Finnland am Polar-Circle-Race teilnehmen, doch der Veranstalter hat sich bereits jetzt zur Absage aufgrund der Corona-Pandemie entschieden. »Das war jetzt schon eine Hiobsbotschaft für mich«, sagt Reiterberger, der sich jetzt auch erst einmal auf seinen Hausbau konzentrieren will.
Grenzsteintrophy als nächstes Ziel
Für Juni 2021 hofft er dann aber doch auf sein nächstes großes Abenteuer. Dann will er bei der Grenzsteintrophy (GST) an den Start gehen. Die GST ist ebenfalls eine Selbstversorgerfahrt entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Die Veranstaltung, die offiziell auch kein Rennen ist, hat Reiterberger übrigens ganz bewusst gewählt. »Ich habe schon so viele Trails auf der Welt gesehen, die auch richtig cool waren, aber jetzt will ich einfach auch mal so etwas daheim machen.«
Der Start der Grenzsteintrophy ist immer am 17. Juni am ehemaligen Dreiländereck. Die Strecke ist etwa 1250 km lang und hat knapp 18 000 Höhenmeter. »Man kann bei so einem Rennen einfach nichts planen, aber genau das macht den Reiz aus«, sagt Reiterberger. Und: »Dabei will ich dann auch wieder Spenden sammeln«, hebt er hervor. Trotz der Absage des Polar-Circle-Races hofft er, dass 2021 eben wieder etwas normaler sein wird als dieses Corona-Jahr. SB