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Der Hochfelln ist Sommer wie Winter ein beliebtes Ausflugsziel. In diesem Corona-Winter gehört er vor allem den Skitourengehern. (Foto: Mühlbacher)

Ein Skitourenparadies direkt vor der Haustür

Wer kennt ihn nicht: Der Hochfelln ist das Wahrzeichen des Chiemgaus. Viele Einheimische haben ihren ganz eigenen Bezug zu diesem Berg. Es war vielleicht der erste Gipfel, den man als Kind besteigen durfte und dort oben die herrliche Fernsicht in die Heimat und übers Land genießen konnte. Anfang der siebziger Jahre wurde dann die Seilbahn gebaut. Sie erleichterte den Aufstieg und machte so für fast jeden das Gipfelerlebnis möglich. Auch der Autor dieses Artikels, Richard Mühlbacher, hat einen sehr persönlichen Bezug zum Hochfelln. Dort war sein Urgroßvater Senner am Gleichenberg.


Im Sommer wie im Winter ist der Berg also ein beliebtes Ausflugsziel. Im Corona-Winter nutzen vor allem die Skitourengeher die zahlreichen Möglichkeiten am Hochfelln. Richard Mühlbacher stellt im Folgenden einige Varianten vor und weist ausdrücklich daraufhin, dass man vorab immer den Lawinenlagebericht sorgfältig checken muss, wie der jüngste Abgang einer Lawine am Hochfelln beweist.

In Erinnerung an so manche Erlebnisse und Geschichten rund um den Berg spurte ich von der Steinbergalm in Richtung Bründlingalm. Ich wollte bei der Menge an Neuschnee in den vergangenen Tagen mit bei den Ersten sein, die in eine unverspurte Abfahrt nach Kohlstatt einfahren konnten. Kurz vor Oberbründling traf ich auf zwei weitere Frühaufsteher, die wohl den gleichen Gedanken hatten wie ich. So waren wir nun zu dritt und waren uns einig, dass für jeden genug Platz für eine eigene Spur wäre.

Ehe wir die Felle richtig im Rucksack verstaut hatten, wurden wir aber eines Besseren belehrt: Die ersten Gipfelbezwinger des Tages waren bereits talwärts unterwegs. Meine Erkenntnis: Am Berg gibt es wohl bei guten Bedingungen keine Ruhephasen mehr!

Trotzdem war die erste Abfahrt hinunter ein purer Genuss – besonders auch mit der Freude, an den jetzt erst Aufsteigenden vorbeischwingen zu können. In Kohlstatt angekommen, hieß es für mich, wieder hinaufzugehen in Richtung Oberbründling. So reihte auch ich mich in die Schar ein, die zielstrebig nach oben wollte – um sich trotz Schneefalls und schlechter Sicht ein Stück Spaß im Pulverschnee zu gönnen. Wobei ich es gelassen nahm, ich konnte ja bereits auf eine gelungene Abfahrt blicken.

Oben angekommen entschloss ich mich, auch hinauf durch den Treffer zum Gipfel zu gehen. Die Sicht wurde besser und auch die Tröpflwand war bereits sichtbar. Doch Vorsicht war geboten: Der Lawinenlagebericht tendierte eher zu drei – also erheblich. Mir war bereits am Morgen aufgefallen, dass die Bedingungen nicht ohne waren. Als ich im Brunnholz den flachen Weg querte, kamen bereits aus dem Hang lockere Schneerutsche herunter. Die Sicht wurde jetzt auch wieder schlechter und es setzte wieder Schneefall ein. So ging es oberhalb des großen Steins weiter in Richtung Trefferscharte. Die Spur war sportlich angelegt und nur mit wenig Kehren bedacht. Ab und zu hörte ich ein Jammern des Vordermanns oder des Hintermanns. Die Spur war steil und die Spitzkehren nicht so einfach zu bewältigen. Deutete das auf Probleme von weniger Geübten hin? Mancher Pistenfahrer ist aufgrund geschlossener Aufstiegshilfen in Corona-Zeiten jetzt halt zum Tourengeher geworden.

Ich staunte dann auch nicht schlecht, dass trotz schlechter Sicht sich einige trauten, sich von der Hauptabfahrt zu entfernen und Varianten zu suchen – wie vom Feuerköpfel hinunter in den Treffer oder links vom großen Stein vorbei. Es waren aber keine Insider, sondern Freaks, die auf der Suche nach unverspurten Bereichen diese Abschnitte für sich entdecken wollten.

Die Sicht war immer noch nicht besser und so herrschte rund um das Tabor-Kircherl am Gipfel dichtes Gedränge, um dem kalten Wind etwas zu entfliehen. Die Tourengeher warteten dort oben auch, ob die Bedingungen nicht besser werden würden. Ich selber glaubte nicht daran. Dazu waren die Wolken zu tief und das Schneetreiben zu dicht. Also setzte ich meine Brille auf und tastete mich langsam entlang der Aufstiegsspur den Südhang hinunter. Der feine Pulverschnee kam nicht ganz so zur Geltung wie bei Sonnenschein und guter Sicht, es war schließlich defensives Verhalten angesagt. Eine kleine Gruppe rund um mich war der gleichen Meinung und so fuhren wir in Abständen ab, bis die Sicht in Richtung Bründling beim Treffer-Ausgang wieder besser wurde.

In Unterbründling fellte ich nochmals auf, um den kurzen Gegenanstieg in Richtung St.-Michaels-Grotte zu bewältigen. Am höchsten Punkt gab's dann zwei Möglichkeiten: entweder hinunter über die Strohalm zur Blickneralm oder in Richtung Steinbergalm.

Zufrieden kehrte ich zum Auto zurück und war mir sicher, die richtige Variante für heute gewählt zu haben. In Gedanken schmiedete ich schon neue Pläne für weitere Skitouren am Hochfelln: Den Südhang in Richtung Farnböden etwa bin ich dieses Jahr noch gar nicht gefahren.

Kurzum: Der Hochfelln bietet viele Skitouren-Varianten. Dennoch sollte man auch am heimischen Wahrzeichen immer Vorsicht walten lassen! Erst tags darauf habe ich von der Lawine am Hochfelln im Treffer erfahren – und jeder sollte sich wieder an der eigenen Nase packen. Das Sprichwort »No risk, no fun« passt nicht zu jeder Schnee- und Lawinenlage.