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Es war eine seiner ersten Aufgaben als neuer Bereitschaftsleiter: Johann Jobst organisierte die 50-Jahr-Feier der Bereitschaft Traunstein.
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Johann Jobst (vorne, gräbt im Schnee) ist mittlerweile Bergwacht-Rentner. Doch er hilft immer noch tatkräftig mit, wenn er gebraucht wird – etwa wie hier bei einer der Winterübungen am Unternberg. (Fotos: Bergwacht Traunstein)

Die ersten Frauen in einer Männer-Bastion

Schon früh entdeckte Johann Jobst seine Liebe zu den Bergen. Er kletterte schon in jungen Jahren viel und gehörte der Jungmannschaft des Traunsteiner Alpenvereins an. Der damalige Leiter der Jungmannschaft war kein Geringerer als Karl Bierdimpfl – einer der besten Bergsteiger aus Traunstein in den fünfziger Jahren. Und Bierdimpfl war auch bei der Bergwacht. Er ermunterte die jungen Männer dann auch dazu, sich der Rettungsorganisation anzuschließen.


»Ich dachte mir damals, warum nicht?«, erinnert sich Jobst, »mit 17 Jahren bin ich so zur Bergwacht gekommen.« Nach der Ausbildung war er dann jahrzehntelang im aktiven Dienst tätig und war von 1985 bis 1999 auch der Bereitschaftsleiter der Bergwacht Traunstein. Dabei erlebte der heute 72-Jährige gleich einige gravierende Änderungen mit – etwa hielt die Technik mehr und mehr Einzug bei der Rettungsorganisation und auch die ersten Frauen nahmen den aktiven Dienst auf.

Die Arbeit der Bergwacht hat sich über die Jahrzehnte grundlegend verändert. Als Jobst noch ein Bub war, mussten die verunglückten Bergsteiger oft viele Stunden oder auf Hütten – wie zum Beispiel auf der Reiter Alpe – oft Tage auf ihre Rettung warten. »Handys gab es damals ja noch nicht«, sagt Jobst. »Wenn einem also etwas passiert ist, konnte dieser nicht so einfach Hilfe holen.« Und: »Auch die Alarmierung hat früher einfach länger gedauert«, erzählt Jobst. »Es gab ja noch keine Piepser, das musste damals alles per Telefon gemacht werden.«

Auch in seinen Anfangsjahren als Bergwachtler erlebte er genau diese Szenarien noch mit. Allerdings gab es dabei schon eine einschneidende Verbesserung: Die Bergwacht verfügte zu dieser Zeit schon über Funkgeräte und konnte so im Notfall also schneller helfen und weitere Hilfe anfordern.

Dennoch blieb ein Problem bestehen: Die verunglückten Bergsteiger konnten noch nicht so einfach Hilfe rufen und deshalb gab es die sogenannten Tourendienste. Sommer wie Winter gingen die Bergwachtmänner dabei jedes Wochenende die Brennpunkte in den heimischen Bergen ab, um nach verunglückten Bergsteigern Ausschau zuhalten. Das Watzmannkar oder der Hohe Göll gehörten etwa zu diesen Einsatzgebieten.

Auch die Traunsteiner halfen tatkräftig dabei mit, diese Dienste abzudecken. Aber das war nicht ihre einzige Aufgabe. Sie hatten auch noch den Ski-Dienst am Ruhpoldinger Unternberg am Wochenende zu besetzen. Auch Jobst schob dabei regelmäßig Einsätze – und das alles freiwillig und ehrenamtlich. »Ein bis zwei Abtransporte pro Wochenende waren schon nötig«, erinnert er sich und ergänzt: »Wir waren da schon immer gut eingespannt.« Für ihn seien die vielen Dienste aber nie eine Belastung gewesen, hebt der Familienvater hervor. »Es ist einfach schön, wenn man Menschen in Not helfen kann«, sagt er. Eines sei dabei aber auch ganz wichtig gewesen: »Meine Frau und meine Kinder haben das immer alles mitgetragen. Anders wäre das auch nicht möglich gewesen«, weiß er.

Als er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr geleistet hat, schloss sich Jobst auch deshalb den Gebirgsjägern an und war dort als Sanitäter im Einsatz. »Für mich war das eine gute Weiterbildung«, erzählt er. Später konnte er das dort erworbene Wissen dann wieder bei seiner Tätigkeit als Bergwachtler nutzen. Es sei ein beruhigendes Gefühl, findet er, wenn man im Ernstfall wisse, was man tun muss und wie man dann helfen kann.

1985 übernahm Johann Jobst die Bereitschaftsleitung bei den Traunsteinern von Franz Maier. Der neue Chef hatte gleich alle Hände voll zu tun und organisierte etwa die 50-Jahr-Feier der Bereitschaft. Und er führte gleich mal ein, dass die Kameraden ab sofort immer ihre Ausrüstung mit sich führen sollten. Zur Notfallausrüstung gehörten ein Erste-Hilfe-Set und im Winter ein Lawinenverschüttetensuchgerät und Ski-Stöcke, die man im Notfall schnell zu einer Lawinensonde umstecken konnte. »Aus Gewichtsgründen war das damals noch nicht so üblich gewesen, dass man diese Ausrüstung immer mitgeführt hat«, erzählt Jobst. Mittlerweile sei das nicht mehr so das Problem, denn das ganze Material sei jetzt eben viel leichter geworden.

Die Arbeit der Bergwacht hat sich in vielen Bereichen gewandelt. Die neuen technischen Möglichkeiten seien dabei »ganz wichtig«, sagt er. Und auch deshalb sei es so wichtig, dass die Bergwacht immer genügend Nachwuchs habe. »Die Jungen kennen sich mit der Technik halt besser aus.« Dennoch gehören die älteren Bergwachtler noch längst nicht zum alten Eisen. Bei Einsätzen sind sie nach wie vor dabei und koordinieren im Hintergrund etwa die Versorgung der Einsatzkräfte. Auch Jobst, der immer noch sehr gern in den Bergen unterwegs ist, hilftin diesem Bereich noch immer tatkräftig mit und Jung und Alt arbeiten Hand in Hand.

Auch das schätzt Jobst so sehr an der Bergwacht: die gute Kameradschaft. »Jung und Alt – das harmoniert bei uns sehr gut«, freut er sich. »Jeder von uns leistet seinen Beitrag. Die Jungen leisten jetzt viel, wir Alten haben früher viel geleistet – jeder hilft eben zu seiner Zeit.«

Nur einmal war das nicht so. Da gab es dann doch erheblichen Knatsch in der Bereitschaft, erinnert sich Jobst zurück und schmunzelt über diese Anekdote. Im Herbst 1992 fiel nämlich eine Männer-Bastion. Die Bergwacht musste damals nach einem Gerichtsbeschluss auch Frauen als Anwärterinnen aufnehmen. »Und auch zu uns sind damals die ersten Frauen gekommen«, lacht er.

Gerade die alten Bergwachtler seien am Anfang den weiblichen Kräften gegenüber überaus skeptisch gewesen. Johann Jobst musste vermitteln. »Und die Frauen haben letztlich alle überzeugt. Sie waren dann bei uns auch ganz schnell integriert.« Der Anteil der weiblichen Mitglieder stieg über die Jahre dann auch stetig. »Und wir haben gute Frauen im Team«, sagt Johann Jobst stolz. Und eines haben alle Bergwachtler ohnehin gemeinsam: Egal ob Frau oder Mann – sie wollen Menschen in Not helfen.

SB

 

Die Bergwacht Bayern bewältigt pro Jahr rund 8500 Rettungseinsätze. Insgesamt sind 113 Bergwacht Bereitschaften in den bayerischen Alpen aktiv. Wir stellen die ehrenamtliche Arbeit der Bergwachtmänner und -frauen in den nächsten Wochen in einer Serie vor. Stellvertretend für die Bereitschaften in der Bergwacht-Region Chiemgau (Altötting, Berchtesgaden, Bergen, Bad Reichenhall Freilassing, Grassau, Inzell, Marktschellenberg, Marquartstein, Ramsau, Reit im Winkl, Ruhpolding, Schleching, Teisendorf/Anger und Traunstein) haben wir mit einigen Aktiven der Bergwacht Traunstein über ihre vielseitige Arbeit gesprochen.