Vor 150 Jahren nach Pozuzo (Peru) ausgewandert
Peru wollte deutsche Einwanderer – Teil I

Freiherr Damian von Schütz-Holzhausen.
Von dem großen Auswandererstrom nach Amerika im 19. Jahrhundert, wollte die damalige peruanische Regierung, um die Mitte dieses Jahrhunderts, etwa 10 000 deutsche Auswanderer für ihr Land gewinnen.
Die erste Auswanderungsgruppe zu diesen Unternehmen sollte am Osthang der Anden, im Amazonasgebiet angesiedelt werden. Daraus entstand am gleichnamigen Fluss der Ort Puzuzo.
Die große Auswanderungswelle nach dem zweiten Weltkrieg, in der von 1947 bis 1967 rund 1,3 Millionen Deutsche die Bundesrepublik verließen, ist heute noch allgemien bekannt. Die Hauptziele dieser Auswanderer waren die Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Kanada und Australien. Hervorgerufen wurde diese große Auswanderungwelle durch die Folgen des zweiten Weltkrieges, wo nach 1944 über 10 Millionen Flüchtlinge, Vertriebene und Verschleppte in die Bundesrepublik geströmt waren. Auch nach dem ersten Weltkrieg gab es eine Auswanderungswelle, ebenso im 19. Jahrhundert.
Auswanderungszüge aus Deutschland gab es schon in früheren Zeiten, vorallem nach Osten und Südosten. So wurden die östlichen Provinzen Preußens, die baltischen Herzogtümer, Teile Südrusslands (Wolgadeutschen), ebenso des einstigen Ungarn (Banat, Siebenbürgen), durch deutsche Auswanderer kolonisiert. Bedeutender als die östliche Auswanderung wurde die nach Übersee und da vor allem nach USA. Die ersten Deutschen dorthin gab es schon im 17. Jahrhundert. Bis zum Jahre 1820 sollen mehrere Hunderttausende nach Amerika übergesiedelt sein. Von 1820 bis 1895 sind rund fünf Millionen Deutsche ausgewandert, wovon der Hauptteil an die Vereinigten Staaten von Amerika fiel.
Allein in den Jahren von 1871 bis 1892 wanderten rund zwei Millionen Deutsche nach überseeische Gebiete aus. Rund 1,9 Millionen davon gingen nach USA. Wenn zur Zeit etwa 150 000 Deutsche im Jahr ihr Heimatland verlassen, um in der Ferne ihr Glück zu finden, so haben sie andere Beweggründe.
Für die früheren Auswanderer eine neue Heimat zu suchen, dürfte ausschließlich der Wunsch nach Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewesen sein. Auch für die Auswanderer nach Pozuzo war dies der Grund. Als Leiter dieser Auswanderungsgruppe wurde der Freiherr Damian von Schütz-Holzhausen aus Camberg (Nassau) gewonnen. 19 Jahre hatte dieser in Amerika zugebracht, davon 12 Jahre in Peru. Er war ein besonderer Kenner von Land und Leuten, nicht nur was die Städte dieses Landes betrifft, sondern auch von entlegenen Gebieten.
Die peruanische Regierung, unter ihren Präsidenten Castilla, war im Jahre 1855 an Freiherrn von Schütz herangetreten, dass von dem deutschen Auswandererstrom, innerhalb der nächsten Jahre 10 000 Personen nach Peru geleitet werden sollten, um sie im Gebiet des oberen Amazonas anzusiedeln. Die Bedingungen für die Kolonisten waren folgende: Jeder Familienvater erhält 100 Morgen kulturfähiges Land als freies Eigentum, jeder Unverheiratete 60 Morgen. Die Reisekosten vom Einschiffungshafen bis zur Kolonie werden von der peruanischen Regierung vorgeschossen, ebenso die Lebensmittel bis zur ersten Ernte, Sämereien und Ackergeräte. In dem Vertrag verpflichtet sich die peruanische Regierung, alle Vorbereitungen in Pozuzo für die Ankunft der Ansiedler zu treffen und den Weg von Cerro de Pasco nach Pozuzo herzustellen.
Im Vertrauen auf diesen Vertrag reiste der Freiherr von Schütz nach Deutschland um die ersten Ansiedler zu sammeln. In kurzer Zeit hatte er eine Schar von 300 Personen bereit, von denen etwa 100 aus der Moselgegend und 200 aus Tirol, besonders aus dem unteren Inntal kamen. Auch einige bayerische Familien waren dabei. Bei der Auswahl dieser Auswanderer ließ der Freiherr größte Sorgfalt walten. Es wurden nur Leute mit einen vorzüglichen Leumund angenommen. Außerdem wurden von der großen Masse, die Bedürftigsten ausgewählt. Es waren meist Handwerker und Bauernfamilien mit hoher Kinderzahl (9 bis 12) die zu Hause ihr Auskommen beim besten Willen nicht finden konnten, zum anderen Teil Brautpaare, die in der Heimat infolge der gesetzlichen Erschwerung nie zum Heiraten gekommen wären. 23 Paare wurden beim Antritt der Reise an Bord des Schiffes getraut.
Am 26. März des Jahres 1857 schifften sich die Auswanderer auf dem Segelschiff »Norton« in Antwerpen (Belgien) ein und kamen am 28. Juli, 294 Personen stark (zwei Erwachsene und fünf Kinder sind während der Überfahrt gestorben) in Callo an. Callo der Haupthafen von Peru, heute fast mit der Hauptstadt Lima verbunden. Die Fahrt dürfte über den Atlantik, um Südamerika (Kap Hoorn) herum dem Pazifik herauf bis Callo gegangen sein. Den Panamakanal gab es damals noch nicht, dieser wurde erst 1914 fertiggestellt. Die Fahrt hierdurch hätte den Seeweg um ein gutes Drittel verkürzt. Freiherr von Schütz hatte während seines Aufenthaltes in Deutschland ständig Verbindung mit der peruanischen Regierung und es schien alles nach Plan zu verlaufen. In Antwerpen nahm er Abschied von den Auswanderern und reiste mit einem Dampfer voraus, um in Peru die Ankunft der Leute abzuwarten. Wie groß war seine Bestürzung, als er bei der Ankunft in Lima erfuhr, dass hierfür auch nicht die geringsten Vorbereitungen getroffen waren. In Cerro de Pasco erfuhr Freiherr von Schütz zu seinem Schrecken, dass der Präfekt, dem die Regierung die Gelder für den Wegbau nach Pozuzo zugeschickt, die inzwischen anderweitig verwendet hatte.
Inzwischen waren die Einwanderer in Callo eingetroffen und wurden, nach dem sie auf der Lorenzinsel zwei Tage in Quarantäne gehalten wurden, nach dem nördlich gelegenen Hafen Huacho gebracht, um von da aus die Reise anzutreten. Das Gepäck wurde auf hunderte von Maultieren geladen, Frauen und Kinder erhielten einen Esel zum Reiten und nun ging die Reise zum 4350 m hochgelegenen Bergwerksort Cerro de Pasco, vorbei an schneebedeckten Bergen die hier eine Höhe von über 6000 m erreichen. Hier im Hochland von Cerro de Pasco entspringen auch Quellflüsse des Amazonas, der Marañón und der Huallaga, sowie der Mantaro, der sein Wasser zum Ucayali sendet.
Von Cerro de Pasco aus ging es weiter nach Acobamba, wohin der Weg kaum ein Drittel fertig gestellt war und die Kolonisten den Weg selbst weiterbauen mussten. Dort wurden die Leute vorläufig untergebracht, da auch der weitere Weg nicht fertig war. Ja, es gab nicht einmal Einigkeit welcher Weg nach Pozuzo überhaupt gebaut werden sollte. Hier verließ eine Anzahl der Einwanderer die Gruppe, wie schon vorher ein Geistlicher. Ein Arzt, der in der Auswandererkolonie war, handelte in Peru angekommen, wie mancher lediger Handwerker, und ließ die Kolonie im Stich.
Freiherr von Schütz, als Leiter und Betreuer dieser Einwanderergruppe, hatte von Anfang an Kritiken und Schwierigkeiten zu bestehen. Durch den nicht fertig gestellten Weg nach Pozuzo, vor dem Eintreffen der Einwanderer, kam man kaum mehr voran. Gelder die zum Weiterbau des Weges benötigt wurden, kamen meist später. Dabei war es nicht sicher, ob diese Gelder von dem hierfür zuständigen Präfekten des Distrikts nicht anderweitig verwendet wurden, oder sonst in dunkle Kanäle flossen. So zahlte die Regierung für den Wegbau von Huancamba bis Pozuzo 20 000 Peso, während der Weg nach Schätzung des Ingenieurs Falkenstein kaum 8000 Peso gekostet haben kann.
Gegen Freiherrn von Schütz trafen aber bei der Regierung in Lima die übelsten Anschuldigungen ein (nicht von den Einwanderern). Es hieß unter anderem, er habe einen Teil der Ansiedler an benachbarte Pflanzer verkauft, die es hier weit und breit nicht gab. Der Präfekt von Acomba wurde vorläufig mit der Verwaltung der Kolonie betraut und Schütz wurde nach Lima gerufen um Rechenschaft abzulegen. Dort bewies sich die Grundlosigkeit aller erhobenen Anklagen gegen ihn, denn die zurückgebliebenen Ansiedler bestätigten dies.
Im Januar 1858 rückte man bis zum Indianerdorf Santa Cruz vor, etwa 30 Kilometer vom Ziel entfernt. Hier traf die Einwanderer ein schweres Unglück. Verursacht durch eine kleine Mure in einem Seitental kam es zu einer Überschwemmung, wobei fünf Menschen ums Leben kamen, während andere nur mit knaper Not ihr Leben retten konnten. Auch kam es zu Unregelmäßigkeiten in der Versorgung mit Lebensmittel. So gab es manchmal mehrere Tage nur Mehl, Kartoffel oder Fleisch ohne irgend einen Zusatz. Einmal war drei Tage kein Salz zu haben. Die Hauptschuld daran lag an den Maultiertreibern, die gezwungen wurden, unentgeldlich auf diesen schrecklichen Wegen ihre Dienste zu leisten, bei stehter Gefahr, dabei das eine oder andere Tier ohne Aussicht auf Entschädigung einzubüßen. Wo es immer den Maultiertreibern möglich war, warfen sie die Lasten ab und machten sich bei Nacht und Nebel davon. Auch beim Wegebau nahmen die Missstände kein Ende. Infolge der häufigen Klagen war ein eigener Wegedirektor bestellt worden, der aber vom Wegebau sowenig verstand wie die Ansiedler von seinem Spanisch. Häufig fehlten auch die Indianer, die aus ihren Dörfern herbeigetrieben wurden, um 15 Tage ohne Lohn, in Selbstverköstigung, die gewöhnlich aus Maiskörnern bestand, zu arbeiten.
Durch die immer wieder erfolgten Verzögerungen entfernten sich am 4. April 1858 nochmals 50 Einwanderer aus Santa Cruz, um anderweitig ihr Heil zu suchen. Inzwischen waren einige Ansiedler auf Umwegen bis zum Pozuzo vorgedrungen. Sie waren entzückt von der Pracht der Natur und der Fruchtbarkeit des Bodens, den sie dort vorfanden. Sie entwarfen bei der Rückkehr nach Santa Cruz ein so günstiges Bild von der Herrlichkeit des Tales, das sie lebhaft an die Täler ihrer Heimat erinnerte, dass sich sogleich 15 Tiroler auf den Weg nach Pozuzo machten, um sich dort anzusiedeln. Mit der Verteilung der Ländereien wurden die beiden Vorständer der Ansiedler, der Tiroler und Rheinländer beauftragt.
Siegfried Moll
Teil 2 und 3 in den Chiemgau-Blättern Nr. 29/2007 und 30/2007
28/2007
Die erste Auswanderungsgruppe zu diesen Unternehmen sollte am Osthang der Anden, im Amazonasgebiet angesiedelt werden. Daraus entstand am gleichnamigen Fluss der Ort Puzuzo.
Die große Auswanderungswelle nach dem zweiten Weltkrieg, in der von 1947 bis 1967 rund 1,3 Millionen Deutsche die Bundesrepublik verließen, ist heute noch allgemien bekannt. Die Hauptziele dieser Auswanderer waren die Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Kanada und Australien. Hervorgerufen wurde diese große Auswanderungwelle durch die Folgen des zweiten Weltkrieges, wo nach 1944 über 10 Millionen Flüchtlinge, Vertriebene und Verschleppte in die Bundesrepublik geströmt waren. Auch nach dem ersten Weltkrieg gab es eine Auswanderungswelle, ebenso im 19. Jahrhundert.
Auswanderungszüge aus Deutschland gab es schon in früheren Zeiten, vorallem nach Osten und Südosten. So wurden die östlichen Provinzen Preußens, die baltischen Herzogtümer, Teile Südrusslands (Wolgadeutschen), ebenso des einstigen Ungarn (Banat, Siebenbürgen), durch deutsche Auswanderer kolonisiert. Bedeutender als die östliche Auswanderung wurde die nach Übersee und da vor allem nach USA. Die ersten Deutschen dorthin gab es schon im 17. Jahrhundert. Bis zum Jahre 1820 sollen mehrere Hunderttausende nach Amerika übergesiedelt sein. Von 1820 bis 1895 sind rund fünf Millionen Deutsche ausgewandert, wovon der Hauptteil an die Vereinigten Staaten von Amerika fiel.
Allein in den Jahren von 1871 bis 1892 wanderten rund zwei Millionen Deutsche nach überseeische Gebiete aus. Rund 1,9 Millionen davon gingen nach USA. Wenn zur Zeit etwa 150 000 Deutsche im Jahr ihr Heimatland verlassen, um in der Ferne ihr Glück zu finden, so haben sie andere Beweggründe.
Für die früheren Auswanderer eine neue Heimat zu suchen, dürfte ausschließlich der Wunsch nach Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewesen sein. Auch für die Auswanderer nach Pozuzo war dies der Grund. Als Leiter dieser Auswanderungsgruppe wurde der Freiherr Damian von Schütz-Holzhausen aus Camberg (Nassau) gewonnen. 19 Jahre hatte dieser in Amerika zugebracht, davon 12 Jahre in Peru. Er war ein besonderer Kenner von Land und Leuten, nicht nur was die Städte dieses Landes betrifft, sondern auch von entlegenen Gebieten.
Die peruanische Regierung, unter ihren Präsidenten Castilla, war im Jahre 1855 an Freiherrn von Schütz herangetreten, dass von dem deutschen Auswandererstrom, innerhalb der nächsten Jahre 10 000 Personen nach Peru geleitet werden sollten, um sie im Gebiet des oberen Amazonas anzusiedeln. Die Bedingungen für die Kolonisten waren folgende: Jeder Familienvater erhält 100 Morgen kulturfähiges Land als freies Eigentum, jeder Unverheiratete 60 Morgen. Die Reisekosten vom Einschiffungshafen bis zur Kolonie werden von der peruanischen Regierung vorgeschossen, ebenso die Lebensmittel bis zur ersten Ernte, Sämereien und Ackergeräte. In dem Vertrag verpflichtet sich die peruanische Regierung, alle Vorbereitungen in Pozuzo für die Ankunft der Ansiedler zu treffen und den Weg von Cerro de Pasco nach Pozuzo herzustellen.
Im Vertrauen auf diesen Vertrag reiste der Freiherr von Schütz nach Deutschland um die ersten Ansiedler zu sammeln. In kurzer Zeit hatte er eine Schar von 300 Personen bereit, von denen etwa 100 aus der Moselgegend und 200 aus Tirol, besonders aus dem unteren Inntal kamen. Auch einige bayerische Familien waren dabei. Bei der Auswahl dieser Auswanderer ließ der Freiherr größte Sorgfalt walten. Es wurden nur Leute mit einen vorzüglichen Leumund angenommen. Außerdem wurden von der großen Masse, die Bedürftigsten ausgewählt. Es waren meist Handwerker und Bauernfamilien mit hoher Kinderzahl (9 bis 12) die zu Hause ihr Auskommen beim besten Willen nicht finden konnten, zum anderen Teil Brautpaare, die in der Heimat infolge der gesetzlichen Erschwerung nie zum Heiraten gekommen wären. 23 Paare wurden beim Antritt der Reise an Bord des Schiffes getraut.
Am 26. März des Jahres 1857 schifften sich die Auswanderer auf dem Segelschiff »Norton« in Antwerpen (Belgien) ein und kamen am 28. Juli, 294 Personen stark (zwei Erwachsene und fünf Kinder sind während der Überfahrt gestorben) in Callo an. Callo der Haupthafen von Peru, heute fast mit der Hauptstadt Lima verbunden. Die Fahrt dürfte über den Atlantik, um Südamerika (Kap Hoorn) herum dem Pazifik herauf bis Callo gegangen sein. Den Panamakanal gab es damals noch nicht, dieser wurde erst 1914 fertiggestellt. Die Fahrt hierdurch hätte den Seeweg um ein gutes Drittel verkürzt. Freiherr von Schütz hatte während seines Aufenthaltes in Deutschland ständig Verbindung mit der peruanischen Regierung und es schien alles nach Plan zu verlaufen. In Antwerpen nahm er Abschied von den Auswanderern und reiste mit einem Dampfer voraus, um in Peru die Ankunft der Leute abzuwarten. Wie groß war seine Bestürzung, als er bei der Ankunft in Lima erfuhr, dass hierfür auch nicht die geringsten Vorbereitungen getroffen waren. In Cerro de Pasco erfuhr Freiherr von Schütz zu seinem Schrecken, dass der Präfekt, dem die Regierung die Gelder für den Wegbau nach Pozuzo zugeschickt, die inzwischen anderweitig verwendet hatte.
Inzwischen waren die Einwanderer in Callo eingetroffen und wurden, nach dem sie auf der Lorenzinsel zwei Tage in Quarantäne gehalten wurden, nach dem nördlich gelegenen Hafen Huacho gebracht, um von da aus die Reise anzutreten. Das Gepäck wurde auf hunderte von Maultieren geladen, Frauen und Kinder erhielten einen Esel zum Reiten und nun ging die Reise zum 4350 m hochgelegenen Bergwerksort Cerro de Pasco, vorbei an schneebedeckten Bergen die hier eine Höhe von über 6000 m erreichen. Hier im Hochland von Cerro de Pasco entspringen auch Quellflüsse des Amazonas, der Marañón und der Huallaga, sowie der Mantaro, der sein Wasser zum Ucayali sendet.
Von Cerro de Pasco aus ging es weiter nach Acobamba, wohin der Weg kaum ein Drittel fertig gestellt war und die Kolonisten den Weg selbst weiterbauen mussten. Dort wurden die Leute vorläufig untergebracht, da auch der weitere Weg nicht fertig war. Ja, es gab nicht einmal Einigkeit welcher Weg nach Pozuzo überhaupt gebaut werden sollte. Hier verließ eine Anzahl der Einwanderer die Gruppe, wie schon vorher ein Geistlicher. Ein Arzt, der in der Auswandererkolonie war, handelte in Peru angekommen, wie mancher lediger Handwerker, und ließ die Kolonie im Stich.
Freiherr von Schütz, als Leiter und Betreuer dieser Einwanderergruppe, hatte von Anfang an Kritiken und Schwierigkeiten zu bestehen. Durch den nicht fertig gestellten Weg nach Pozuzo, vor dem Eintreffen der Einwanderer, kam man kaum mehr voran. Gelder die zum Weiterbau des Weges benötigt wurden, kamen meist später. Dabei war es nicht sicher, ob diese Gelder von dem hierfür zuständigen Präfekten des Distrikts nicht anderweitig verwendet wurden, oder sonst in dunkle Kanäle flossen. So zahlte die Regierung für den Wegbau von Huancamba bis Pozuzo 20 000 Peso, während der Weg nach Schätzung des Ingenieurs Falkenstein kaum 8000 Peso gekostet haben kann.
Gegen Freiherrn von Schütz trafen aber bei der Regierung in Lima die übelsten Anschuldigungen ein (nicht von den Einwanderern). Es hieß unter anderem, er habe einen Teil der Ansiedler an benachbarte Pflanzer verkauft, die es hier weit und breit nicht gab. Der Präfekt von Acomba wurde vorläufig mit der Verwaltung der Kolonie betraut und Schütz wurde nach Lima gerufen um Rechenschaft abzulegen. Dort bewies sich die Grundlosigkeit aller erhobenen Anklagen gegen ihn, denn die zurückgebliebenen Ansiedler bestätigten dies.
Im Januar 1858 rückte man bis zum Indianerdorf Santa Cruz vor, etwa 30 Kilometer vom Ziel entfernt. Hier traf die Einwanderer ein schweres Unglück. Verursacht durch eine kleine Mure in einem Seitental kam es zu einer Überschwemmung, wobei fünf Menschen ums Leben kamen, während andere nur mit knaper Not ihr Leben retten konnten. Auch kam es zu Unregelmäßigkeiten in der Versorgung mit Lebensmittel. So gab es manchmal mehrere Tage nur Mehl, Kartoffel oder Fleisch ohne irgend einen Zusatz. Einmal war drei Tage kein Salz zu haben. Die Hauptschuld daran lag an den Maultiertreibern, die gezwungen wurden, unentgeldlich auf diesen schrecklichen Wegen ihre Dienste zu leisten, bei stehter Gefahr, dabei das eine oder andere Tier ohne Aussicht auf Entschädigung einzubüßen. Wo es immer den Maultiertreibern möglich war, warfen sie die Lasten ab und machten sich bei Nacht und Nebel davon. Auch beim Wegebau nahmen die Missstände kein Ende. Infolge der häufigen Klagen war ein eigener Wegedirektor bestellt worden, der aber vom Wegebau sowenig verstand wie die Ansiedler von seinem Spanisch. Häufig fehlten auch die Indianer, die aus ihren Dörfern herbeigetrieben wurden, um 15 Tage ohne Lohn, in Selbstverköstigung, die gewöhnlich aus Maiskörnern bestand, zu arbeiten.
Durch die immer wieder erfolgten Verzögerungen entfernten sich am 4. April 1858 nochmals 50 Einwanderer aus Santa Cruz, um anderweitig ihr Heil zu suchen. Inzwischen waren einige Ansiedler auf Umwegen bis zum Pozuzo vorgedrungen. Sie waren entzückt von der Pracht der Natur und der Fruchtbarkeit des Bodens, den sie dort vorfanden. Sie entwarfen bei der Rückkehr nach Santa Cruz ein so günstiges Bild von der Herrlichkeit des Tales, das sie lebhaft an die Täler ihrer Heimat erinnerte, dass sich sogleich 15 Tiroler auf den Weg nach Pozuzo machten, um sich dort anzusiedeln. Mit der Verteilung der Ländereien wurden die beiden Vorständer der Ansiedler, der Tiroler und Rheinländer beauftragt.
Siegfried Moll
Teil 2 und 3 in den Chiemgau-Blättern Nr. 29/2007 und 30/2007
28/2007