Jahrgang 2013 Nummer 1

Vom Leben auf dem Hof

Von alten Berufen, Knechten und Mägden und wer alles zum Hofleben beitrug

Die große Bauernstube war der Mittelpunkt des ganzen Hauses. Der wuchtige Kachelofen war neben dem Herd in der Küche die einzige Wärmequelle. Die breite Bank davor war ein beliebter Platz für Jung und Alt. Zu der langen Eckbank an der Fensterseite gehörte ein großer, schwerer Tisch, an dem werktags wie sonntags die Bauernfamilie und die Dienstboten miteinander beim Essen saßen.

Neben der Tür in den Hausgang hinaus stand meistens der Stubenkasten. Dieser breite, hohe Schrank war in seinem Aussehen der Vorgänger des heutigen sogenannten Landhausküchenschrankes. Es war der »Schenkkast'n«. Im unteren, größeren Teil hatte oft eine alte Handnähmaschine ihren Platz. Das in keiner Bauernstube fehlende Nähkast'l gehörte dort hinein, ebenso wie viele in Größe und Farbe verschiedene Kleiderflecke. Diese Fleckerl, die man zum Ausbessern der Arbeitskleidung immer wieder brauchte, waren ein sehr beliebtes Spielzeug der Mädchen. In den etwas schmäleren Aufsatz stellte die Bäuerin meistens etliche Bierkrüge sowie das Gebrauchsgeschirr für den Besuch. In den zwei Schubladen war Platz für die selbst gestrickten, schafwollenen Socken und Handschuhe.

In der warmen Jahreszeit saßen die Menschen nach getaner Arbeit gerne draußen auf der langen Hausbank; wenn jedoch die Abende wieder kühler wurden, dann zog es alle hinein in die warme Stube.

Was eine alte Bauernstube alles erzählen könnte

In unserer Stube war der große, braune Kachelofen mit dem »Hoigrong« hintenherum der Mittelpunkt. Auf dem Kanapee daneben sehe ich, als wäre es gestern erst gewesen, meinen Großvater mit seiner langen Pfeife sitzen.

Im Spätherbst, kurz vor dem Wintereinbruch, wurde die große Stube fast zu klein, denn das alljährliche Dreschen hatte begonnen. Mehrere Tische und Vorbänke stellten meine Tanten an solchen Tagen zusätzlich hinein, damit jeder von den Dreschern genügend Platz hatte. Kamen diese um die Mittagszeit mit ihren schweren Schuhen und den staubigen Joppen in die Stube, stand schon auf jedem Tisch ein Krug mit Bier oder Most. Nach einem guten Essen und Trinken ging das Dreschen draußen in der Tenne wieder weiter. Wenn es am letzten Dreschtag, bei der »Drischleg«, am Abend recht laut und lustig zuging, so dachte von der Nachbarschaft niemand ans Heimgehen. Meine Großmutter machte dann oben in der Stubenkammer das viereckige Loch auf, das mit der Bauernstube verbunden war, beugte sich darüber und schrie zu ihnen hinunter, dass jetzt bald Ruhe einkehren müsse. Manchmal klopfte auch der Großvater mit einem Stock solange auf die Stubendecke, bis es für kurze Zeit wieder ruhig wurde.

Einmal im Jahr glich die Stube mehr einer Schneiderei, denn da kam die »Nahderin« zu uns auf die »Stör«. Auf dem Tisch und der langen Bank waren die verschiedensten Stoffe ausgebreitet. Die Nähmaschine ratterte in diesen Tagen ununterbrochen, was die Mannerleut dazu bewog, nur zu den Essenszeiten in die Stube zu kommen.

Wenn die kalten Wintertage mit den langen Abenden kamen, war die Stube mehr denn je Mittelpunkt des ganzen Hauses. Schon in aller Früh' wurde der riesige Herd in der Küche angeheizt, gleichzeitig auch der Kachelofen in der Stube. Auf der langen Ofenstange hing alles Mögliche zum Trocknen, von den dicken Strümpfen und Socken bis hin zu den schweren Rossdecken.

Am Heiligen Abend kam das Christkindl in die heimelige Stube, wo der Christbaum jedes Jahr seinen gewohnten Platz hatte. Die ganze Familie, Knechte und Mägde, sie alle saßen an diesem stillen Abend dort beieinander. Nach der Jahreswende, wenn der Schnee immer mehr wurde und die große Kälte kam, war es mit der Frauenarbeit draußen erst einmal vorbei. Jetzt war es höchste Zeit geworden, die Spinnräder in die Stube zu holen. Da war es wiederum der Kachelofen, der im Mittelpunkt stand. Große Mengen von der gewaschenen und getrockneten Schafwolle wurden in die Stube gebracht und mit dem Spinnen konnte angefangen werden. Das Surren der Spinnräder war den ganzen Tag bis abends zum Stallgehen zu hören.

Die Faschingstage beschränkten sich vom »Unsinnigen Donnerstag« bis zum »Faschingsdiensta«. Von den nahen und weiter entfernten Einöden kamen die jungen Burschen in »Maschgara«. Unsere Stube war ausgefüllt von fröhlichen Menschen. Zu den lustigen Weisen, die einer auf der »Ziach« spielte, wurde der Stubenboden schnell zum Tanzboden. Ausnahmsweise durfte ich an diesen Abenden ein bisschen länger aufbleiben. Da krachten die Bretter des Stubenbodens bei lustigen Walzern und zwischendurch einem »Frausä« (Francaise), der damals viel getanzt wurde. In dieser Zeit lernte ich, als sechs-, siebenjähriges Mädchen, ganz schnell: »rechts eins – zwei – drei; links – eins – zwei – drei«, meine ersten Walzerschritte.

Das, und manches mehr, könnte eine alte Bauernstube erzählen!

Das Stübe, die Austragskammer

Die Kammer unmittelbar gegenüber der Stube, war das sogenannte Stübe. Die kleinere Stube war gleichzeitig die Austragskammer. Das Stübe konnte meistens auch beheizt werden, da sich dort fast immer ein Anschluss für den Kamin befand. Nachdem die Alten den Hof den Jungen übergeben hatten, sind sie ins Stübe hinüber gezogen. Es wurde ihr Schlafgemach, außerdem fand sich dort meist noch Platz für ein kleines Kanapee.

Am Tag halfen die »Austragler« bei der Arbeit im Haus und auf dem Hof so gut es ging. Gegessen wurde gemeinsam in der Stube. Am Abend hatten sie in ihrem Stübe ihre Ruhe und bei Krankheit ein warmes Zimmer.


Elisabeth Mader

 

1/2013