Traunstein hatte eine eigene Zulassungsstelle
Vor 50 Jahren waren 10 Busse, 559 PKW und 610 Motorräder in der Stadt zugelassen

Eine Aufnahme aus dem Jahr 1950: Noch waren nur wenige Autos in der Stadt zu sehen.
»Hat der simple Fußgänger heute überhaupt noch eine Daseinsberechtigung? Diese Frage darf mit Recht aufgeworfen werden, wenn man die ständige Zunahme von Motorfahrzeugen beobachtet. Das motorisierte Zeitalter ist im vollem Umfang angebrochen.
Die Landstaßen sind das Dorado der Menschen, die sich – teils zwangsläufig, teils zum Vergnügen – der Hast und Eile verschrieben haben. Die letzten Fußgänger wirken wie aufgescheuchte Wesen aus längst vergangenen Zeiten.« Solche Zeilen stimmen haargenau für unsere Zeit. Jetzt muss ich aber dazu vermerken, dass ich diese Zeilen in unserer Traunsteiner Zeitung entdeckt habe, aber in einer Ausgabe, die vor 50 Jahren gedruckt worden ist, am 26. März 1953.
Wenn wir Senioren uns zurückerinnern, kann das doch nicht gestimmt haben, »das motorisierte Zeitalter ist voll angebrochen!« Ist es damals nicht noch ganz »staad« gewesen, auf dem Traunsteiner Stadtplatz oder auf dem Maxplatz oder etwa »drunt« in Waging, wo die Straße Traunstein-Tittmoning noch mitten durch den Markt, die Seestraße hinunter, am Pfarrhof vorbei in den nördlichen Landkreis Laufen führte. Die paar Autos! Vor fast jedem Geschäft hätte man halten, aussteigen, einladen können. Wer hat schon ein Auto gehabt? Etwa alte Vorkriegsmodelle? Die Volkswagen sind freilich schon im Kommen gewesen, für den, der sich einen »leisten« hat können, so einen um 3000 Mark mit 26 PS! 110 km schnell auf der Autobahn! An der Traunsteiner Ludwigstraße bei »Osenstätter« ist er zu bestaunen gewesen oder gar zum bestellen! Ein Stück vornehmer ist da schon vor 50 Jahren der »Opel Olympia Rekord« gewesen. Der Opelhändler an der Straße nach Erlstätt hat ihn angeboten ab 6250 DM ab Werk für die zweitürige »Limousine mit breiten Türen, jede verschließbar«!
Billiger und leichter erschwinglich vor 50 Jahren war ein Motorrad, zum Beispiel ein DKW »schon für 294 DM Anzahlung und monatlichen Raten von 60 DM, RT 125 - 7,5 PS« sofort lieferbar. Entsprechend den damaligen Einkommensverhältnissen fanden daher die »Motorradl« schnell und zahlreich ihre Abnehmer, wie wir in der Zeitung von 1953 lesen können, gleich dreimal soviel wie für Personenwagen: »In der Güterhallenstraße in Traunstein ist die Kfz.-Zulassungsstelle des Landratsamtes. Dort werden tagtäglich Dutzende von Führerscheinen ausgestellt, Dutzende von Fahrzeugen zugelassen. Es ist uns gelungen, den Leiter der Zulassungsstelle, Herrn Henneck zu sprechen. Ein Besucher gibt dem anderen die Türklinke in die Hand, Telephongespräche am laufenden Band sind entgegenzunehmen. Herr Henneck ist ein sehr freundlicher Mann, der Nerven wie ein Drahtseil haben muss. Da wir mitten im Jahre stehen, konnte natürlich nicht mit genauen Zahlen aufgewartet werden, aber auch der Überblick reichte schon. Im Durchschnitt ist ein starkes Anwachsen von Führerscheinanträgen zu verzeichnen, besonders in der Klasse IV (bis 250 ccm). Allein im Monat März sind bis jetzt 340 Führerscheine ausgestellt worden. Waren es im Vorjahr 1952 10 966 zugelassene Kraftfahrzeuge, davon allein 5832 Motorräder, so sind es jetzt bereits 11 500, bei denen ebenfalls die Motorräder weit überwiegen. Es sind natürlich vorwiegend junge Burschen, die ihre überschüssigen Kräfte auf ihrem »Schnauferl« austoben zu können glauben. An einem Tag ist die Rekordzulassungszahl von 120 erreicht worden; der Tagesdurchschnitt liegt bei 100. An fabrikneuen Fahrzeugen sind an einem – beliebig herausgegriffenen – Tag zugelassen worden: 24 Motorräder, 6 Personenwagen, 2 Lastwagen und 6 Zugmaschinen.«
Doch lesen wir in der alten Zeitung weiter: »Wenn man bis heute die im Landkreis, zu dem auch für die Kfz-Zulassungsstelle Trostberg gehört, laufenden Fahrzeuge auf die Bevölkerungszahl des Landkreises umlegt, so kommen etwa 71/2 Personen auf ein Fahrzeug. Ganz erklecklich! Damit nähern wir uns der amerikanischen Situation.«
Und in Traunstein-Stadt 1953:
Die Stadt hatte damals noch eine eigene Zulassungsstelle: »Frl. Rupp, die die Kfz-Zulassungsstelle bei der Stadt Traunstein leitet, hat es doch etwas leichter. Hier rechnet man mit einem Tagesdurchschnitt von 10 Zulassungen. Trotzdem bedeutet auch das ein Anwachsen. Hauptbetrieb herrscht bei der Stadt immer am Wochenende. Und wieder sind es natürlich die Motorroller, die alles andere aus dem Felde schlagen. Mit Jahresende waren bei der Stadt 1425 Fahrzeuge zugelassen, davon 610 Motorräder, 559 Pkw, 213 Lkw, 10 Omnibusse 16 Zugmaschinen und 15 andere Fahrzeuge. Auch das ganz schön.«
»Stadt und Land, Hand in Hand bringen Zahlen, Zahlen, die ständig wachsen, so dass man wirklich bald vor ernsthaften Verkehrsproblemen stehen wird. Ob unsere Straßen, die an sich nicht mehr im besten Zustand sind, auf die Dauer der wachsenden Mehrbelastung standhalten werden, ist fraglich. Fraglich auch, ob die Nerven der motorgepeitschten Menschheit noch lange standhalten werden.« Und diese Zeilen waren zu lesen in der Traunsteiner Zeitung am 28. März 1953, vor 50 Jahren!
JM
14/2003
Die Landstaßen sind das Dorado der Menschen, die sich – teils zwangsläufig, teils zum Vergnügen – der Hast und Eile verschrieben haben. Die letzten Fußgänger wirken wie aufgescheuchte Wesen aus längst vergangenen Zeiten.« Solche Zeilen stimmen haargenau für unsere Zeit. Jetzt muss ich aber dazu vermerken, dass ich diese Zeilen in unserer Traunsteiner Zeitung entdeckt habe, aber in einer Ausgabe, die vor 50 Jahren gedruckt worden ist, am 26. März 1953.
Wenn wir Senioren uns zurückerinnern, kann das doch nicht gestimmt haben, »das motorisierte Zeitalter ist voll angebrochen!« Ist es damals nicht noch ganz »staad« gewesen, auf dem Traunsteiner Stadtplatz oder auf dem Maxplatz oder etwa »drunt« in Waging, wo die Straße Traunstein-Tittmoning noch mitten durch den Markt, die Seestraße hinunter, am Pfarrhof vorbei in den nördlichen Landkreis Laufen führte. Die paar Autos! Vor fast jedem Geschäft hätte man halten, aussteigen, einladen können. Wer hat schon ein Auto gehabt? Etwa alte Vorkriegsmodelle? Die Volkswagen sind freilich schon im Kommen gewesen, für den, der sich einen »leisten« hat können, so einen um 3000 Mark mit 26 PS! 110 km schnell auf der Autobahn! An der Traunsteiner Ludwigstraße bei »Osenstätter« ist er zu bestaunen gewesen oder gar zum bestellen! Ein Stück vornehmer ist da schon vor 50 Jahren der »Opel Olympia Rekord« gewesen. Der Opelhändler an der Straße nach Erlstätt hat ihn angeboten ab 6250 DM ab Werk für die zweitürige »Limousine mit breiten Türen, jede verschließbar«!
Billiger und leichter erschwinglich vor 50 Jahren war ein Motorrad, zum Beispiel ein DKW »schon für 294 DM Anzahlung und monatlichen Raten von 60 DM, RT 125 - 7,5 PS« sofort lieferbar. Entsprechend den damaligen Einkommensverhältnissen fanden daher die »Motorradl« schnell und zahlreich ihre Abnehmer, wie wir in der Zeitung von 1953 lesen können, gleich dreimal soviel wie für Personenwagen: »In der Güterhallenstraße in Traunstein ist die Kfz.-Zulassungsstelle des Landratsamtes. Dort werden tagtäglich Dutzende von Führerscheinen ausgestellt, Dutzende von Fahrzeugen zugelassen. Es ist uns gelungen, den Leiter der Zulassungsstelle, Herrn Henneck zu sprechen. Ein Besucher gibt dem anderen die Türklinke in die Hand, Telephongespräche am laufenden Band sind entgegenzunehmen. Herr Henneck ist ein sehr freundlicher Mann, der Nerven wie ein Drahtseil haben muss. Da wir mitten im Jahre stehen, konnte natürlich nicht mit genauen Zahlen aufgewartet werden, aber auch der Überblick reichte schon. Im Durchschnitt ist ein starkes Anwachsen von Führerscheinanträgen zu verzeichnen, besonders in der Klasse IV (bis 250 ccm). Allein im Monat März sind bis jetzt 340 Führerscheine ausgestellt worden. Waren es im Vorjahr 1952 10 966 zugelassene Kraftfahrzeuge, davon allein 5832 Motorräder, so sind es jetzt bereits 11 500, bei denen ebenfalls die Motorräder weit überwiegen. Es sind natürlich vorwiegend junge Burschen, die ihre überschüssigen Kräfte auf ihrem »Schnauferl« austoben zu können glauben. An einem Tag ist die Rekordzulassungszahl von 120 erreicht worden; der Tagesdurchschnitt liegt bei 100. An fabrikneuen Fahrzeugen sind an einem – beliebig herausgegriffenen – Tag zugelassen worden: 24 Motorräder, 6 Personenwagen, 2 Lastwagen und 6 Zugmaschinen.«
Doch lesen wir in der alten Zeitung weiter: »Wenn man bis heute die im Landkreis, zu dem auch für die Kfz-Zulassungsstelle Trostberg gehört, laufenden Fahrzeuge auf die Bevölkerungszahl des Landkreises umlegt, so kommen etwa 71/2 Personen auf ein Fahrzeug. Ganz erklecklich! Damit nähern wir uns der amerikanischen Situation.«
Und in Traunstein-Stadt 1953:
Die Stadt hatte damals noch eine eigene Zulassungsstelle: »Frl. Rupp, die die Kfz-Zulassungsstelle bei der Stadt Traunstein leitet, hat es doch etwas leichter. Hier rechnet man mit einem Tagesdurchschnitt von 10 Zulassungen. Trotzdem bedeutet auch das ein Anwachsen. Hauptbetrieb herrscht bei der Stadt immer am Wochenende. Und wieder sind es natürlich die Motorroller, die alles andere aus dem Felde schlagen. Mit Jahresende waren bei der Stadt 1425 Fahrzeuge zugelassen, davon 610 Motorräder, 559 Pkw, 213 Lkw, 10 Omnibusse 16 Zugmaschinen und 15 andere Fahrzeuge. Auch das ganz schön.«
»Stadt und Land, Hand in Hand bringen Zahlen, Zahlen, die ständig wachsen, so dass man wirklich bald vor ernsthaften Verkehrsproblemen stehen wird. Ob unsere Straßen, die an sich nicht mehr im besten Zustand sind, auf die Dauer der wachsenden Mehrbelastung standhalten werden, ist fraglich. Fraglich auch, ob die Nerven der motorgepeitschten Menschheit noch lange standhalten werden.« Und diese Zeilen waren zu lesen in der Traunsteiner Zeitung am 28. März 1953, vor 50 Jahren!
JM
14/2003