Jahrgang 2014 Nummer 28

Seliger Andreas von Rinn, Knabe und Martyrer

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Seliger Andreas von Rinn, Knabe und Martyrer

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890


Andreas war das einzige Kind eines Tagelöhners zu Rinn in Tirol, den 16. November 1459 geboren. Der Taufpate des Kindes war Besitzer des Hofes, worin sich die Eltern desselben in Herberge befanden. Der Vater starb bald. Der Taufpate war dem Trunke ergeben; sein Hauswesen ging täglich rückwärts. Skrupellose Verbrecher sahen vom nahen Gasthause aus das Knäblein mit anderen Kindern spielen. Sogleich erwachte in ihnen die Begierde, sich desselben zu bemächtigen. Daher riefen sie jenen Bauer ins Wirtshaus, redeten ihm zu und gaben ihm viel Wein zu trinken, bis er, vom Gelde geblendet, versprach, den Knaben ihnen auszuliefern. Als sie zurückkehrten, übergab der gewissenlose Mann den unschuldigen Andreas ihnen in einem günstigen Augenblicke und empfing seinen Lohn. Verbrecher eilten in den nahen Birkenwald, rissen dem Knaben die Kleider vom Leibe und banden ihn fest. Mit Messern schnitten sie ihm alle Adern im ganzen Leibe entzwei und quälten ihn langsam zu Tode. Nachdem sie ihm alles Blut ausgepresst und dasselbe in mitgebrachte Flaschen gefüllt hatten, hingen sie den Leichnam an einem Baume auf und ergriffen die Flucht den 12. Juli 1462. Der Mutter, welche in Amras arbeitete, fielen drei Blutstropfen auf die Hand. Von Angst getrieben, eilte sie heim und suchte ihr liebes Kind. Der Pate wurde zum Geständnisse gezwungen, den Knaben an die durchreisenden Verbercher ausgeliefert zu haben. Die Mutter fand den Leichnam. Derselbe wurde im Friedhofe von Rinn ehrerbietig bestattet. Im Jahre 1475 wurden die heiligen Gebeine erhoben. Es erfolgten auch Wunder.

Lehre. Als der Verräter seinen Hut herbeiholte, worin das ihm gegebene Geld war, und er davon der Mutter zur Beschwichtigung mitteilen wollte, wurden die Geldstücke im selben Augenblicke in Weidenblätter verwandelt. Wie gewonnen, so zerronnen. Möchte doch niemand ungerechtes Gut sich aneignen.

Kirchengebet. O Gott, du Wiederhersteller der Unschuld, für dessen Namen der selige, unschuldige Andreas den bittersten Tod erduldet hat: wir bitten dich, verleihe uns, dass wir durch seine Verdienste und Fürbitte rein von dem Verderben dieses Lebens zum himmlischen Vaterlande gelangen. Amen.

 

Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.

 

28/2014