Selige Margaretha, Prinzessin und Klosterjungfrau
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

König Bela IV. von Ungarn und seine Gemahlin Maria gelobten Gott ihr Kind zu weihen, das aus der Ehe entsprossen würde, wenn er sie von den Einfällen der Tartaren befreien möchte. Gott half – und so wurde die kleine Prinzessin Margaretha (= Perle) in das Dominikanerkloster zu Veßprim gebracht. Nachdem sich der König überzeugt hatte, dass sie ganz der Frömmigkeit leben wollte, gründete er ein Dominikanerinnenkloster auf einer Donau-Insel bei Ofen-Pest. Margaretha zog in dasselbe und legte mit zwölf Jahren die Gelöbnisse ab. Sie sprach sehr wenig, zeigte nie den geringsten Stolz, vergaß auch ihre hohe Geburt, erfüllte alle Obliegenheiten – und wenn eine Schwester sie beleidigte, so kniete sie vor ihr nieder und bat selbe um Verzeihung! Margaretha strebte nach Vollkommenheit und beobachtete sorgfältig drei Regeln: »Gott über alles und seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben«. Sich selbst zu verachten; und niemanden weder zu verachten, noch zu richten. Auch verehrte sie ungemein das Leiden des Herrn und wäre so gern eine Martyrin geworden. Daher ist es erklärlich, dass ihr Gott außerordentliche Gaben der Wunder, Weissagung, des Gebetes und der Entzückungen verlieh. Ein heftiges Fieber befreite ihre Seele aus dem Gefängnisse des Leibes am 28. Januar 1271. Ihr Verehrungstag ist der 28. Januar.
Lehre. Wenn die selige Margaretha Blinde, Lahme, Gichtbrüchige oder andere kranke Menschen sah, so sprach sie zu Gott: »Ich danke dir, o Herr! dass du mich vor allen diesen Übeln, die ja ich auch haben könnte, bewahrt hast«. Das Mitleid mit den Unglücklichen ist wahre christliche Gesinnung. Möchte doch kein Christ alte, gebrechliche oder entstellte, verkrüppelte Personen verspotten. Sollten Kinder dies tun, darf man sie nicht ungestraft lassen.
Gebet. O selige Margaretha! Du hast dich für das geringste Geschöpf gehalten, wiewohl du von so hohem Stande warst. Erbitte uns von Gott die wirksame Gnade, dass wir uns im Geiste nicht überheben, sondern demütig und bescheiden sein mögen. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
4/2017