Selige Juliana von Lüttich, Cisterziensernonne
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Juliana (= jungfräulich) wurde 1193 zu Lüttich in Belgien geboren und im Kloster Mont-Cornillon erzogen. Fasten und Bußübungen waren ihre Freude. Unablässig beweinte Juliana das Verderben der Welt und verrichtete für andere Bußwerke. Beim Gebete und besonders bei der heiligen Messe hatte sie die süßesten Wonnen. Erst 16 Jahre alt, sah sie den Mond im schönsten Glanze; in der Rundung war aber ein Stück abgebrochen. Diese Erscheinung kam ihr beim Gebete immer wieder. Sie bat Gott um Wegnahme oder Erklärung derselben. Christus offenbarte ihr nun: der Mond bedeute die Kirche, das fehlende Stück aber den Mangel eines Festes zu Ehren des Altarsakramentes, das er von den Gläubigen feiern lassen wolle. Zugleich gab er ihr den Auftrag, dass sie seinen Willen der Welt verkünden sollte. Sie flehte, Christus möchte ein stärkeres Werkzeug erwählen. Aber die Vision ließ nicht nach. Als die Selige zur Priorin des Klosters, dessen Nonnen nach der Regel des heiligen Augustin lebten, 1230 erwählt worden war, ging sie an die Erfüllung ihrer Aufgabe. Große Schwierigkeiten hatte sie zu überwinden, indem sie sogar für eine Schwärmerin gehalten wurde. Sie erlebte die Feier des Fronleichnamsfestes zu Lüttich 1261 und die Anordnung desselben in der ganzen Kirche durch Papst Urban IV. 1264 nicht mehr. Groß war ihre Tugend, aber sie musste viele Prüfungen aushalten. Juliana wurde aus ihrem Kloster vertrieben, wanderte mit ihren Nonnen nach Namur, trat in den Orden der Cistercienserinnen über und starb nach Zerstörung des Klosters zu Fosse nach langer, geduldig ertragener Krankheit den 5. April 1258. Sie war auch lange Zeit eine sogenannte Reclusin (Einsiedlerin). Auf dem Bilde schaut die Selige, wie Engel die Fronleichnamsprozession abhalten.
Lehre: Alles Gute, das die selige Juliana las oder hörte, behielt sie im Herzen und suchte es im Werke auszuüben. Befolge, o Christ! Dieses schöne Beispiel: lies und höre nur Gutes an und hüte dich vor allen schlechten Schriften und Reden, welche das Herz vergiften und die Tugend vernichten.
Kirchengebet. O Gott, der du erhöhest die Demütigen und deine selige Jungfrau Juliana zur Einführung des Fronleichnamsfestes deines eingeborenen Sohnes Jesus Christus wunderbar erwählt hast: wir bitten dich, verleihe uns, dass wir in der Demut ihr so nachfolgen, damit wir mit derselben im Himmel verherrlicht zu werden verdienen mögen. Amen.
Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
14/2014