Jahrgang 2014 Nummer 41

»Obstbau-, Bienenzucht- und Gartenbauverein Inzell«

Inzell feiert ihre gemeinsame Gründung vor 90 Jahren

Erster Vorstand Johann Plenk mit Frau Anna.
Gründungsprotokoll
Friedl Plenk mit Bienenschwarm
Valentin Schwaiger erhält 1974 die »Goldene Rose«
Sechs Inzeller Wagen beim Blumencorso Traunstein 2004

Vom 10. bis 12. Oktober feiert der »Verein für Gartenbau und Landespflege Inzell-Hammer-Weißbach e.V.« zusammen mit dem »Bienenzuchtverein Inzell« mit einer umfangreichen Ausstellung im Rathaus Inzell ihre gemeinsame Gründungsgeschichte. Da lohnte es sich doch, einen Blick auf die teils bewegte Geschichte beider Vereine zurückzublicken, die gemeinsam am Sonntag den 9. November 1924 im Gasthaus zur Post in Inzell unter dem Namen »Obstbau-, Bienenzucht- und Gartenbauverein« ihren Anfang nahm. Die 31 Gründungsmitglieder waren allesamt Bauern oder Imker. Sie wählten Johann Plenk (Neuhaus- Bauer – 1933 zum Ehrenvorstand ernannt) zu ihrem Vorstand, Georg Leitner (Schreinermeister – »Tischler«) zum Schriftführer und Johann Kamml (Boar) zum Kassier. Der Verein schloss sich schon bald dem Bezirksverband für Obstbau, Bienenzucht und Gartenbau in Traunstein an und richtete seine Satzungen nach der des Bezirksverbandes aus. Der Jahresbeitrag wurde auf 2,50 Mark festgelegt. Der Bestand an Bienenvölkern im Gründungsjahr wurde durch den Schriftführer auf 100 Völker beziffert. Laut den Vereinsprotokollen hielten neben dem Unterhutter noch folgende Anwesen Bienen: Tischler, Schreder, Hinterteisenberg, Kienberg, Walch, Beck-Hausmann, Zenzen Hans, Unterholz, Neuhaus, Wagner Huber, Staller, Lindlbauer, Schmied am Sulzbach, Blenk, Boar, Heinrich Plenk und auch am Pfarrhof. Bereits zum 1. Dezember 1925 waren es schon 134 Bienenvölkerstand von denen immerhin noch 71 im Bienenkorb gehalten wurden. Langsam löste aber die Kastenhaltung mit herausnehmbaren Rähmchen, im sogenannten Hofmann- oder Berchtesgadener Maß, diese Form der Bienenhaltung ab. Zum Wachsausschmelzen hatte man 1925 bereits eine »Schwäbische Wachskanone« für 35,50 Mark aus der Vereinskasse erworben. Durch die Installation der Reichsfachgruppe Imker als Dachorganisation aller deutschen Imker im Dritten Reich, mussten Gartenbauverein und Bienenzuchtverein ab dem Jahre 1938 schließlich getrennte Wege gehen. Auf der Generalversammlung am 29. Januar 1939 wurde beschlossen das vorhandene Kapital nach Mitgliederzahl aufzuteilen. Der, bereits seit 3. Dezember 1933 amtierende, erste Vorstand Josef Lackner übernahm den Obstbau und der damalige Kassier Friedl Plenk sen. den Bereich Bienenzucht.

Das Dritte Reich und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Während im Bereich Obstbau, aufgrund der Einberufung des Vorstandes und verschiedener Mitglieder zum Wehrdienst, bis 1948 keine Vereinstätigkeiten niedergeschrieben wurden, kam die Tätigkeit des Bienenzuchtvereins auch während des zweiten Weltkrieges nicht völlig zum Erliegen. In den ersten Nachkriegsjahren hatten die Imker eine Pflichtabgabe (»Honigsoll «) von 2 bis 2,5 kg Honig pro Bienenvolk für den »Überwinterungszucker « abzuliefern. Ein Teil davon ging direkt an das Inzeller Krankenhaus. Auf Anordnung der Besatzungsmächte musste zudem jeder Verein der seine Tätigkeit wieder aufnehmen oder fortsetzen wollte, eine Zulassung beim Landratsamt einholen. Diese Lizenzierung wurde am 22. Januar 1948 erteilt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bienenzuchtverein 29 Mitglieder. Am 24. Oktober 1948 versuchte der damalige Bürgermeister Fries, mit einer Versammlung und einem Vortrag des Fachberaters Stadler aus Traunstein, die wichtige Aufgabe der Obstbaumbetreuung und -pflege wieder in Gang zu bringen, denn der abnormal kalte Winter von 1941 auf 1942 hatte große Lücken in die Inzeller Baumbestände, besonders beim Steinobst gerissen. Als Mitglieder für den wieder errichteten Obst- und Gartenbauverein registrierten sich 56 Personen durch ihre Unterschrift. Aus der Versammlung ging Josef Lackner als erster Vorstand und Stefan Holzner, Breitmoos als zweiter Vorstand hervor. 1952 wurde Hammer in den Verein aufgenommen. Bis 1953 schrieben sich 29 Mitglieder von dort als Mitglieder ein. Trotz, oder gerade wegen der Notzeit nach dem zweiten Weltkrieg ging es bei den Inzeller Bienenzüchtern stetig aufwärts, und der Honig war ein willkommenes Zubrot. Zu den Spitzenzeiten, so im Jahr 1952 hatte man 460 Bienenvölker, und man zählte immerhin an die 40 Vereinsmitglieder. Züchterisch wechselten die Imker von der vorherrschenden aber stechlustigen Bienenrasse Nigra (Dunkle Biene) auf die sanftmütigere Kärntner Biene (Carnica). Auch die Ausbildung von Jungimkern wurde vorangetrieben. Ungetrübt war aber auch diese Blütezeit in der Inzeller Bienenzucht nicht. ln den 1950er Jahren bedrohte die Tracheenmilbe (Acarpis woodi) die Völker und die Obstbaum- und Kartoffelspritzungen sorgten laut Protokoll zur Generalversammlung vom 5. Februar 1956 wohl oftmals zu heftigeren Meinungsverschiedenheiten zwischen Baumwart und Imkern. In diesem Jahr übernahm auf der anderen Seite Josef Wimmer den Obstbau- und Gartenverein.

Schwere Krise des Obstbau- und Gartenvereins in den 1960er Jahren

Durch zunehmende Interesselosigkeit der Mitglieder und Austritte, rutschte der Obstbau- und Gartenverein Anfang der 1960er Jahre in eine schwere Krise. Josef Lackner, der 1961, nach dem Tod von Josef Wimmer, die Führung übernahm, hatte gleich alle Hände voll zu tun. Als Gründe wurden die zunehmende Technisierung und der hohe Mitgliedsbeitrag vermutet. Der eigene Obstanbau verlor an Bedeutung, weil die Inzeller jetzt überall fremdes Obst und Zitrusfrüchte kaufen konnten. Obwohl bereits in den 50er Jahren Vorträge von Kreisfachberater Stadler und Heimatpfleger Sepp Höck über Blumenschmuck, Orts-Verschönerung oder Gartengestaltung abgehalten und diese auch mit großem Interesse von der Frauenwelt beobachtet wurden, erkannte die damalige Vorstandschaft offenbar die Zeichen der Zeit nicht. Einige Jahre fand weder eine Generalversammlung statt, noch eine Niederschrift angefertigt. In der Versammlung im Januar 1967 wurde gar über die Auflösung des Vereins abgestimmt. Gott sei Dank sprachen sich nur sechs Mitglieder für eine Auflösung und achtzehn dagegen aus. Als neu gewählter Vorstand lenkte nun Valentin Schwaiger, mit neuem Schwung, die Geschicke des Vereins. Ihm zur Seite stand der zweite Vorstand Georg Geisreiter. Noch im selben Jahr gab es einen ersten Blumenschmuckwettbewerb, dessen Gewinnerinnen man im Rahmen eines großen Festabends ehrte. Der eigentliche Gartenbauverein, so wie wir ihn heute kennen, war gegründet. Dem Vereinsleben tat in den darauffolgenden Jahren der Eintritt zahlreicher Frauen sicher gut. Der Blumenschmuckwettbewerb entwickelte sich schließlich von einer alljährlichen Aktion zum Aushängeschild Inzells. 1969 übernahm Benedikt Steinbacher den Posten des Kassiers welches er 30 Jahre lang inne hatte. 1970 konnte schließlich Anna Dufter als zweihundertstes Mitglied aufgenommen werden. Bei den Bienenzüchtern gab der rührige Vorstand Friedl Plenk sein Amt 1970 in jüngere Hände ab. Ihm folgte Ewald Schmauß als erster und Valentin Plenk als zweiter Vorstand. Kassier wurde Siegfried Rabiser. Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt 27 Mitglieder, die rund 300 Bienenvölker versorgten. Der Obstbau- und Gartenverein feierte 1974 sein fünfzigstes Jubiläum mit einem Festabend. Valentin Schwaiger erhielt hier für sein Wirken die höchste Auszeichnung des Verbandes, die »Goldene Rose«. 1976 gab Schwaiger sein Amt an Reinhard Eckert ab. 1978 bereits wählten die Vereinsmitglieder den Gartenbaufachmann Friedhelm Schmidt zu ihrem Vorstand und Franz Kalchgruber zu seinem Stellvertreter, die den Verein schließlich bis 1999 führten. Für seine Verdienste ernannte die spätere Vorstandschaft Friedhelm Schmidt 1986 zum Ehrenvorstand.

Gute Entwicklung beider Vereine bis zum Jubiläumsjahr 2014

Wohl durch die zunehmende Technisierung und den wachsenden Wohlstand ließ das Interesse junger Menschen an der Bienenhaltung, bis in die 1990er Jahre immer mehr nach. 1993 hatte der Verein aus diesem Grund nur noch 13 Mitglieder. Abzulesen auch am Altersdurchschnitt der von etwa 45 Jahren 1986 auf 68 im Jahr 2001 sank. Die wenigen erfahrenen Imker konnten bis ins Jahr 1997 immerhin noch einen Bienenbestand von rund 230 Völkern halten. Ein Tiefpunkt wurde 2001 mit nur noch 146 Bienenvölkern erreicht. Die von Wissenschaftlern im Jahre 1977, mit der asiatischen Honigbiene eingeschleppte Varroa-Milbe, bescherte und beschert den Inzeller Imkern seit etwa 1987 Winterverluste von bis zu 50 Prozent bis hin zu Totalverlusten. Kontinuität in der Vorstandschaft gibt es bei den Imkern hingegen seit der Jahreshauptversammlung am 17. März 2002 mit der Wahl von Robert Birnbacher als Vorstand, Valentin Plenk als zweiter Vorstand, Fridolin Plenk als Kassier. Walburga Maier ist seit 2011 Schriftführerin. Auf der Jahreshauptversammlung vom 6. März 2011 wurden die langjährigen Vorstände Ewald Schmauß und Valentin Plenk mit der goldenen Ehrennadel des Bayerischen Bienenzuchtverbandes ausgezeichnet. Bei der kürzlich abgehaltenen Verbandstagung in Inzell wurde Vorstand Birnbacher mit der Armbruster-Medaille in Bronze ausgezeichnet. Derzeit zählt der Bienenzuchtverein immerhin wieder 24 Mitglieder im Durchschnittsalter von 57 Jahren, die 174 Bienenvölker in ihrer Obhut haben. Beim Obstbau- und Gartenverein trug die Kontinuität in der Vereinsführung ab 1999, und die ab der Zeit von Valentin Schwaiger durchgeführten, teils mehrtägigen Vereinsausflüge, bis heute zu einem kameradschaftlichen Vereinsleben bei. Daneben organisierte der Verein eigene Veranstaltungen wie etwa Blumenbälle ab 1980. Selbstverständlich unterstützen die Mitglieder die Gemeinde, die Ortsvereine und andere Organisationen im Ort, wenn Jubiläen und Feste gefeiert werden und dann kreativer Blumenschmuck in jeglicher Form gefragt ist. Seit 1989 wird zum Beispiel der Festwagen mit dem Heiligen Michael für den jährlichen Michaeliritt vom Gartenbauverein geschmückt. 1998 belebten die Frauen im Verein wieder das Kräuterbuschbinden an Maria Himmelfahrt. Ebenfalls seit 1998 wird zudem, jeweils zu Ostern, der Fritz Gastager Brunnen am Rathaus geschmückt. Eine wichtige Aufgabe erfüllen Mitglieder des Vereins seit vielen Jahren in dem sie sich um verschiedene Blumenrabatte im Ort kümmern. Außerhalb präsentierte sich der Verein etwa beim Blumencorso in Traunstein 2004 oder der Gartenausstellung des Kreisverbandes 2013 in Lampolding. Nicht zu vergessen die Baumschnittkurse, die sicher zum »ältesten Gewerbe« des Vereins zählen. Gerne beschäftigen sich die Vereinsmitglieder auch mit Kindern, verzieren zum Beispiel mit ihnen Kürbisse oder bauen Nistkästen oder Insektenhotels. So war es naheliegend, dass 2010 eine eigene Kindergruppe gegründet wurde, die ihre Wirkungsstätte im Katholischen Pfarrgarten gefunden hat. Susi Hauser, Karin Kirmse und Anni Huber waren die Gründerinnen. Heute ist Andrea Steinbacher als Ersatz für Karin Kirmse mit dabei. Als Vorstand folgte Franz Kalchgruber seinem Vorgänger Friedhelm Schmidt 1999 und führte den Verein mit sehr viel Engagement bis 2011. Für seine Verdienste wurde er 2013 zum Ehrenvorstand ernannt. Als zweite Vorständin war mit Betty Scheurl, die bereits seit 1969, lange auch als Schriftführerin, zum Ausschuss gehörte, erstmals eine Frau an dessen Seite. Seit 2011 stehen nun Gottfried Hopf als Vorstand und Anneliese Häusler als seine Stellvertreterin an der Spitze des Vereins. Schriftführer ist Peter Gehmacher und Kassier Christoph Max. Zum Ausschuss gehören im Jubiläumsjahr Agnes Holzner, Betty Scheurl, Andrea Geisreiter, Maria Hopf, Maria Bauregger, Susi Hauser und Lisbeth Eicher. Zeugwart ist Hans Niederberger. Ehrenmitglied ist der langjährige Kassier Benedikt Steinbacher. Durch eine Satzungsänderung am 17. April 2009 heißt der Verein aktuell »Verein für Gartenkultur und Landespflege Inzell-Hammer-Weißbach e.V.« zu dem derzeit 420 Mitglieder aus diesen Orten gehören.


Werner Bauregger

 

41/2014