Jahrgang 2011 Nummer 28

Köhlerei im Achental mit Bezug zum Weißenbachgütl

Seminararbeit am LSH Marquartstein zum Thema Industrialisierung im Achental

Schematischer Aufbau eines Meilers nach Ferdinand Klein aus dem Buch »Über Verkohlung des Holzes im stehenden Meilerl«.

Schematischer Aufbau eines Meilers nach Ferdinand Klein aus dem Buch »Über Verkohlung des Holzes im stehenden Meilerl«.
Titelseite des Buches über die Verkohlung des Holzes von Ferdinand Klein.

Titelseite des Buches über die Verkohlung des Holzes von Ferdinand Klein.
Seitenansicht des Weißenbachgütls.

Seitenansicht des Weißenbachgütls.
»1. Lustig ist das Köhlerleben, in dem Wald, da is so fein, und i mecht koan Herrn a(b)geben, liaba will i ruaßig sein. Ja, mei Jöpperl is ma liaba und mei lodans Kamisol, denn mi plagt koa Sorg, koa Fiaba, mir is all wei katzerl wohl.

2. In der Stadt mecht i net hausen, o, da geht's grad soviel zua, daß es mecht dem Teufi grausn, hint und vorn hast gar koan Ruah. O, da gibt's viel Sorgn und Plagn ja, de nehma gar koan End, und nach dem tua i net fragen, blas aa net, was mi net brennt.

3. Liaba will i Köhler bleibn und a frischer Hanslgsell! Wann i tat, was andre treibn, kam i zletzt no in d' Höll. So will i die Zeit zubringa in mein Kobl aufm Mias: Essn, trinka, und oans singa nacha schmeckt da Schlaf so süaß.«(1)

Anhand dieses alten Volksliedes kann man gut erkennen, wie der Alltag eines Köhlers in den bayerischen Wäldern aussah. Sie mussten den ganzen Tag den Meiler beobachten und wenn nötig so umändern, dass das Holz optimal verkohlen konnte. Zwischendurch nahmen sie einfache Mahlzeiten ein und nachts schliefen sie oder hielten abwechselnd Nachtschichten, um den Meiler auch bei Nacht kontrollieren zu können. Wie das Lied zeigt, war die Arbeit der Köhler eine sehr schmutzige Arbeit, was wiederum dazu führte, dass sie in der Gesellschaft nicht sehr anerkannt waren, weil sich der Kohlestaub meist nicht mehr vollständig abwaschen ließ. Alles in allem war das Köhlerleben kaum so lustig wie im Lied dargestellt, sondern wohl eher ein sehr monotones, anstrengendes und einsames Leben in den Wäldern.

Es gibt verschiedene Arten, Holzkohle herzustellen; dabei unterscheidet man zwischen Grubenkohlung, welche unter hohem Luftzufluss geschieht, die Meilerkohlung unter geringem Luftzufluss und die Ofenkohlung, die unter völligem Luftausschluss stattfindet. Die rentabelste dieser drei unterschiedlichen Verkohlungsarten ist die Meilerkohlung, da diese verhältnismäßig viel Kohle liefert und im Gegensatz zur Ofenkohlung nicht an einem festen Ort stattfinden muss. Deshalb wurde in unserer Region hauptsächlich die Meilerkohlung eingesetzt, auf welche ich in dieser Arbeit ausschließlich eingehen werde.

Bei der Meilerkohlung wird zunächst ein Kohlemeiler errichtet. Hierbei gibt es zwei verschiedene Methoden, den stehenden und den liegenden Meiler. Beim stehenden Meiler »... wird aber das Holz um eine senkrecht stehende Stange, die mit leicht brennbaren Materialien umgeben ist, so dicht, als möglich, beinahe vertikal in zirkelrunder Form so neben- und aufeinander herumgesetzt, dass die Durchmesser des, auf solche Weise zusammengeschichteten Holzhaufens nach oben zu immer kleiner werden...«.(2)

Beim liegenden Meiler hingegen wird das Holz »... beinahe horizontal in Gestalt eines mehr langen als breiten, und nicht sehr hohen Holzhaufens an- und aufeinander geschichtet...«.(3) Stehende Meiler haben jedoch den Vorteil, dass die bei der Verkohlung entstehende Kohle, im Gegensatz zu der Kohle aus liegenden Meilern, viel schwerer und fester ist, weshalb hauptsächlich stehende Meiler errichtet wurden.

Arbeiten des Köhlers

Zu Verkohlung wird vor allem das für sonstige Verarbeitungen wertlose Holz benutzt, das heißt Holz mit Insektenbeschädigungen, Schnee- und Windbrüche, Dürrholz und das sogenannte Durchforstungsholz, hierbei handelt es sich um junge Bäume, die gefällt werden, weil sie entweder von den anderen Stämmen schon zu sehr unterdrückt werden oder um den anderen Stämmen mehr Luft und Licht zu gewähren. Erst, wenn man nach der Verkohlung all dieser Holzarten immer noch mehr Holz benötigt, wird der Hauptbestand genutzt. Das Holz muss dann nach dem Schlagen an einem sonnigen und luftigen Ort zum Trocknen »aufgezaint«(4) werden. Ist das Holz nach dem Abtransport an der Kohlplatte, also einem Platz mit möglichst horizontalem und festem Untergrund, angekommen, wird es, wenn nötig, in die gleiche Länge und Stärke gebracht, um den Meiler so dicht wie möglich errichten zu können.

Um einen Meiler zu errichten, braucht man verschiedene Materialien und Voraussetzungen. Man benötigt eine Kohlplatte, ein nah gelegenes, stehendes oder fließendes Gewässer zur Löschung des Meilers, einen Kohlbaren (auf Bild 1 links oben), der zur vorübergehenden, trockenen Aufbewahrung der Kohle dient, die Köhlerhütte (auf Bild 1 rechts oben), in der die Köhler in der Zeit der Verkohlung wohnen, Reisig, Farnkraut und Moos zur Bedeckung des Meilers, bevor dieser mit Lösche – ein Gemisch aus Wasser, Erde und Kohleabfällen – beworfen wird. Außerdem benötigt der Köhler verschiedene Stege zum Betreten des Meilers. Hinzu kommen kleinere Werkzeuge, wenn alle diese Voraussetzungen gegeben sind und die nötigen Materialien bereitstehen, wird mit der Errichtung des Meilers begonnen. Hierzu wird zunächst die Kohlplatte, wenn noch nicht vorhanden, hergerichtet, das heißt, das Gras wird abgetragen, die Erde von Wurzeln und Steinen befreit und anschließend mit einer Mischung aus Lehm, Lösche und Dammerde versehen, die festgestampft und begradigt wird. Danach wird die sogenannte Kendelstange, eine 12 - 18 Fuß (5,2 - 5,8 m)(5) lange und 3 - 4 Zoll (8,7 - 11,6 cm)(5) dicke Stange, in der Mitte der Kohlplatte in den Boden gerammt. Sie dient einerseits als Hilfe zur senkrechten Ausrichtung des Kohlholzes und andererseits zur Befestigung des Brennmaterials. Anschließend müssen zur Isolation vom Boden, was zu einem besseren Luftzug führt, Holzlatten mit 3 - 4 Fuß (87 - 110 cm)(5) Abstand sternförmig um die Kendelstange herum verlegt werden mit einer kleinen Gasse an einer Stelle, die dazu dient, später mit der Fackel an die Kendelstange zu gelangen, um die Brennmaterialien zu entzünden. Über die Holzlatten werden dann kleinere Hölzer in Kreisform um die Kendelstange gelegt, sodass kleine Vierecke entstehen(auf Bild 1 Mitte unten).

Bei der anschließenden Errichtung des eigentlichen Kohlemeilers muss auf sehr viele verschiedene Dinge geachtet werden; findet die Verkohlung zum Beispiel auf sandigem Boden statt, muss der Meiler dichter geschlichtet werden als auf nassem Boden. Zunächst wird die Kendelstange mit Holzspänen und halbverkohltem Holz kegelförmig umbaut, um sicher zu gehen, dass beim Anzünden alles Holz zu brennen beginnt. Anschließend wird mit dem Bodenstoß begonnen (1. Ebene); wichtig dabei ist, dass man die Holzscheite so dicht wie möglich aneinanderlegt und wenn nötig auch mit Holzabfällen die Lücken ausstopft. Das Holz wird zunächst in einem Winkel von 85 Grad, der nach außen hin abnimmt, aufgestellt. Im Laufe der Errichtung des Bodenstoßes sollte der Winkel bis außen auf circa 65 Grad abfallen. Das Wichtigste hierbei ist wiederum, dass keine großen Lücken entstehen und wenn nötig, diese mit Holzabfällen ausgestopft werden, um eine ideale Verkohlung zu gewährleisten. Ist der Bodenstoß gerichtet, folgt darauf der Mittelstoß (2. Ebene), der auf die gleiche Weise errichtet wird, mit der Ausnahme, dass »... die Böschungswinkel ein wenig kleiner ausfallen«(6). Darauf folgt die Meilerhaube (3. Ebene), welche den Abschluss des Meilers bildet und deshalb möglichst flach gebaut werdensollte, um eine gute Rundung zu erzielen (Bild 1 links unten). Anschließend wird diese mit Sägespänen beworfen, ».. damit das beim Anzünden des Meilers von unten herauf empor fahrende Feuer hier Nahrung finde(t)«(7). Um jedoch zu verhindern, dass nur der obere Teil der Haube brennt, wird sie mit sehr viel Lösche beworfen um sicherzustellen, dass das Feuer »gleich wieder abwärts und in das Innere der Haube«(8) getrieben wird. Ist der Meiler komplett gerichtet, beginnt man mit dem sogenannten »Eingraßen oder Grünmachen«(9) des Meilers, das heißt, er wird mit Tannen- und Fichtenzweigen bedeckt, was dazu dient, dass die Lösche beim späteren Beschießen des Meilers hängen bleibt und nicht in den Meiler fällt.

Beim Beschießen, oder in unserer Region Schwarzmachen genannt, wird der Meiler zunächst nur ganz unten mit Lösche bedeckt, danach werden kleine Holzlatten rings um den Meiler gelegt, auf die dann die weitere Löschedecke folgt, die den Meiler nun vollkommen von der Luftzufuhr trennt. Um jedoch das Anzünden zu erleichtern, werden am Fuße des Meilers mehrere Luftlöcher gestochen. Anschließend kann der Meiler durch den kleinen, frei gelassenen Schacht von außen zur Kendelstange hin vorsichtig angezündet werden. Hierbei war wichtig, dass es windstill und trocken war. Um zu gewährleisten, dass der Meiler am ersten Tag, dem Wichtigsten, gut bewacht werden konnte, wurde das Anzünden schon vor Tagesanbruch vorgenommen, um gegen Abend sichergehen zu können, dass die Verkohlung gut vonstatten geht.

Bei der eigentlichen Verkohlung ist vor allem die Erfahrung und das Können des Köhlers wichtig, der schon an der Farbe und der Menge des Rauchs erkennen kann, ob man mehr oder weniger Luftlöcher braucht und ob die Verkohlung schon abgeschlossen ist. So muss zum Beispiel darauf geachtet werden, dass das Holz gleichmäßig von oben nach unten verkohlt wird und das in einer horizontalen Linie, um sicherzustellen, dass am Schluss das komplette Holz gut verkohlt wurde und es zu keinen großen Qualitätsunterschieden kommt. Der Köhler hat die Möglichkeit durch Anzahl und Größe der Luftlöcher die Geschwindigkeit der Verkohlung zu regulieren und muss dabei auch auf die Gegebenheiten der Umgebung der Verkohlung, wie zum Beispiel Wind, achten. Je nach Größe und Beschaffenheit des Meilers dauert die vollständige Verkohlung in der Regel zwei bis 3 Wochen. Anschließend wird der Meiler »... mit feuchter Lösche so dick beworfen, als der Vorrath dieses Materials es erlaubt«(10) um sicherzustellen, dass keine Luft mehr an die Kohle kommt. Bevor er gestört werden kann, muss er 12 bis 24 Stunden auskühlen. Nach dem Stören, dem Zerstören des Meilers, werden die Kohlen in Wasser getaucht, was nicht nur zur schnelleren Abkühlung, sondern auch zur besseren Festigkeit der Kohlen beiträgt. Nach wiederum ein bis zwei Tagen können die Kohlen dann zur vorübergehenden Aufbewahrung in den Kohlbaren gebracht werden, von wo aus sie dann im Winter zu den Eisenhütten oder Dorfschmieden transportiert werden.

Auftretende Probleme

Da es sich bei der Verkohlung um einen sehr komplizierten und von vielen Faktoren abhängigen Prozess handelt, konnten bei der eigentlichen Verkohlung und auch den darauf folgenden Arbeiten leicht Probleme auftreten. »Die natürliche und zufällige Beschaffenheit des Holzes wirken auf den Gang der Verkohlung so stark und wesentlich ein, daß der Köhler, will er seiner Kunst Ehre machen, stete Rücksicht darauf nehmen muss.«(11) So musste der Köhler zum Beispiel genau auf die Art und den Zustand des verwendeten Holzes achten. Hierbei kommt es vor allem darauf an, verschiedene Holzarten so im Meiler zu verteilen, dass die Verkohlung gleichmäßig abläuft und die Qualität der Holzkohle nicht zu sehr variiert.

Ein weiterer Einflussfaktor ist die Hitze, welche wiederum von der Dicke des Beschusses, also der Löscheschicht, auf dem Meiler abhängt, das heißt, der Köhler musste die optimale Verkohlungshitze für bestimmte Holzarten wissen und außerdem, wie man diese Hitze am besten und über den gesamten Verkohlungsprozess hinweg gewährleisten konnte. Zwei weitere Probleme, auf die der Köhler jedoch kaum Einfluss hatte, waren Wetter und Jahreszeit. Der Köhler brauchte also auch Glück, um einen guten Verkohlungsprozess zu garantieren, denn »Anhaltende Trockne oder Hitze sind eben so wenig, als anhaltender Regen, oder starke Regengüsse der Verkohlung zuträglich...«(12). Bei zu heißem Wetter trocknete die Meilerdecke aus und wurde brüchig, konnte also keinen optimalen Ausschluss von Sauerstoff mehr garantieren, Nässe führte zu einer Verlangsamung des Prozesses und starke Stürme führten zu einer höheren Verkohlungsgeschwindigkeit auf der Sturmseite.

Um all diesen Umständen möglichst aus dem Weg zu gehen, wurde bevorzugt im Spätsommer und Herbst verkohlt, weil die Witterungsbedingungen zu diesen Jahreszeiten beständiger sind. All diese Einflussfaktoren zeigen also, dass es bei der Köhlerei nicht alleine auf die Möglichkeit ankam, Holz zu verkohlen, sondern vielmehr auf die Erfahrung und das Können des einzelnen Köhlers. Transportmöglichkeiten des Holzes zur Kohlplatte Da es meist verboten war, das Holz an Ort und Stelle der Gewinnung zu verkohlen, musste es nach dem Fällen zu bestimmten, dafür freigegebenen Orten gebracht werden. Es gab viele verschiedene Methoden des Holzverbringens, man kann diese in drei Kategorien ordnen: der Transport durch Menschen, Tiere oder Wasser. Je nach Menge des Holzes und den Gegebenheiten, wie Gelände oder Nähe zu einem Bach wurde eine geeignete Methode gewählt. Der Mensch hatte die Möglichkeit, das Holz zu tragen, was jedoch sehr ineffizient war und nur in Erwägung gezogen wurde, wenn nichts anderes möglich war. Eine weitaus wirkungsvollere Methode hingegen war das Fällern oder Schießen des Holzes, bei dem das Holz ins Rollen gebracht wird, bis es von selbst wieder liegen bleibt, was den Vorteil hat, dass man diese Methode in kahleren Bergwäldern ohne großen Aufwand anwenden konnte. Eine weitere Methode ist das »Schlitteln«(13), also das Verbringen auf Holzschlitten, diese konnte jedoch auch mithilfe von Zugvieh vorgenommen werden, das sogenannte »Starzen«(14). Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Holz mithilfe von Zugtieren und Schlitten zu transportieren, die sich jedoch nicht grundlegend von einander unterscheiden, eine andere Methode ist das »Leiten«(15), bei dem das Holz von Tieren bergauf gezogen wird, um zum Beispiel zu einem Stauwerk zu kommen, von wo aus es dann getriftet wird. Bei der Trift handelt es sich um das Verbringen des Holzes mithilfe von Wasser, hierzu werden größere Bäche an einem bestimmten Punkt mithilfe eines Stauwerks aufgestaut und mit Holz gefüllt, um das Holz beim Öffnen des Stauwerks Richtung Tal zu befördern. Ähnlich kann man auch mit der Hilfe von Riefen vorgehen, also auf Stelzen stehende, hölzerne Rinnen, in die oftmals Wasser eingeleitet wird, um den Rutschvorgang der Stämme zu beschleunigen. Je nach der Menge des Holzes und den örtlichen Gegebenheiten wurde von den Holzknechten die beste und schnellste Methode des Transports gewählt.

Auslieferung der Kohle

Der Abtransport der Kohle zu Schmiede- oder Hüttenwerken geschah meist im Winter und mithilfe von Schlitten, weil dies mehrere Vorteile hatte. Zum einen war es eine Frage der Kosten, da im Winter oftmals keine Wegzölle verlangt wurden. Zum anderen waren die großen Kohlen sehr wertvoll und auch nur als Ganzes zu verkaufen, sie mussten also mit größter Vorsicht gehandhabt werden, weshalb der Transport auf Schlitten logisch erscheint, da die Straßen im Winter weniger Unebenheiten aufwiesen. So war es im »'Protocoll zur Verkohlung 1861/62 und Kohlbeifuhr 1862/1863' für die königlichen Forstreviere Bergen, Marquartstein, Piesenhausen und Raiten«(16) sogar vorgeschrieben, dass die Kohle »nur mit Schlitten nach Bergen oder Eisenärzt«(17) gebracht werden durfte. Ein weiterer Grund war, dass es oftmals verboten wurde, nichtverkohltes Holz über den Winter zu lagern. Weshalb dies noch vor dem Winter möglicherweise sogar in sehr kleinen Meilern verkohlt und ausgeliefert werden musste. Da die Kohlen so wertvoll waren, musste beim Ausliefern auch darauf geachtet werden, dass sie vor Regen und Schnee geschützt waren. Man kann sehen, dass sogar für den Transport der Kohle früher strenge Vorschriften und Regeln galten, an die sich der Köhler zu halten hatte.

Beispiel anhand des Weißenbachgütls

In unserer Region war die Köhlerei weit verbreitet, da die Voraussetzungen dafür optimal waren. Durch die große Verfügbarkeit des Rohstoffes Holz und die Nähe zu den zwei großen Kohleabnehmern, der Maxhütte in Bergen und das Hüttenwerk in Eisenärzt, für die eine geregelte Versorgung mit Kohle gewährleistet werden musste, war die Herstellung von Kohle in staatlichem Auftrag eine gute und sichere Einnahmequelle. Da es in unserer Gegend wohl sehr viele Köhler gab, werde ich nun im Folgenden das Leben einer Köhlerfamilie am Beispiel des Weißenbachgütls darstellen. Das Weißenbachgütl, ursprünglich oberhalb von Rottau gelegen, ist ein kleiner Einfirsthof, der jetzt im Freilichtmuseum Glentleiten zu besichtigen ist.

Besitzer des Weißenbachgütls

Der älteste archivalische Beleg für die Hofstelle stammt von 1671. Im Folgenden werde ich mich jedoch auf die Geschichte der Familie Höger konzentrieren, die von 1760 bis 1915 in sechs Generationen(18) den Hof bewohnte und bewirtschafte und hierbei im Besonderen auf Mathias Huber, der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Hof einheiratete. Da der Grundbesitz und die Viehhaltung der Familie noch nie groß genug war, um damit Geld zu verdienen, sondern lediglich der Selbstversorgung diente, wurde der Lebensunterhalt schon immer mit der Köhlerei verdient. So schaffte es die Familie auch, das anfangs noch stark verschuldete Gütl 1853 »... jetzt auf 3000 Gulden (fl), d.h. um fast 200% höher taxiert.«(19) finanziell zu sanieren. So waren zum Beispiel die Austragsbedingungen damals viel besser als noch zu Beginn der Übernahme durch die Familie Höger. Hierzu ein Auszug aus dem von der Erbin Anna Höger 1853 geschlossenen Vertrag: »Der weichende Bauer Josef erhält ein Gesamtelterngut 600 fl, wovon am Hochzeitstag der Übernehmerin 50 fl bezahlt werde. Der Rest zu 550 fl ist zu 2% jehrlich zu verzinsen und im Verehelichungsfalle (des Bruders) sogleich(,) außerdessen aber auch nach halbjehrlichen Kündstag zu bezahlen. Als Anfertigung demselben ein zweispännig vollständig aufgerichtetes Bett mit Bettstatt und einen Kasten, alles im Anschlag zu 60 fl. Im Verehelichungsfalle erhält er statt Morgensuppe 10 fl in Geld und die zweitbeste Kuh im Stall Anschlag zu 50 fl... In... Krankheit oder Altersfällen erhält der Bruder Josef als Unterschlupf den Gebrauch der sogenannten Stiegenkammer, und ist ihm auch der Aufenthalt in der Wohnstube gestattet, und der Mitgebrauch der Küche eingeräumt.«(20) Hier hat der Bruder der Übernehmerin einen großen Betrag an Geld und Zugeständnissen, im Gegensatz zu der Übernahme von 1832, bei der die 5 vom Hof gehenden Kinder jeweils »... einen Dienstkasten von Fichtenholz und mit Schloss und Band«(21) und die Töchter zusätzlich »ein zweispänniges Bett mit Bettstatt und Zugehör.«(22) bekommen, weil sich die Erbin des hochverschuldeten Hofes nicht mehr leisten konnte. Dank der Köhlerei konnte die Familie also viel Geld verdienen.

Da Mathias Höger staatlich beauftragter Köhler war, wurde seine Arbeit durch viele Regeln und Vorschriften geprägt. So wurden zum Beispiel die Preise vorgegeben: das Interessante daran ist, dass Höger für die gleiche Menge an Holzkohle in der Maxhütte nur 3 fl(23) und in Eisenärzt mehr als das Doppelte, nämlich 8fl(23) erhielt, weshalb der längere Transportweg nach Eisenärzt gerne in Kauf genommen wurde. Auch gab es eine Art Versicherung, die Bruderkasse, aus welcher im Falle von Arbeitsunfällen Medikament- und Kurkosten erstattet wurden. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Köhlerei eine gerade in unserer Region weitverbreitete und rentable, wenn auch komplizierte Einnahmequelle war, wie sich am Beispiel der Familie Höger veranschaulichen lässt. Gerade durch die Nähe zu den beiden Großabnehmern, der Maxhütte in Bergen und den Hüttenwerken in Eisenärzt musste eine zuverlässige Versorgung mit dem wichtigen Brennmaterial zu jeder Zeit gewährleistet sein, weshalb sehr viele Köhler im Auftrag des Staats arbeiteten, was viele Vorteile brachte.

Lisa-Maria Stengel


Quellenverzeichnis:

1 »Leibhaftiges Liederbuch« 1938 Walter Schmidkunz, Karl List, Wastl Fanderl, S. 174 f [Anmerkung: 1. a(b)geben = spielen; 2. lodans Kamisol = eine Art Weste aus Loden; Hanslgsell (kein gebräuchliches Mundartwort) hier soviel wie lustiger Bursch ohne Sorg und Plag; 4. Kobl = einfache Rindenhütte; 5. Mias = moosiger Platz.«
2 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 21
3 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 20
4 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 34
5 http://de.wikipedia.org/Alte_Maße_und_Gewichte (Bayern)
6 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 53
7 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 53
8 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 53
9 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 56
10 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 67
11 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 73
12 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 75
13 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 35
14 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 38
15 Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, S. 35
16 Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 40
17 Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 41
18 Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 34
19 Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 39
20 nach Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 39f.
21 nach Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 35
22 nach Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S. 35
23 Freundeskreis-Blätter 33: »Das Weißenbachgütl« Ariane Weidlich, S.43

Ausstellung »Köhlerei im Achental«, Marquartstein 2010, Ferdinand Klein, »Ueber Verkohlung des Holzes in stehenden Meilern«, Hennigs und Hopf, Gotha, 1836

Freilichtmuseum Glentleiten, Ausstellungsräume im Weißenbachgütl, Freundeskreis-Blätter 33, Ausgabe Mai 1994
http://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Maße_und_Gewichte_(Bayern)



28/2011