»Kathrein stellt den Tanz ein«
Alter Brauch noch lebendig
Mit dem im Volksmund überlieferten Spruch »Kathrein stellt den Tanz ein« nehmen es die Volkstänzer bis heute ganz genau. Der Kathreintag am 25. November ist die letzte Möglichkeit für die Fans des traditionellen Tanzes, auf dem Parkett zu wirbeln. Denn bis einschließlich Heilig Dreikönig am 6. Januar werden nach altem Brauch am Kathreintag »Bass und Geigen eingesperrt«. Früher durfte schon am 25. November nicht mehr getanzt werden. Das nehmen die Volkstänzer heute lockerer, obwohl die »staade Zeit« zu 98 Prozent eingehalten wird, sagt Erwin Tessaro, Volkstanz- Lehrer aus München.
Die Volkstanzkultur in München sei sehr lebendig, erzählt Volker Laturell, ehemaliger Volkskulturpfleger der Stadt München. Die Volkstänzer seien keineswegs »am Aussterben«. Im Gegenteil, es gebe eine große Fan-Gemeinde, »es sind Zigtausende«, schätzt er. Im Zuge der »Nostalgiewelle« der 70-er und 80-er Jahre habe der Volkstanz eine neue Blütezeit erlebt, die bis heute andauere. In München werden zahlreiche Volkstanzkurse angeboten. »Wer will, kann jeden Tag in der Woche zu einer Tanzveranstaltung gehen«, sagt Tessaro, der vor allem überliefertes Tanzgut aus der Region lehrt.
Die Volkstänzer haben für ihre großen Tanzveranstaltungen in festlicher Tracht - »für uns ist die Tracht keine Kostümierung« - die traditionellen Termine im Kirchenjahr übernommen, berichtet Tessaro. Maitanz oder Kirchweihtanz seien beliebt und der Kathreintanz anlässlich des Tages der Heiligen Katharina von Alexandria schon deshalb, weil er die letzte Gelegenheit im Jahr ist, das Tanzbein zu schwingen. Weil die Heilige als Patronin allen Gewerbes gilt, das mit einem Rad zu tun hat - der Wagner, der Müller, der Scherenschleifer - , mussten am 25. November alle Räder still halten. Und da man sich beim Tanzen auch meist dreht, durfte am Kathreintag früher selbst nicht getanzt werden, berichtet Laturell. »Früher wurde auch während der Ernte und der Fastenzeit nicht getanzt.«
Wer glaube, Volkstanz sei langweilig, der irre, sagt Laturell. Es gebe nicht nur eine ungeheure Vielfalt an Schrittfolgen und Drehungen, Paar- und Gruppentänzen. Bei Tänzen wie »Hans bleib' da« und »Spinnradl« lebe vor allem eine Geselligkeit auf, wie sie in einer Disco nicht zu finden sei, sagt Tessaro. Volkstanzen sei persönlicher und geselliger, schon deshalb, weil jeder einen Tanzpartner braucht - im »Ringelpiez mit Anfassen« liege der Reiz, beschreibt es Laturell. Heutige Tanzformen sind für die Volkstänzer dagegen ein »fantasieloses Umeinandergeschüttel ohne Paarbeziehung«, drückt Tessaro es aus.
Allerdings könne es nicht verheimlicht werden, dass sich der potenzielle Nachwuchs doch lieber in der Disco tummelt, stellt Tessaro fest. »Wenn die jungen Leute Volkstanz hören, denken sie an Schuhplattler und dann ist der Ofen ganz aus.« Dabei habe der weit über die weißblauen Grenzen hinaus bekannte Vorführtanz mit dem eigentlichen Volkstanz gar nichts zu tun.
Um den Volkstanz wieder zum festen Bestandteil der bayerischen Kultur zu machen, müssten die alten Tänze schon im Kindergarten vermittelt und im Schulunterricht ganz selbstverständlich eingeflochten werden. »Früher haben die Eltern die Tänze an die Kinder weitergegeben. Heute müssten das Kindergarten und Schule übernehmen«, glaubt Tessaro. Doch dafür müsste das traditionelle Tanzen im Lehrplan verankert werden, und bis dahin sei es noch ein langer Weg. »Aber ich arbeite daran, ich habe noch nicht aufgegeben.«
AJ
47/2003
Die Volkstanzkultur in München sei sehr lebendig, erzählt Volker Laturell, ehemaliger Volkskulturpfleger der Stadt München. Die Volkstänzer seien keineswegs »am Aussterben«. Im Gegenteil, es gebe eine große Fan-Gemeinde, »es sind Zigtausende«, schätzt er. Im Zuge der »Nostalgiewelle« der 70-er und 80-er Jahre habe der Volkstanz eine neue Blütezeit erlebt, die bis heute andauere. In München werden zahlreiche Volkstanzkurse angeboten. »Wer will, kann jeden Tag in der Woche zu einer Tanzveranstaltung gehen«, sagt Tessaro, der vor allem überliefertes Tanzgut aus der Region lehrt.
Die Volkstänzer haben für ihre großen Tanzveranstaltungen in festlicher Tracht - »für uns ist die Tracht keine Kostümierung« - die traditionellen Termine im Kirchenjahr übernommen, berichtet Tessaro. Maitanz oder Kirchweihtanz seien beliebt und der Kathreintanz anlässlich des Tages der Heiligen Katharina von Alexandria schon deshalb, weil er die letzte Gelegenheit im Jahr ist, das Tanzbein zu schwingen. Weil die Heilige als Patronin allen Gewerbes gilt, das mit einem Rad zu tun hat - der Wagner, der Müller, der Scherenschleifer - , mussten am 25. November alle Räder still halten. Und da man sich beim Tanzen auch meist dreht, durfte am Kathreintag früher selbst nicht getanzt werden, berichtet Laturell. »Früher wurde auch während der Ernte und der Fastenzeit nicht getanzt.«
Wer glaube, Volkstanz sei langweilig, der irre, sagt Laturell. Es gebe nicht nur eine ungeheure Vielfalt an Schrittfolgen und Drehungen, Paar- und Gruppentänzen. Bei Tänzen wie »Hans bleib' da« und »Spinnradl« lebe vor allem eine Geselligkeit auf, wie sie in einer Disco nicht zu finden sei, sagt Tessaro. Volkstanzen sei persönlicher und geselliger, schon deshalb, weil jeder einen Tanzpartner braucht - im »Ringelpiez mit Anfassen« liege der Reiz, beschreibt es Laturell. Heutige Tanzformen sind für die Volkstänzer dagegen ein »fantasieloses Umeinandergeschüttel ohne Paarbeziehung«, drückt Tessaro es aus.
Allerdings könne es nicht verheimlicht werden, dass sich der potenzielle Nachwuchs doch lieber in der Disco tummelt, stellt Tessaro fest. »Wenn die jungen Leute Volkstanz hören, denken sie an Schuhplattler und dann ist der Ofen ganz aus.« Dabei habe der weit über die weißblauen Grenzen hinaus bekannte Vorführtanz mit dem eigentlichen Volkstanz gar nichts zu tun.
Um den Volkstanz wieder zum festen Bestandteil der bayerischen Kultur zu machen, müssten die alten Tänze schon im Kindergarten vermittelt und im Schulunterricht ganz selbstverständlich eingeflochten werden. »Früher haben die Eltern die Tänze an die Kinder weitergegeben. Heute müssten das Kindergarten und Schule übernehmen«, glaubt Tessaro. Doch dafür müsste das traditionelle Tanzen im Lehrplan verankert werden, und bis dahin sei es noch ein langer Weg. »Aber ich arbeite daran, ich habe noch nicht aufgegeben.«
AJ
47/2003