Jahrgang 2013 Nummer 17

Kaiser Konstantin war ein Siegertyp

Eine Ausstellung in der Staatlichen Münzsammlung München

Das früheste bildliche Zeugnis für Konstantins Hinwendung zum Christentum, die Münze mit dem Christuszeichen am Helmbusch des Kaisers.
Die Schlacht an der Milwischen Brücke, Gemälde von Raffael.
Konstantinporträt auf einer Münze.
Münze mit dem Christogramm als Feldzeichen.

Vor 1700 Jahren gewährte Kaiser Konstantin den Christen in seinem Reich die gleichen Rechte wie den heidnischen Kulten. Die Verfolgungsdekrete wurden aufgehoben, den Christen die uneingeschränkte Ausübung ihres Glaubens gestattet. Mehr noch: Sie erhielten alle kirchlichen Gebäude und das gesamte beschlagnahmte Eigentum zurück. Die fast 300 Jahre dauernde Unterdrückung des Christentums war zu Ende.

Die Staatliche Münzsammlung München besitzt einen einzigartigen Münzschatz: Ein Silbermedaillon aus dem Jahre 313, das weltweit nur noch in drei Exemplaren vorhanden ist. Es zeigt den römischen Kaiser Konstantin den Großen mit Panzer und Helm, seine Rechte hält ein Pferd am Zügel, vor der linken Schulter ist ein Schild mit der römischen Wölfin, daneben ein Kugelzepter. Am Federbusch des Helms befindet sich eine Scheibe mit dem Christogramm, den griechischen Buchstaben X und P, die Abkürzung für Christus und das Erkennungszeichen der Christen.

Das Medaillon ist das früheste bildliche Zeugnis für Konstantins Hinwendung zum Christentum. Es bildet auch den Mittelpunkt der Ausstellung »Konstantin 312«, die bis 30. September in der Staatlichen Münzsammlung in München zu sehen ist. Über 150 Münzen und Medaillen dokumentieren den hohen Stand der römischen Münzprägung, Texttafeln und ein reich illustrierter Katalog erläutern den politischen und kulturellen Hintergrund der Epoche.

Am 28. Oktober 312 besiegte das Heer Konstantins vor den Mauern Roms an der Milwischen Brücke die Truppen seines Rivalen Maxentius. Und zwar im Zeichen des Christengottes, das nach der Überlieferung als Feldzeichen dem Heer vorangetragen wurde und auf den Schilden der Soldaten aufgemalt war. Dieser Sieg bewog Konstantin zur totalen Kehrtwendung seiner Religionspolitik. Er wurde vom Verfolger zum Förderer der christlichen Religion und vollzog eine neue Weichenstellung der weströmischen und der byzantinischen Geschichte.

Nach dem Geschichtsschreiber Lactanz hatte Konstantin vor der Entscheidungsschlacht gegen Maxentius eine Vision. Er sah um die Mittagszeit am Himmel neben der Sonne das aus Lichtstrahlen gebildete Christuszeichen und las daneben die Worte »In hoc signo vinces – in diesem Zeichen wirst du siegen.« Konstantin, der wie sein Vater ein Anhänger des Sonnenkults war, konnte die Erscheinung zunächst nicht deuten. Doch in der folgenden Nacht gebot ihm der Christengott im Traum, das am Himmel geschaute Zeichen dem Heer vorantragen und auf den Schilden seiner Soldaten aufmalen zu lassen.

Sowohl Konstantin wie Maxentius sahen dem Ausgang der Schlacht hoffnungsvoll entgegen. Maxentius verfügte über ein doppelt so starkes Heer wie sein Gegner, und seine Priester hatten ihm auf Grund positiver Vorzeichen den Sieg vorhergesagt. Konstantin setzte auf die Hilfe des Christengottes und war ebenfalls vom Sieg überzeugt. Es kam zu einem äußerst erbitterten Ringen. Maxentius überschritt mit seinem Heer die Milwische Brücke, warf sich selbst in das Kampfgetümmel und gab den Befehl, die Brücke hinter seinem Heer abzubrechen, um jeden Gedanken an einen Rückzug zu unterbinden. Doch Konstantin gelang es, den Gegner zurückzuschlagen, es entstand ein unbeschreibliches Durcheinander. Beim Versuch, ihr Leben zu retten, ertranken viele der, mit schwerem Panzer ausgerüsteten, feindlichen Soldaten in den Fluten, unter ihnen auch Maxentius.

Für Konstantin stand fest, dass er den Sieg einzig und allein dem Christengott zu verdanken hatte und er bekannte sich fortan in aller Öffentlichkeit als Christ. Bei seinem Siegeseinzug in Rom brachte er am Kapitol dem Staatsgott Jupiter nicht das übliche Dankopfer dar. Künftig entfiel auch bei allen Staatsakten die für den Kaiser obligatorische Verehrung der heidnischen Gottheiten, sehr zum Missfallen vieler Römer. Stattdessen begünstigte Konstantin die Christen. Zum Dank für den göttlichen Beistand im Kampf gegen Maxentius gab er in Rom den Bau der ersten Bischofskirche in Auftrag, die fünfschiffige Lateranbasilika, »die Mutter aller Kirchen«.

Es war immer schon klar, dass Konstantins Übertritt zum Christentum nicht nur eine Sache der persönlichen Überzeugung gewesen ist, sondern auch politischen Erwägungen entsprang. »Das in den vergangenen Jahrzehnten aus den Fugen geratene Reich bedurfte eines neuen und stärkeren Bindemittels, als es die verbrauchten Überlieferungen der Vergangenheit waren. In der christlichen Kirche bot es sich dar. An keine Grenzen, keine Unterschiede von Land und Volk gebunden, Ost und West in gleicher Weise umfassend, dabei erfüllt von einer lebendigen Überzeugung, die auch Leiden und Tod nicht scheute, konnte der christliche Glaube für den dringend notwendigen Neubau des weltumspannenden Reichs die stärkste Klammer der Einheit werden. Wenn Staat und Kirche sich verbanden, ineinander aufgingen, so war beiden die Fortdauer nach menschlichem Ermessen gesichert.« (Johannes Haller).

Das Kriegsglück, das Konstantin auf den von ihm verehrten Christengott zurückführte, blieb ihm sein Leben lang treu. Er war ein Siegertyp und in der Wahl der Mittel nicht zimperlich, wenn es um den Erhalt der Macht ging. Als schließlich sogar der oströmische Kaiser Licinius besiegt war, hatte Konstantin den Höhepunkt seiner Macht erklommen und herrschte über den gesamten, damals bekannten Erdkreis. Das alte Byzanz wurde die neue Hauptstadt und nach ihm Konstantinopel benannt. Seine Prachtbauten erinnern bis heute an den ruhmreichen Kaiser.

Konstantins Sympathie für die Kirche kam in vielen Vergünstigungen zum Ausdruck: Der Klerus wurde von öffentlichen Dienstleistungen befreit, die bischöfliche Schiedsgerichtsbarkeit anerkannt, das Asylrecht von den Tempeln auf die Kirchen übertragen, Gladiatorenkämpfe und die Strafe der Kreuzigung abgeschafft. Außerdem bestimmte er den christlichen Sonntag zum allgemeinen Feiertag.

Das Wohlwollen des Kaisers für die Christen hatte jedoch auch seinen Preis. Konstantin scheute sich nicht, massiv in die Entscheidungsprozesse der Bischöfe einzugreifen, auch in dogmatischen Fragen. Die enge Verbindung von Thron und Altar, die im ersten Überschwang der Dankbarkeit von der Kirche begrüßt wurde, sollte sich später als schwere Belastung herausstellen und zu einer Quelle vieler Konflikte werden.


Julius Bittmann

 

17/2013