Otto (= Hüter) wurde um das Jahr 1061 in Schwaben geboren. Seine Eltern, Graf Berthold und dessen Gemahlin Sophie, waren wenig bemittelt. Als sie starben, wusste Otto nicht, wie er seine Studien fortsetzen könnte. Er ging nach Polen, erlernte die Landessprache, gab Unterricht und kam an den herzoglichen Hof. Der Herzog schickte ihn als Gesandten an den deutschen Kaiser Heinrich IV. Dieser behielt den gelehrten Priester bei sich, ernannte ihn zu seinem Hofkaplan und 1102 zu seinem Reichskanzler. Im nämlichen Jahre übertrug ihm der Kaiser das Bistum Bamberg. Da aber der unselige Investiturstreit zwischen Kaiser und Reich noch fortdauerte, so nahm Otto das hohe Amt ungern an und mit dem Vorsatze, vom Bistume zurückzutreten, wenn ihn der Papst nicht bestätigen würde. In Bamberg wurde der Heilige freudigst und ehrenvollst empfangen. Sogleich schrieb er an Papst Paschalis II. und trug ihm sein Anliegen vor. Der Papst berief ihn zu sich nach Rom. Otto legte Ring und Stab, womit ihn der Kaiser belehnt hatte, zu Füßen des heiligen Vaters nieder und erwartete die Entscheidung. Diese fiel so aus, dass er auf das Bistum verzichten musste. Aber der Papst besann sich eines andern, berief ihn zurück und weihte ihn selbst zu Anagni 1106 zum Bischof. Der heilige Bischof gründete viele Kirchen und Klöster und unternahm zweimal eine Missionsreise nach Pommern; es gelang ihm, fast das ganze Volk zum Christentume zu bekehren. Reich an Verdiensten starb der Heilige den 30. Juni 1139 und wurde nach seinem Wunsche in der St. Michaelskirche zu Bamberg begraben. Seine Heiligsprechung erfolgte 1189 durch Papst Clemens III. In der Erzdiözese Bamberg wird das Fest des heiligen Otto am 30. September gefeiert.
Lehre. Die Glaubensverkünder schätzen das Gut des Glaubens ungemein hoch und teilen es deshalb anderen mit. Das Glück, Christ zu sein, ist ein großes. Der heilige Hieronymus sagt: »Die Christen sollen den Himmel lieben – und nicht die Erde; dem Worte Gottes mehr gehorchen als dem Teufel; das ewige Gericht mehr fürchten, als jenes der Menschen«.
Kirchengebet. Wir bitten dich, allmächtiger Gott! verleihe, dass die ehrwürdige Feier deines heiligen Bekenners und Bischofs Otto die Andacht in uns vermehre und das Seelenheil befördere. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
39/2017