Papst Paul V. nennt den heiligen Karl Borromäus in der Heiligsprechungsbulle einen »Märtyrer der Liebe, ein leuchtendes Muster für Hirten und Schafe, einen Engel in Menschengestalt«. Obwohl erst zweiundzwanzig Jahre alt, wurde Karl, ein Sohn des Grafen Gilbert Borromäus von Arona, von Pius IV., dem Bruder seiner Mutter Margaretha von Medici, zum Kardinal und ein Jahr später (1560) zum Erzbischof von Mailand erhoben. Manche spotteten über diese Bevorzugung des jugendlichen Neffen, aber derselbe zeigte sogleich alle Tugenden, die einem so hohen Kirchenfürsten geziemen, in hohem Glanze. In seinem erzbischöflichen Palaste führte er die strengste Ordnung ein, die Einkünfte des Bistums verwendete er auf das gewissenhafteste, und getreu erfüllte er die Pflichten als Oberhirte. Er predigte selbst alle Sonn- und Festtage in der Domkirche, reiste jedes Jahr drei Monate lang in seiner Diözese herum und visitierte selbst die höchsten Alpengemeinden. Seine Mildtätigkeit gegen die Armen war so groß, dass er ihnen nicht nur einen beträchtlichen Teil seines Einkommens, sondern auch sein ganzes elterliches Vermögen opferte. Dabei lebte er selbst sehr streng, – galt er doch als der strengste Mann seiner Zeit – fastete oft bei Wasser und Brot, trug rauhe Bußkleider und opferte sich ganz für seine Diözese. Am großartigsten erschien seine Nächstenliebe bei der Pest, welche im Jahre 1576 Mailand verheerte. Er eilte von einer fernen Visitation eigens nach Hause, besuchte alle Pestkranken in ihren Wohnungen und auf den Straßen, hörte ihre Beichte, reichte ihnen das heilige Abendmahl und spendete ihnen die letzte Ölung; um für ihren leiblichen Unterhalt zu sorgen, entblößte er sich selbst von allem, ja er ließ sogar sein Bett ins Spital tragen und schlief auf Brettern.
Lehre. Karl betrachtete gern das Leiden Christi und sagte: »Selig jene, die das Leiden Jesu fortwährend betrachten könnten. Ich glaube, es wäre unmöglich, dass sie sündigten«. Benütze diese Arznei gegen die Sünde.
Gebet. Beschirme, o Herr, deine Kirche mit dem beständigen Schutze deines heiligen Bekenners und Bischofes Karl, damit wie seine Hirtensorgfalt glorwürdig machte, so seine Fürbitte uns stets in deiner Liebe glühend erhalte. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
44/2017