Heiliger Goar, Priester und Einsiedler
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Goar (= sehr gut) war aus einer vornehmen Familie in Aquitanien (Frankreich) um 495 geboren. Als Priester arbeitete er rastlos am Heile der Seelen, verließ dann seine Heimat und begab sich an den Rhein, wo er mit Erlaubnis des Bischofs von Trier sich eine Klause und Kapelle erbaute. Der heilige Eremit beherbergte Fremde in liebevoller Weise und verkündete ihnen das Wort Gottes, um sie zu einem tugendhaften Leben zu erwecken. Seine Bemühungen brachten reichliche Frucht. Jedoch nicht alle waren dankbar. Die Güte des Heiligen wurde oft missbraucht. Ja selbst die schändlichsten Anklagen wurden gegen ihn erhoben; er ward ein Heuchler und Schwelger genannt. Es sollte auch ein dreijähriges, ausgesetztes Kind gegen ihn Zeugnis geben. Gott aber nahm sich der Tugend des Heiligen an – und wunderbar sprach jenes Kind dessen Unschuld aus und nannten den Schuldigen, welcher hierdurch so beschämt wurde, dass er sein hohes Amt niederlegen musste. Der Ruf von der Heiligkeit Goars bewog den König Siegebert von Austrasien, ihm das Bistum Trier anzutragen. Aber dieser weigerte sich beharrlich. Als alle seine Bemühungen nichts halfen, bat er Gott, ihm eine Krankheit zu schicken. Der Heilige wurde wirklich von einer Krankheit befallen, die ihn langsam dem Tode nahe brachte. Ausgezeichnet durch die Gabe der Wunder und Weissagung und so viele Tugenden, entschlief er im Herrn den 6. Juli 575. Er gab der Stadt St. Goar Entstehen und Namen. Der Heilige ist Schutzpatron der Hafner.
Lehre. Bei Erweisung von Gastfreundschaft und anderer Wohltaten ist allerdings Vorsicht anzuwenden. Wird man auch manchmal getäuscht und erntet Undank, so tröste man sich damit, dass Gott die edle Absicht und das gute Werk umsomehr belohnt, und lasse sich nicht abhalten, Gutes zu tun.
Kirchengebet: O Gott, der du aus übergroßer Güte deine Kirche mit den Verdiensten des herrlichen Tugendbeispieles deines heiligen Dieners Goar geschmückt und durch glorreiche Wunder erfreut hast: verleihe uns, deinen Dienern, dass wir durch sein Beispiel uns bessern und durch seinen Schutz von allen Widerwärtigkeiten befreit werden. Amen.
Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
27/2013