Jahrgang 2017 Nummer 42

Heilige Ursula, Jungfrau und Martyrin

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Der Hunnenkönig Attila hatte bei Chalons in Frankreich eine große Niederlage erlitten und musste mit dem Reste seiner Horden den Rückzug antreten. Aus Hass gegen die Christen griff er die Stadt Köln an, eroberte sie und wütete mit Raub und Mord. Dort waren die heilige Ursula und elftausend Jungfrauen aus Britannien (England) auf Schiffen angekommen und hatten Zuflucht gefunden. Sie hatten sich vor den einfallenden Angelsachsen geflüchtet, nachdem ihre Väter und Brüder im Kampfe gefallen waren. Die königliche Prinzessin Ursula wurde von allen als Führerin und Gebieterin anerkannt. Es fanden sich auch Männer bei ihnen, was erklärlich ist, da die Schiffe Ruderer benötigten. An die Flucht war nicht mehr zu denken. Daher bereiteten sich die christlichen Jungfrauen zum Tode, den sie lieber erwählten, als sich den Barbaren preiszugeben. Die heilige Ursula munterte alle zur Standhaftigkeit auf. Die Hunnen fielen über sie her, ergrimmten über ihren Widerstand und töteten die einen mit Schwertern, die anderen mit Pfeilen, wieder andere mit Prügeln. Nach gewöhnlicher Annahme wurde die heilige Ursula mit Pfeilen erschossen. Die heilige Cordula hatte sich in einem Schiffe verborgen, kam den anderen Tag hervor und wurde ebenfalls des Martyriums teilhaftig. Dies geschah im Jahre 451. Nachdem die Barbaren abgezogen waren, sammelten die übrig gebliebenen Bewohner der Stadt die heiligen Leiber und bestatteten sie ehrerbietig. Später wurden die heiligen Gebeine erhoben und in einer herrlichen Kirche beigesetzt. Viele Reliquien kamen an andere Orte. Der Ehrentag der heiligen Ursula und ihrer elftausend Gefährtinnen ist der 21. Oktober und jener der heiligen Cordula der 22. Oktober.

Lehre. Wenn die Jungfräulichkeit schon an sich hochgepriesen wird, so wird ihr Wert erhöht durch das Martyrium, von welchem der heilige Cyprian schreibt: »Das Martyrium hat eine unschätzbare Herrlichkeit, ein unendliches Maß, einen makellosen Sieg, eine geadelte Tugend, einen unvergleichlichen Ehrentitel, einen unbegrenzten Triumph«.

Kirchengebet. Wir bitten dich, o Herr, unser Gott! verleihe uns, dass wir den Triumphzug deiner heiligen Jungfrauen und Martyrerinnen Ursula und ihrer Genossinnen stets andächtig feiern: damit wir jene, die wir nicht würdig genug preisen können, wenigstens in demütiger Andacht verehren. Amen.

 

Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.

 

42/2017