Jahrgang 2017 Nummer 38

Heilige Thecla, Jungfrau und Martyrin

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Thecla (= die Bewährte) war die Tochter eines angesehenen Bürgers zu Iconium in Kleinasien und wurde durch die Predigten der Heiligen Paulus und Barnabas für den heiligen Glauben gewonnen und für die Jungfräulichkeit begeistert. Diese fromme Jungfrau verwendete ihren großen Schmuck und alle Edelsteine zu guten Werken. Auch erkaufte sie sich vom Gefängniswärter die Erlaubnis, den heiligen Apostel Paulus besuchen und ihm Erquickungen bringen zu dürfen. Ein reicher und angesehener Jüngling wollte die edle Jungfrau heiraten. Sie schlug die Ehe aus. Dafür nahm derselbe schreckliche Rache. Ohne Zweifel klagte er Thecla als Christin an, um sie zu verderben. Im Amphitheater wurde die Heilige Löwen überlassen; dieselben aber kauerten sich vor ihr nieder und leckten ihre Füße. Dann wurde sie zum Feuertode verurteilt; auch aus dieser Qual befreite sie der Herr wunderbar. Sie wurde grausigen und giftigen Schlangen preisgegeben; doch diese tötete der Blitz – und Thecla entkam. Mit Recht wird sie als Martyrin verehrt; denn wiewohl sie gegen Ende des 1. Jahrhunderts im 90. Lebensjahre zu Seleucia im Frieden starb, so hatte sie wenigstens dem Geiste nach sogar dreimal den Martyrertod auf sich genommen. Über ihrem Grabe wurde eine herrliche Kirche erbaut. Viele Gläubige wallfahrteten dorthin.

Lehre. Der heilige Cyprian sagt so schön: »Das Haus unserer Seele verdient die vorzüglichere Ausschmückung, wo sich der Herr wie in seinem Tempel niederlässt und der heilige Geist seinen Wohnsitz errichtete. Dieses Haus wollen wir mit den lieblichen Farben der Unschuld ausmalen und mit dem Lichte der Gerechtigkeit erhellen ... Dieses innere Gotteshaus behält immer seine lebendige Schönheit, seine unveränderte Zierde und seinen stets andauernden Glanz. Es kann nicht eingerissen, nicht zerstört, sondern bei der Wiederannahme des Leibes nur glänzender und durchaus vollkommen werden«.

Kirchengebet. Wir bitten dich, allmächtiger Gott! verleihe uns, die wir das Andenken deiner heiligen Jungfrau und Martyrin Tecla feiern, dass wir bei ihrem jährlich wiederkehrenden Feste für die wahre himmlische Wonne stets empfänglicher und zur Nachahmung ihres heldenmütigen Glaubens immermehr entzündet werden. Amen.

 

Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.

 

38/2017