Jahrgang 2014 Nummer 26

Heilige Potamiäna, Jungfrau und Martyrin

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Potamiäna empfing von ihrer Mutter Marcella zu Alexandria den ersten Unterricht und wurde vom berühmten Drigines weiter ausgebildet. Sie hatte große körperliche Vorzüge. Deshalb wollte sie ihr Herr, ein wollüstiger Heide, dessen Sklavin sie geworden war, zum Bösen verleiten. Die fromme Jungfrau wies ein solches Ansinnen entrüstet ab. Voll Grimm und in der Erwartung, sie mürbe zu machen, überlieferte der Gottlose die edle Potamiäna als Christin dem Statthalter Aquila. Als die Überredungskünste nichts fruchteten, ließ dieser sie foltern und drohte ihr, sie wilden Soldaten preiszugeben und zu Tode peinigen zu lassen: entkleidet sollte sie in einen Kessel mit siedendem Pech geworfen werden. Die Heilige bat inständig, er möge ihr die öffentliche Beschämung nicht zufügen, sondern sie mit den Kleidern in den Kessel tauchen lassen. Diese Bitte wurde ihr gewährt. Auf dem Todesgange wollten gemeine Menschen die sittsame Jungfrau verunzieren und sprachen die schändlichsten Worte aus. Aber der sie begleitende Soldat Blasilides stieß die Ruchlosen zurück und beschützte sie. Zum Danke hierfür erflehte ihm die Heilige die Doppelgnade des Glaubens und Martyriums von Gott. Hierauf wurde die heilige Martyrin samt den Kleidern in den Kessel eingetaucht, und als sie bis zum Haupte vom siedenden Peche umflossen war, gab sie ihren Geist auf. Zu gleicher Zeit wurde ihre Mutter Marcella verbrannt den 28. Juni 202 unter Kaiser Alexander Severus.

Lehre. Die Kleidung dient zur Unterscheidung des Geschlechtes und Standes und zum Schutze gegen die Witterung. Mehrere Stände haben eine eigene vorgeschriebene Kleidung. Aber gerade bei den Frauenspersonen ist der Standesunterschied in den Kleidern sehr wenig bemerkbar, und wird diese nur zu sehr zur Hoffart und Eitelkeit missbraucht.

Gebet. O allmächtiger Gott! der du deine heilige Dienerin Potamiäna zur Bewahrung ihrer Jungfräulichkeit und zur Standhaftigkeit im Martyrium gestärkt hast: verleihe allen, deren Tugend in Gefahr ist, den mächtigen Beistand deiner Gnade, dass sie bereit seien, lieber zu sterben, als die Reinheit und dich zu verlieren. Amen.

 

Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.

 

26/2014