Jahrgang 2016 Nummer 51

Heilige Olympias, Witwe und Diakonissin

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Olympias (= Olympiades, das heißt himmlisch) war das einzige Kind eines unermesslich reichen, aber heidnischen Vornehmen zu Konstantinopel, 368 geboren. Nach dem Wunsche ihres Oheims vermählte sich Olympias 384 mit Nebridius, der bald darauf Präfekt der Hauptstadt wurde. Es wird berichtet, sie hätten enthaltsam im Ehestande gelebt. Nach 20 Monaten war Olympias Witwe – und bei den glänzendsten Aussichten wollte sie in ihrem Palaste wie eine Arme Christin leben. Als Kaiser Theodosius I. sie mit seinem Neffen vermählen wollte und eine abschlägige Antwort erhielt, entbrannte er in heftigen Zorn gegen sie und ließ ihr ganzes Vermögen in Verwahrung nehmen. Die Heilige ertrug dies und dankte ihm sogar dafür in einem Schreiben. Der neue Präfekt behandelte sie hart. In allen Widerwärtigkeiten sah Olympias das Kreuz, welches die Nachfolge Christi mit sich bringt. Wer ihr Vorwürfe machte, dem dankte sie. Wer sie quälte, für den betete sie. Wer ihr übel wollte, den liebte sie. Ihre Sanftmut war unüberwindlich. Nie hörte man aus ihrem Munde ein Wort gegen die Nächstenliebe. Nie sah man an ihr eine Regung der Eitelkeit und des Hochmutes. Nach einigen Jahren gab ihr der Kaiser, gerührt von der Kunde über ihr heiliges Leben, die Freiheit und das ganze Vermögen zurück. Nun gründete und beschenkte Olympias Kirchen, Klöster, Spitäler; unterstützte die Verbannten, kaufte Sklaven los; gab Bischöfen große Summen für ihre Kirchen und Diözesen, half den Armen und Bedrängten. Der heilige Patriarch Nectarius weihte sie deshalb ungeachtet ihrer Jugend zur Diakonissin. Jetzt übte die Heilige noch eifriger die Werke der leiblichen und geistlichen Barmherzigkeit. Wegen ihrer Anhänglichkeit an den heiligen Patriarchen Johannes Chrysostomus wurde die heilige Olympias vor Gericht gestellt, ungerecht verurteilt und mit schwerer Geldstrafe belegt, ja sogar nach Cyzicus verbannt. Im Jahre 410 erhielt die heilige Olympias den himmlischen reichen Lohn. Ihr Verehrungstag ist der 17. Dezember.

Lehre. Der heilige Bernard sagt: »Unsere (guten) Werke vergehen nicht, wie es scheinen möchte, sondern das Zeitliche ist der Same für die Ewigkeit«.

Gebet. O Gott, gewähre uns durch die Fürbitte deiner heiligen Dienerin Olympias die Gnade, dass wir allen Stolz fliehen und uns der Demut und guter Werke befleißigen. Amen.


Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.

 

51/2016