Heilige Milburgis, Abtissin
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Milburgis war eine Tochter des Königs Merwald von Mercien in England. Auch ihre Mutter Ermenburgis und ihre Schwestern Mildreda und Milgitha wurden Heilige. Die Prinzessin fand am äußeren Schmucke kein Wohlgefallen; nur innerlich, vor Gott wollte sie schön und geschmückt sein. Alle Weltfreuden erachtete Milburgis für nichts. Sie ging in das Kloster Wenloch, stellte sich unter die geistige Leitung des Erzbischofes Theodor von Canterbury und legte in dessen Hände die Gelübde ab. Einst reiste ihr ein königlicher Prinz in eine Villa (Landhaus) nach, der sie durchaus als Braut wollte. Um seiner Zudringlichkeit zu entgehen, eilte sie an das andere Ufer eines seichten Baches; als ihr jener auch dorthin folgen wollte, schwoll plötzlich auf ihr Gebet der Bach heftig an, und sie blieb unbelästigt. Die Heilige untersagte mit Erfolg den Wildgänsen, auf den Grundstücken des Klosters zu weiden, erweckte den Sohn einer Witwe zum Leben und hing einmal ihren Schleier an einem Sonnenstrahle auf. Zur Abtissin erwählt, zeigte sie gleich Demut und Selbstverachtung. Bei ihrem Tode gab sie den Schwestern noch eine schöne Mahnung und munterte sie auf, Frieden und Reinheit des Herzens zu bewahren: Denn nur auf solchem Grunde könne die christliche Frömmigkeit wurzeln und gedeihen. – Ihre reine Seele ging in die ewige Herrlichkeit ein am 23. Februar 722. Ihr heiliger Leib wurde 1101 wieder aufgefunden und feierlich erhoben, wobei mehrere Wunder geschahen.
Lehren: Die heilige Milburgis drang so sehr auf Frieden und Reinheit des Herzens. Weil die Orden selbstverständlich ihre Mitglieder immer wieder aus der Welt ergänzen, so kommt alles darauf an, nur gut erzogene, gut geartet, willige, bescheidene und aufrichtige Personen zu gewinnen. Die Klöster sind eben Pflanzstätten der Tugenden, und sollen alle Bewohner derselben Ein Herz und Eine Seele sein. Um dieses edle Ziel zu erreichen, müssen die Ordenskandidaten und Kandidatinnen jene Eigenschaften mitbringen, welche zu guten Erwartungen berechtigen.
Gebet. O Gott, der du deiner heiligen Dienerin Milburgis die Erkenntnis der Eitelkeit alles Irdischen und große Demut verliehen hast: gewähre besonders allen Frauenspersonen Einsicht und Gnade, dass sie die Eitelkeit fliehen und die Schönheit der Seele bewahren. Amen.
Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
8/2013