Heilige Juliana, Jungfrau und Martyrin
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Juliana (= Jugendlich) wurde schon mit 9 Jahren von ihrem heidnischen Vater zu Nicomedia in Kleinasien mit dem Senator und späteren Präfekten Epilasius verlobt. Mit der Zeit drang dieser auf die Verehelichung. Die Jungfrau war heimlich Christin geworden und erklärte, sie wolle ihn nur dann zum Manne nehmen, wenn er Christ würde. Christ, entgegnete er, könne er nicht werden, da ihn sonst der Kaiser Maximilian töten würde. Juliana weigerte sich nun durchaus. Der Vater wendete vergebens alles an, ihren Entschluss zu ändern, und überließ sie ganz dem Präfekten. Dieser gab Versprechungen, sprach Drohungen aus, und weil die Heilige nicht einwilligte, schritt er zur Gewalt. Sie wurde entkleidet, auf den Boden gelegt und mit Ruten geschlagen; dann sechs Stunden lang an den Haaren aufgehängt belassen, mit flüssigem Erze am ganzen Leibe übergossen; es wurde ihr auch noch ein Eisen durch die Hüften gestoßen; hierauf ward sie in den Kerker geführt. Die Heilige bat Gott, ihre Schmerzen zu mildern und ihr den bösen Geist überwinden zu helfen, der sie zum Abfalle vom Glauben verleiten wollte. Gott erhörte ihr Gebet. Darum wird sie abgebildet, wie sie den Teufel an einer Kette hält. Neuerdings verhört, ward Juliana auf ein mit eisernen Spitzen versehenes Rad geflochten und herumgedreht, während unten Feuer brannte, sodass aus ihren Gebeinen das Mark träufelte. Die Heilige blieb standhaft, betete – und ein Engel befreite und heilte sie wieder. Das dritte Mal verhört, ward die Martyrin abermals in das Feuer und dann in einen Kessel mit siedendem Blei geworfen – und weil sie unversehrt blieb, enthauptet den 16. Februar 304.
Lehre. Die heilige Juliana wurde von der Mutter verlassen und vom Vater zu einer ungeeigneten Ehe gedrängt und dann preisgegeben. Welche Verantwortung haben Eltern, die nicht das Seelenheil ihrer Kinder, sondern nur zeitliche Vorteile im Auge haben und sie zu einem Stande zwingen wollen, der ihnen nicht bestimmt und daher Gott missfällig ist!
Gebet. Gewähre uns, o Herr! durch die Fürbitte deiner heiligen Jungfrau und Martyrin Juliana deine helfende Gnade, dass wir jede Versuchung des bösen Geistes sogleich als solche erkennen, verabscheuen und überwinden und nicht von dir geschieden werden. Amen.
Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
7/2013