Heilige Dorothea, Jungfrau und Martyrin
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Dorothea (= Geschenk Gottes), eine reiche und vornehme Jungfrau zu Cäsarea in Kleinasien, leuchtete derart durch Tugend, Weisheit, Glaubenseifer und Anmut, dass sie der Statthalter Capricius vor seinen Richterstuhl forderte. Die Heilige blieb standhaft und wurde gefoltert; sie verlangte Beschleunigung der Qualen, damit sie um so eher zur Anschauung desjenigen käme, dem zuliebe sie keine Qual, auch nicht den Tod scheue; denn »er ladet uns ein zum Paradiese seiner Wonne, wo die Gärten immerdar von köstlichen Früchten prangen, wo die Lilien allezeit in blendendem Schmucke erscheinen, wo die Rosen blühen . . . und die Seelen der heiligen in Christo selige Wonnen genießen«. Nun wurde sie den abgefallenen Schwestern Christa und Callista übergeben, um sie ebenfalls abtrünnig zu machen. Dorothea aber bekehrte die beiden, sodass sie sogar das Martyrium bestanden. Die Heilige wurde abermals gefoltert; und weil eine unaussprechliche Freude aus ihrem Angesichte leuchtete, wurden ihre Seiten mit brennenden Fackeln verzehrt, und sie ward mit Fäusten ins Antlitz geschlagen. Auf dem Gange zur Richtstätte ersuchte sie höhnisch der Notar Theophilus, ihm doch auch von den schönen Rosen und Äpfeln zu schicken, die sie im Garten ihres Liebsten pflücken würde. Die Heilige versprach es. Auf dem Richtplatze trat ein Knabe (Engel) zu ihr mit drei herrlichen Rosen und drei Äpfeln in einem Körbchen, welche derselbe auf ihre Bitte dem Teophilus brachte. Hierdurch wurde dieser erschüttert, ward Christ und Martyrer. Die heilige Dorothea wurde endlich enthauptet den 6. Februar 300. Deren Reliquien ruhen in der Kirche ihres Namens in Rom.
Lehre. Möchte doch kein Sünder an seinem Heile verzweifeln. Die heilige Dorothea ermunterte die abgefallenen Christa und Callista zur Bekehrung und Buße mit bestem Erfolge. Verrichten auch wir für die Bekehrung der Sünder das Gebet dieser heiligen Martyrin.
Gebet. »Herr Jesus, der du gesagt hast, dass über einen Sünder, der Buße tut, größere Freude im Himmel sei, als über 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen: Erzeige deine große Barmherzigkeit diesen Unglücklichen hier (Christa und Callista), die der böse Feind dir entrissen hat. Führe diese verirrten Schafe wieder zu deiner Herde zurück und gib deine Gnade, dass durch ihr Beispiel auch alle, die von ihr abgewichen sind, sich wieder zu dir wenden mögen. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
6/2016