Heilige Bathildis, Königin und Klosterfrau
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Bathildis (= kühn, mutig), in England geboren, kam durch feindliche Einfälle schon in früher Jugend in Gefangenschaft und wurde an einen fränkischen Edelmann als Sklavin verkauft. Ihre Klugheit und Tugenden verschafften ihr die größte Achtung und volles Vertrauen ihres Herrn, und sie erhielt die Besorgung des ganzen Hauswesens. Bathildis blieb aber gleich demütig und diensteifrig gegen ihre Mitdienstboten. Der Ruf ihrer trefflichen Eigenschaften drang bis zum König Dagobert, und sie wurde die Gemahlin seines Sohnes Chlodwig II. (649) zu allgemeiner Freude. Auch als Königin wurde sie nicht übermütig. Ihre drei Söhne kamen nacheinander auf den Thron. Nach dem Tode ihres königlichen Gemahls führte Bathildis die Regentschaft für ihren minderjährigen Sohn Clothar III., regierte mit großer Weisheit und Kraft, hob die Leibeigenschaft auf, bewahrte den Frieden, stiftete viele Klöster und Spitäler. Als ihr Sohn die Herrschaft antreten konnte, zog sie sich in das Benediktinerinnenkloster Chelles bei Paris zurück, das auch sie gegründet hatte, und lebte als einfache Nonne bis zu ihrem Tode den 26. Januar 670. Ihre heiligen Reliquien wurden 833 in die Kirche unserer lieben Frau zu Paris übertragen. Frankreich feiert ihr Andenken am 30. Januar.
Lehre. Die heilige Bathilde ist ein herrliches Beispiel wahrer Demut. Sie stieg von Stufe zu Stufe hoch empor und blieb gleich bescheiden und liebevoll. Wie häufig macht eine Standeserhöhung hochmütig, wegwerfend, hart, gefühl- und lieblos! Ja selbst einfache Personen wollen sich manchmal nicht mitsammen vertragen, sind abstoßend, feindselig, nichts weniger als zuvorkommend. Man schämt sich auch oft des früheren geringeren Standes. Christus mahnt: »Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig vom Herzen«.
Gebet. O heilige Bathildis, die du stets gleich demütig und liebevoll gewesen bist: bitte für uns, dass auch wir gegen unsere Mitmenschen demütig und liebreich seien und die Versuchungen zur Eitelkeit, Selbstüberschätzung und Härte überwinden und hiedurch zu den ewigen Freuden zu Gelangen. Amen.
Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
4/2013