Heilige Anna, Mutter der seligsten Jungfrau Maria
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Anna (= Gnade, Anmut, Huld Gottes) wurde zu Bethlehem geboren. Mit 24 Jahren heiratete sie den heiligen Joachim, der zu Nazareth ein Haus und Besitztum hatte. Jährlich teilten sie ihren Besitz (Schafherden) in drei Teile: den ersten gaben sie in den Tempel, den zweiten an die Armen und vom dritten lebten sie selbst. Gott vermehrte immer wieder ihre Herden, weil sie so freigebig waren. Stets herrschte unter ihnen ungetrübter Friede. Weil sie aber nach 20-jähriger Ehe keine Kinder hatten, wies sie deshalb ein Priester vom Opfer zurück. Darum befiel sie große Betrübnis. Noch inniger wurde ihr Gebet zu Gott um ein Kind – und es ward erhört. Gott schenkte ihnen das heiligste Kind: die seligste Jungfrau Maria. Der heilige Erzengel Gabriel offenbarte der heiligen Anna die Erhörung ihres Gebetes und auch den Namen, welchen sie dem Kinde geben sollte. Bereits 44 Jahre alt, gebar die heilige Anna am 8. September die seligste Jungfrau Maria. Die Freude der Eltern war groß. Nach vier Jahren starb der heilige Vater Joachim. Die heilige Mutter Anna verschied in hohem Alter. Ihre Würde ist groß, weil sie die Mutter der Gottesgebärerin ist. Bei den Griechen wurde die heilige Anna schon früh verehrt. Erst Papst Gregor XIII. führte 1584 ihr Fest in der heiligen Kirche ein und bestimmte hiezu den 26. Juli, welcher nach der Überlieferung ihr Todestag ist. Viele Kirchen und Kapellen sind ihr geweiht. Auch entstanden Wallfahrtsorte zu ihrer Verehrung. Die heilige Anna ist Schutzpatronin der Arbeiter in Bergwerken und auch der gesegneten Frauen. Ihre rechte Hand wird zu Wien, und ihre linke zu Rom verehrt.
Lehre. Die heilige Anna betete 20 Jahre lang, bis sie erhört wurde. O Christ! sei beharrlich im Gebete und vertraue auf Gott. Der heilige Augustin sagt so schön: »Das Gebet ist der Grundpfeiler der heiligen Tugenden, die göttliche Leiter, der Genosse der Witwen, der Freund der Engel, die Grundfeste des Glaubens, die Krone der Mönche und die Stütze der Verehelichten«.
Kirchengebet. O Gott, der du dich gewürdigt hast, der heiligen Anna die Gnade zu verleihen, dass sie die Mutter der Gebärerin deines eingeborenen Sohnes zu werden verdient hat: gewähre gnädig, dass wir durch ihre Fürbitte bei dir Hilfe und Schutz erlangen, die wir ihr Fest feiern. Amen.
Die Texte unserer „Heiligen-Legende“ stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
30/2014