Jahrgang 2014 Nummer 35

Handwerk und Gewerbe in der ehemaligen Gemeinde Haslach

Die ältesten Niederschriften von 1810 und 1811 befinden sich im Staatsarchiv in München – Teil I

Der Haslacher Mühlenhof mit Mühle um 1900. Im Hintergrund der Ort Haslach.
Das Seiboldsdorfer Sägewerk (Postkarte um 1905/06). Im Bild links oben zu sehen ist die Villa Pauer (heute Haus Fakler) und Haus Reiterberger.
Der Haslacher Schmiedhof mit Schmiedewerkstätte. Die Schmiedemeistersfamilie Schwaiger mit Gesellen um 1912/13.
Die Bäckersfamilie Schreil um 1913.

Die ältesten Niederschriften über das Handwerk im Steuer- bzw. Gemeindebezirk Haslach finden sich in den Gewerbesteuerkatastern von 1810 und 1811 im Staatsarchiv München.

In Haslach gab es 1810 neben 54 landwirtschaftlichen Betrieben nur 14 Gewerbebetriebe bzw. Gewerbetreibende, die 23 fl 18 kr Gewerbesteuer an die Gemeinde zu zahlen hatten. Die Anzahl der Gewerbetreibenden stieg auch später nicht wesentlich, nur das Gewerbesteueraufkommen verdoppelte sich nach den Neufestsetzungen von 1825 und 1833 auf 54 fl. Um 1900 waren im Gemeindegebiet Haslach 36 Gewerbetreibende ansässig und zahlten 470 Mark Gewerbesteuer. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg stiegen die Zahlen an. 1951 gab es 45 Gewerbetreibende im Gemeindegebiet, 1978 stieg die Zahl auf 60. Zahlten sie 1951 13 000 DM Gewerbesteuer, so waren es 1978, im Jahre der Eingemeindung, schon 429 122 DM.

Die größten Betriebe im Gemeindegebiet waren 1810 die beiden Mühlen in Haslach und Seiboldsdorf. Ihre Gewerbesteuern waren gegenüber anderen Handwerksbetrieben recht hoch, so zahlte der Haslacher Müller Mathias Jochner für seine reale Müllersgerechtigkeit, die Mühle mit vier Gängen, 8 fl und 4 kr Nidlgeld, zudem 8 fl für das reale Sagrecht (Sägewerk) und dem Ölstampf. Die Haslacher Mühle kam um 1830 in die Hände von Mathias Jochner und später durch Einheirat in den Besitz von Mathias Helmberger. Dieser verkaufte das Anwesen 1878 an Josef und Therese Detl. Als Detl 1879 starb, heiratete die Witwe Johann Gfaller. Seit dieser Zeit ist die Mühle in vier Generationen im Besitz der Familie Gfaller. Die gleiche Gewerbesteuer wie die Haslacher Mühle zahlte 1810 auch die Seiboldsdorfer Mühle. Sie besaß zudem noch das Recht, Roggenbrot zu backen und das Walkrecht. Um 1830 kam die Mühle in den Besitz von Sebastian Gasteiger, der den zur Mühle gehörigen halben Ölstampf an den Traunsteiner Fragner Jakob Knoller verkaufte. 1878 wurde die Mühle versteigert, aber vom früheren Besitzer Karl Gasteiger wieder zurückersteigert. Ein Jahr später verkaufte Gasteiger das Anwesen an Stefan Woerle von Reichenhall. 1882 wurde das Wohnhaus mit Mühle und Walke abgebrochen und an gleicher Stelle ein größeres Wohnhaus mit eingebauter Käserei errichtet. Gleichzeitig entstand auch ein Papierherstellungsbetrieb, der nach fast 100-jährigem Bestehen 1978 wegen Unrentabilität eingestellt werden musste. Die Seiboldsdorfer Mühle wurde 1890 an Karl Stallechner verkauft, der das Sägewerksgebäude anbaute. 1918 wurde der Betrieb an Hans Metzger verkauft. Dieser wiederum verkaufte den Besitz 1936 an Franz Xaver Steber, dessen Nachkommen, die Familie Siemer, ihn noch heute besitzt. Das Sägewerk wurde inzwischen eingestellt und auf Holzhausbau umgestellt.

Schon 1760 erwähnte das Hofanlagebuch des Pfleggerichts Traunstein den Hufschmied Joseph Neumair »aufm Gasselgütl« in Einham. Neumair war es dann, der wenige Jahre später das heutige Schmiedanwesen in Einham erbaute und daneben eine Schmiede errichtete. 1810 zahlte er 2 fl Gewerbesteuer. Die Schmiede blieb bis 1847 in Einham. In diesem Jahr kaufte die Schmiedemeisterswitwe Maria Schwaiger von Einham ihrem Sohn Georg das Raisbergeranwesen in Haslach, wo dieser in zentraler Lage eine Schmiede errichtete. Der Schmiedhof in Einham wurde von da an nur mehr landwirtschaftlich genutzt. Die Familie Schwaiger, zuletzt Josef Schwaiger, betrieben die Schmiede in Haslach bis 1978.

Im heutigen Haus Schuhbeck in Haslach übte um 1810 Mathias Bachmair und später Josef Bachmair das Tischlerhandwerk aus. Als 1845 die Pfarrkirche erweitert und renoviert wurde, gestaltete der Tischler Josef Bachmair die beiden Seitenaltäre in der heutigen Form. 1880 wurde das Tischleranwesen an die Brauereibesitzerin Walburga Huber von Traunstein verkauft. Der Tischlereibetrieb der Familie Bachmair ging damit zu Ende.

In Haslach entstand um 1900 die Schreinerei des Mathias Brandmaier (später in der Wegscheid) und in Axdorf die Zimmerei Bachmayer, heute schon seit vier Generationen im Familienbesitz. In den letzten Jahren siedelte die Firma in das Bergener Gewerbegebiet aus. Seit 1945 betreibt auch die Firma Wernberger nach drei Generationen Josef Wernberger eine Zimmerei und Schreinerei, anfangs in Seiboldsdorf, heute in Haslach. Außerdem gab es noch die Schreinereien von Georg Bachmaier in Axdorf, des Mathias Prandtner in Haslach und des Bauunternehmers Schuhböck in Wegscheid. In Traundorf entstand 1963 die Schreinerei Geistanger und in Seiboldsdorf die Schreinerei bzw. die Ladenbaufirma Josef Ott, die in das Bergener Gewerbegebiet aussiedelte. Zudem errichtete Kurt Viehauser an der Mühwiese in Haslach eine maschinelle Schnitzerei.

Gegenüber der Schmiede in Haslach entstand 1889 die Wagnerei Zenz. Mit dem Tod des Wagnermeisters Bartholomäus Zenz nach dem Zweiten Weltkrieg ging auch das Handwerk des Wagners in Haslach zu Ende.

Um 1810 übten im Gemeindegebiet drei Schneider ihr Handwerk aus, der Haslacher Michael Zeller mit einer personalen Schneidergerechtigkeit, Thomas Einöder von Traundorf, ebenfalls mit einer personalen Schneidergerechtigkeit sowie Max Thaller von Axdorf, der zudem im Brodmannhäusl bis 1823 ein personales Brot- und Brandweinverkaufsrecht hatte. Zu gleicher Zeit hatte auch in Haslach der Mesner Storflinger, Besitzer des Mesner- und Lippengutes, das personale Brot- und Brandweinverkaufsrecht, das heißt, er hatte das Recht Brot zu verkaufen und Brandwein auszuschenken.

1862 errichtete Sebastian Gasteiger und seine Frau Therese die erste Krämerei in Haslach, im heutigen Haus Haistracher. Ihre beiden Töchter Therese und Maria Gasteiger betrieben den Laden bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 1903 entstand eine zweite Krämerei im ehemaligen Grazenhof. Die Besitzer Josef und Maria Blank verkauften das Haus 1912 an Rosa Mayr, diese verkaufte es 1918 an Sebastian und Mathilde Gfaller, die das Geschäft bis nach dem Zweiten Weltkrieg selbst betrieben und es dann an die Geschwister Holzner/Mayr verpachteten. In der Wegscheid entstand um die Jahrhundertwende die Krämerei der Amalie Starzer. Später erwarben Haus und Geschäft: 1919 Basil Weixler, 1919 Max Bayer, 1920 Georg und Maria Huber und 1922 Martin und Rosalie Polz. Ein zweites Geschäft errichteten in den 30er Jahren die Eheleute Valentin und Maria Steiner.

Die Roggenbrot-Bäckerei in der Seiboldsdorfer Mühle ging mit dem Abbruch der Mühle 1882 zu Ende. Nun gab es im ganzen Gemeindegebiet Haslach keine Bäckerei mehr. Erst 1890 baute der Grazenbauerssohn Georg Jochner ein Wohnhaus mit einem eingebauten Backofen und betrieb eine Bäckerei. Ihm folgten später die Familien Streitwieser, Lahr und Schreil bzw. Karl. Um 1900 erhielt auch die Wegscheid eine Bäckerei. Engelbert Stöger war der erste Besitzer. 75 Jahre lang wurde die Bäckerei von den Familien Stöger und Wagner betrieben, bis man sie vor einigen Jahrzehnten stilllegte. Seit dem Mittelalter gab es die Brotträger, die Orte ohne Bäckerei mit Brot versorgten. Noch im vorigen Jahrhundert war es üblich, dass der Brotträger auf dem Land sein Brot feilbot. So gab es um 1910 im Gemeindegebiet Haslach noch die Brotträger Rupert Hogger von Traundorf und Peter Silberer von der Wegscheid.

Ein alteingesessenes Handwerk war auch das der Weber. 1810 gab es im Steuerdistrikt Haslach drei Weber. Lorenz Weber von Seiboldsdorf besaß ein personales Weberrecht, ebenso der »Landler-Weber« Andreas Landler von Wimpasing. Die Landler erwarben 1846 einen Baugrund vom Hasbauer in Traundorf und erbauten darauf das heutige Landlerhaus. Sie betrieben die Weberei bis 1883 (Andreas Landler, dann Georg und Juliane Landler). Der dritte Weber war Rupert Eglseer auf dem Stützergütl in Traundorf mit einer realen Webergerechtigkeit. Der letzte Weber in der Gemeinde Haslach war auf dem Stützergütl Andreas Obermaier. Er besaß neben seiner Weberei eine kleine Landwirtschaft mit drei Kühen. Die Weberei wird bis zum Ersten Weltkrieg erwähnt.

Einen weiteren wichtigen Handwerker finden wir im Gewerbe-Steuerkataster von 1810, den Schuster. Seit dem späten 18. Jahrhundert übte in Seiboldsdorf auf dem Kaufbartlschusterhof, dem späteren Berger-Zuhaus, Franz Humhauser das reale Schusterhandwerk aus. Der spätere Besitzer Georg Rasp verkaufte das auf dem Haus liegende Schuhmacherrecht an Josef Drechsl (Schwabmünchen). Drechsl erbaute 1860 das erste Haus in der Wegscheid (Hölzlgütl – heute Haus Wallner) und betrieb neben einer kleinen Landwirtschaft auch eine Schuhmacherei. Um die Jahrhundertwende (1900) gab es in der Wegscheid noch zwei weitere Schuhmacher, Josef Enhuber und Anton Wallner. Noch gut in Erinnerung ist uns der Schuster Johann Englmaier, der ab 1910 in Axdorf und seit den 30er Jahren bis in die 70er Jahre in Seiboldsdorf sein Handwerk ausübte.


Karl Rosenegger


35/2014

 

Teil II in den Chiemgau-Blättern 30/2014