Jahrgang 2017 Nummer 49

Gedanken zum Advent

Erinnerung an die Vorweihnachtszeit in meiner Kindheit

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, ...

So heißt es in einem Verslein, doch stimmt das schon lange nicht mehr. Wenn die Kinder in der heutigen Zeit vielleicht im Kindergarten noch dieses kurze Gedicht lernen dürfen, dann müssten diese eigentlich neugierig fragen: »Warum sagen wir, eins, zwei, drei, vier Lichtlein, wenn es doch überall so viele Lichter gibt, große, kleine, helle und noch hellere. Wieso sind es keine Kerzen die brennen und flackern und warum zündet die Mutter in der Laterne vor dem Haus nicht ein Kerzlein an, dann könnten wir zuschauen wie es brennt und leuchtet. Dann bräuchte der Vater sich nicht ärgern und schimpfen, weil die Lichterkette am Gartenzaun und Balkon wieder einmal nicht funktioniert.«

Doch sie fragen nicht danach, auch nicht wieso an dem großen Kaufhaus ein riesiges, rotes Etwas mit einer Zipfelhaube baumelt. Ob das vielleicht der Weihnachtsmann ist, denn die Geschenke vom Nikolaus haben wir doch schon bekommen? Vielleicht wundert sich sogar manchmal ein Kind, wieso eigentlich nicht das Christkind von dort oben herunter schaut und es fragt die Mutter danach. Dann wird diese vielleicht, mit der Schulter zuckend weitergehen. Der Bub oder das Mädchen an ihrer Hand wird sich zufrieden geben und denkt sich, Hauptsache ich bekomme an Weihnachten die Schier samt Ausrüstung, die ich mir schon ausgesucht habe. Ja und natürlich das neueste Computerspiel das dort drüben im Schaufenster steht.

Am Abend möchte das kleine Mädchen seinen Kopf auf das neue, samtige Sofakissen legen weil es so schön leuchtet. Da ruft die Mutter: »Nicht auf das Kissen legen, da ist doch eine LED-Leuchte drinnen.« Ja es ist so, LED macht alles möglich, es leuchtet immer und überall sogar auf dem Kissen mit der Zierkerze darauf. Doch der wichtigste Weg ist ihm versperrt, es erreicht nicht die Herzen der Kinder.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …

So war es damals in meiner Kindheit: Damals passte die Großmutter, mit der ich schon zeitig in der Früh‘ durch das dichte Gehölz unserem Pfarrdörfchen zustrebte gut auf, damit die Kerze in der kleinen Laterne nicht auslöschte. Wenn das trotzdem manchmal passierte, suchte die Großmutter eiligst im Finstern in ihrem Handtascherl die Zündhölzer. Mühsam zündeten wir die Kerze wieder an und machten schnell das Laternentür'l fest zu. Die Zündhölzer hatte die Großmutter immer dabei, denn wir brauchten selbige auch zum Anzünden des Wachsstöckerls auf dem Betstuhl drinnen in der Kirche.

Es musste über Nacht schon ganz viel geschneit haben, wenn der Großvater uns beiden geraten hatte, den Pfarrer das Engelamt einmal ohne uns abhalten zu lassen. An solchen Tagen zündete die Großmutter dafür drinnen in der Stube ihr Wachsstöck'l an. Der Großvater hatte schon gleich nach dem Aufstehen den Kachelofen angeheizt, so dass es dort schon bacherlwarm gewesen ist. Ich dachte mir, dass der Großvater ja eigentlich Recht hat mit dem Daheimbleiben. Aber morgen in der Früh' gehen wir ganz bestimmt wieder, denn die Großmutter braucht ja auch wieder einen »Germ« (Hefe) zum Backen und das Laiberl von der Bäckerin ist beim Heimgehen auch immer so gut.

Als ich dann endlich in die Schule gehen durfte, sorgten sich alle, die Großeltern, die Mutter und die fünf Tanten, dass mir im Dunkeln auf dem Weg durch das Holz nichts passierte. Oft holte mich auch meine Freundin das Matt'l ab, die im Winter schon eine gute Viertelstunde brauchte, um von Grilling drüben, zu uns nach Pittersdorf zu kommen. Dann stapften wir zusammen mit unseren Laternen frohgemut, aber auch ein bisschen ängstlich den langen, verschneiten Weg dem Dörfchen zu. Hatten wir den Wald hinter uns, so konnten wir endlich von weiten die kleine, erleuchtete Kirche sehen, der von allen Seiten die Schulkinder zustrebten. Drinnen war es zwar eiskalt, doch weil wir Kleinen ganz vorne in den Bänken knieten und den brennenden Kerzen am Altar ja ganz nahe waren, wurde uns gleich ein bisschen wärmer. Oder hatten wir uns das nur eingebildet? Jedenfalls wurden später drinnen im Schulzimmer, in dem schon der uralte Kachelofen zwar rauchte aber dafür eine wohlige Wärme ins Zimmer verströmte, Hände und Füße langsam wieder warm.

Einige Jahre später in meinem neuen Zuhause war der Schulweg bedeutend kürzer, jedoch der Ofen in unserem Schulzimmer der fast bis zur Decke reichte, erinnerte mich an den in meinem kleinen Dörfchen, denn auch er rauchte besonders nach dem Einheizen in der Frühe. Damals hatte einmal die Mutter von der Moritz Käthe, die in der Bank hinter mir saß, einen großen Adventskranz gebunden, den ein paar Buben dann im Schulzimmer mit großem Eifer und Sorgfalt aufgehängt haben. In der letzten Unterrichtsstunde durften wir Mädchen abwechselnd die Kerzen je nach dem, eine, zwei, drei, oder vier, anzünden. Dann stimmte der Lehrer jedes Mal eines von den vielen, schönen vorweihnachtlichen Liedern an, die wir alle so gerne mochten. In diesen stillen, dunklen Tagen durften wir auch öfters ein weißes oder rotes Kerzerl, das wir mit dem heißen Wachs auf unserer Schulbank neben dem »Tintenfass'l« festgepappt haben, anzünden. In unserem Kramerladen standen keine großen Regale mit Kerzen in allen Größen und Farben, es hätte sich diese auch niemand kaufen können. Einmal weinte meine Schulfreundin weil ihr die Mutter kein Kerzerl mit in die Schule geben konnte. Ich habe sie getröstet und meine Mutter hat mir aus der Schachtel mit den »Christbaumsachen« auch für sie eins mitgegeben. Dann haben wir, nebeneinander in der Schulbank sitzend, die zwei weißen Kerzerl angezündet und uns beide darüber gefreut. Heute weiß ich, dass keine noch so glitzernde Lichterkette und auch kein großer, prächtiger Weihnachtsstern es vermag, so tief in ein Kinderherz zu leuchten, wie so ein unscheinbares Kerzerl von damals es konnte.

 

Elisabeth Mader

 

49/2017