Einst rauchten bei Bergen die Hochöfen
Das Museum Maxhütte, ein Denkmal ältester Industriegeschichte

In der ehemaligen Gießerei mit dem 30 m hohen Schornstein befindet sich das Museum.

Aus den Schlacken wurden Wohnhäuser für die Bergleute gebaut.

Die Bergmanns-Kapelle wurde nach dem Pestjahr 1571 gebaut.
Wer schon einmal als Bergwanderer oder nach einer Fahrt mit der Seilbahn auf dem Gipfel des Hochfelln stand, wird sich an das sieben Meter hohe und 35 Zentner schwere, eiserne Gipfelkreuz erinnern. Nach einer Aufschrift ist das Kreuz zum Gedenken an König Ludwig I. in der Maxhütte aus dem im Tal gewonnenen Eisen gegossen und am 22. August 1886 am Gipfel aufgestellt worden. Die Vorstellung von Hochöfen und einem Eisenhüttenwerk ist auf dem ersten Blick mit dem lieblichen Land vor den Bergen, dem Chiemgau, nicht so recht in Einklang zu bringen. Gleichwohl erinnern Namen von Ortschaften der Umgebung, wie Eisenärzt und Hammer an die einstige Bergbauregion.
Wenn wir nach einer Bergwanderung auf dem Hochfelln unser Auto am Parkplatz der Talstation der Seilbahn stehen lassen, erreichen wir nach ca. 500 Metern das Gelände der ehemaligen Maxhütte, in der das am Teisenberg zu Tage geförderte Eisenerz in Hochöfen verhüttet und weiter verarbeitet wurde. Der 30 m hohe Schornstein aus Ziegeln überragt noch heute die ehemalige Fertigungshalle des Eisenwerkes, in der seit 2001 das Bergbaumuseum eingerichtet ist. Die Ausstellung vermittelt einen interessanten Überblick über die Gewinnung, Verhüttung und Verarbeitung des Eisenerzes. Immerhin war die Eisen verarbeitende Maxhütte etwa 350 Jahre lang in Betrieb und gehörte zu den großen und bedeutenden Industrieanlagen vom 16. Jahrhundert an bis 1932.
Eisen als wichtiger Rohstoff kultureller Entwicklung
Vorweg einige allgemeine Überlegungen zur Beziehung des Menschen zum Eisen in der Geschichte. Die Eisenzeit ist nach der Stein- und Bronzezeit die dritte vorgeschichtliche Periode kultureller Entwicklung. Der Abbau von Eisenerz und seine Verhüttung in Schmelzöfen schufen eine wesentliche Veränderung und Verbesserung der Lebensgrundlagen der Menschen. Gegenüber der mühsam zurecht geschliffenen Steinaxt und der schwerer zu verarbeitenden Bronze bot das Eisen den Vorteil der allseitigen Verfügbarkeit und der leichter zu handhabenden Verarbeitung. Das mit Holzkohle vermischte Eisenerz wurde mit Hilfe von Blasebälgen geschmolzen und zu schmiedefähigem Eisen verarbeitet. Schon die Römer waren mit dieser Kunst vertraut.
Vor den Römer kannten schon die Kelten die Kunst der Eisenerzeugung. Ein keltischer Armreif und ein Feuerschlagstein aus der Römerzeit wurden in der Nähe von Chieming gefunden und sind im Museum Maxhütte als Zeugnisse der Eisenherstellung in dieser Zeit im Chiemgau zu bewundern. Die Bedeutung des Eisens ist für die historische Entwicklung unserer Kultur bis in die Gegenwart von Bedeutung. Schon die Römer fuhren in Wägen über die Alpen, deren Räder mit Eisen beschlagen waren und erkämpften sich mit Eisenschwertern die Ausdehnung ihres Reiches bis an die Donau. Die Burgen und Kathedralen des Mittelalters, die Bürgerhäuser in den Städten, aber auch die Kanonen auf den Schlachtfeldern der Neuzeit wären ohne Eisen nicht denkbar.
Im Museum Maxhütte werden uns eindrucksvolle Beispiele alter und moderner Eisenproduktion gezeigt. Ein Sägegatter, das in großer Stückzahl vorwiegend nach Jugoslawien und Polen exportiert wurde. Die Maschinen sind zum Teil heute noch in Betrieb. Daneben stehen Granathülsen aus dem Ersten Weltkrieg. Werkzeuge und alltägliche Gebrauchsgegenstände aus Eisen geben eine Vorstellung von der vielseitigen Verwendbarkeit des Metalls. In Bergen wurde Eisen gegossen für Bahnhöfe, für die Saline in Bad Reichenhall, für den Glaspalast und den Universitätsbrunnen in München. Mit dem Wort »Eisen« verbindet man Gedanken an Kraft, Stärke und Entschlossenheit. Mit eiserner Hand und mit eisernem Willen werden Ideen verwirklicht. Bismarck erzwang als »eiserner Kanzler« die Einheit des Reiches mit Blut und Eisen. So ist zu ermessen, welche historische Bedeutung dem Eisen in der Menschheitsgeschichte zukommt.
Die Pionierleistung des Pankraz von Freyberg
Freilich waren industrieller Abbau und Verarbeitung des Eisenerzes Voraussetzung für eine großräumige Versorgung des Landes mit Eisen. Immer wo die äußeren Voraussetzungen für eine neue Entwicklung gegeben sind, tauchen tatkräftige Persönlichkeiten auf der Bühne der Geschichte auf, die ihre genialen Ideen in die Tat umzusetzen wissen. So war das auch mit Pankraz von Freyberg zu Hohenaschau und Wildenwart, der reichlich mit Gütern im Chiemgau gesegnet war. Er besaß Eisenerzgruben und Eisenwerke in Aschau, am Kressenberg und in Hammer. So hatte er sich auf die Eisenindustrie spezialisiert. Von Freyberg, übrigens bekennender Protestant, stand als Hofmarschall im Dienste des bayerischen Herzogs Albrecht V. ( 1528 – 1579 ). Als gewandter Geschäftsmann dürfte es ihm nicht schwer gefallen sein, von seinem Dienstherrn sich die Schürfrechte zum Abbau des Eisenerzes auf seinem Grund sichern zu lassen. Von Freyberg wusste sehr wohl, welcher Schatz unter dem ihm eigenen Boden verborgen lag. Das Wissen von Eisenerzvorkommen in dieser Gegend war schon den Kelten und Römern bekannt und ist über die Zeit hin erhalten geblieben. 1561 wurde mit dem Abbau des Eisenerzes am Teisenberg und der Verhüttung in Bergen begonnen. Nach dem Verlust der Bergbaugebiete in Tirol im Landshuter Erbfolgekrieg waren die Voraussetzungen für den Bergbau in Bayern günstig.
Proben ergaben, dass im Teisenberg Eisenerz reichlich vorhanden war. Das Eisenerz musste aber verhüttet werden. Die hierfür notwendigen Hochöfen benötigten Unmengen von Holz, die in den Wälder um den Teisenberg nicht zu schlagen waren. So entschloss sich Pankraz von Freyberg, das am Teisenberg auf bayerischer Seite gewonnene Eisenerz in das südlich von Bergen gelegene Tal zur weiteren Verarbeitung transportieren zu lassen. Für die Standortwahl war sicher auch die im Tal fließende Weißach mit maßgeblich, weil mit der Wasserkraft die für den Betreib notwendigen Maschinen angetrieben werden konnten. Der aufwendige Transport war notwendig, weil nur in Bergen das für den Betrieb der Meiler notwendige Holz reichlich in den Wäldern verfügbar war. Pferdefuhrwerke und Schlitten hatten die zehn Kilometer lange Strecke oft unter gefährlichen Umständen zu bewältigen.
Wie sehr Errichtung und Betrieb eines Eisenwerkes vorrangig eine Standortfrage war, zeigt die Geschichte von Hammer, einem kleinen Ort am Westrand des Teisenberges. Schon im Mittelalter bestanden hier eine Eisenhütte und ein Hammerwerk. Pankraz von Freyberg hatte das Werk schon gekauft, als er sich wieder zur Schließung durchringen musste, weil das Holz der umliegenden Wälder einfach nicht ausreichte. So trat das Werk in Bergen 1567 die Nachfolge an. Ein Hammer zur Schmiede von Waffen und Werkzeugen blieb noch eine Zeit lang erhalten. Schon bald begann die Blütezeit für das 1561 in Betrieb genommen Werk. Der wachsende Bedarf an Eisen für die im Lande aufstrebende Industrie waren hierfür ursächlich. Bald standen Hochöfen und Gießerei nicht mehr allein. Um die industriell genutzten Bauten siedelten sich Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser für die Arbeiter, eine Kapelle und eine Hütten-Schänke an. Wo man seine Arbeitsstätte hatte, wollte man auch sein privates Leben einrichten. Die Gießerei, heute das Museum, und die Häuser der unmittelbaren Umgebung sind ein bemerkenswertes Zeugnis einer Industrieansiedlung des 16. Jahrhunderts.
Soziale Arbeitsbedingungen in der Maxhütte
Die Arbeiter fanden in den Schlackenhäusern Unterkunft. Das heute noch erhaltene und bewohnte »Schlackenhaus« wurde aus der bei der Verfeuerung im Hochofen übrig gebliebene Schlacke gebaut. Bei dem langgestreckten, dreistöckigen Wohnhausbau wurde ein innen liegendes Treppenhaus eingespart. Dafür wurden an der vorderen und hinteren Schmalseite des Hauses eigene Treppenaufgänge aus Holz angebaut. Ganz allgemein war Schlacke, der bei der Verhüttung verbliebene »Abfall«, als billiges Baumaterial in der Umgebung der Maxhütte beliebt. Die Schlackenklumpen ließen sich leicht bearbeiten du erwiesen sich als vortreffliches Isoliermaterial. So sind noch heute viele Schlackenhäuser im Umkreis von Bergen zu sehen. Zu einer Bergbausiedlung gehört eine Kapelle. Wo immer Menschen schwere und gefährliche Arbeit verrichten, sehen sie sich auf den Schutz von oben angewiesen. So wurde die Kapelle wahrscheinlich um 1572 nach der in dieser Zeit überstandenen Pest gebaut.
Ein weiteres Zentrum der Bergbauregion an der Weißach war die Hüttenschänke. Die Bergleute sahen sich als eine eingeschworene Gemeinschaft. Pankratz von Freyberg hatte es sich zum Ziel gesetzt, den Arbeitern ein erträgliches soziales Umfeld zu schaffen. Dazu gehörten die in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstätte gebauten »Sozialwohnungen«. Die Arbeiter wurden gut bezahlt. Neu eingestellte Lehrlinge brauchten kein Lehrgeld zu entrichten. Im Ganzen genossen die Arbeiter in ihrer Umgebung ein hohes Ansehen. In Krankheits- und sonstigen Notfällen konnten sie auf die Hilfe ihres Arbeitgebers zählen.
Die königliche Namensgebung und das Ende
Das Eisenwerk in Bergen konnte sich bald landesweiter Anerkennung rühmen. Als im August 1824 König Maximilian II. das Werk besuchte, war er von den ihm vorgezeigten Leistungen tief beeindruckt. Er zeichnete daher das Werk mit seinem königlichen Namen aus. Das Eisenwerk war seither die »Maxhütte«. Aber schon bald zeichnete sich mit der fortschreitenden Technisierung der aufstrebenden Eisenindustrie im Ruhrgebiet und in der Oberpfalz ein Niedergang der Chiemgauer Bergbau-Region ab. Für diese Entwicklung maßgeblich war, dass sich die Befeuerung des Hochofens mit Holzkohle wirtschaftlich nicht auf Dauer halten ließ. Das Holz der Bergwälder war ein nur begrenzt verfügbarer Rohstoff. Torf allein war für den Hochofen nicht brauchbar, weil mit ihm nicht die für die Eisenschmelze notwendige Temperatur zu erzeugen war.
Die andern Orts eingeführte Umstellung auf den aus der Steinkohle gewonnen Koks erwies sich für die Maxhütte als nicht wirtschaftlich. Insbesondere schlugen die hohen Transportkosten für den Koks ungünstig zu Buch. So wurden die Hochöfen der Maxhütte 1883 stillgelegt. 1932 wurden die Tore der Maxhütte endgültig geschlossen. Der Hochofen, der etwa 200 m bergaufwärts von der Fertigungshalle stand, wurde abgebrochen. Etwa 120 Menschen verloren damals in Bergen ihren Arbeitsplatz. Ein Teil der Produktion wurde nach Sonthofen verlegt.
Dieses Schicksal blieb der Bergbau-Siedlung in Bergen und Achtal erspart. Die Fertigungshalle in Bergen und das ehemalige Werksgebäude in Achtal wurden in Museen umgewandelt. Die historischen Stätten des Abbaus und der Verarbeitung des Eisenerzes zu verwertbarem Guss- und Schmiedeeisen sind der eindrucksvolle Rahmen, in dem uns die Arbeitsabläufe vom Bergbaustollen bis zum Fertigprodukt vorgestellt werden. Im Museum Maxhütte wurde die Ausstellung in der ehemaligen Gießerei eingerichtet, in der die Arbeiter ihre Geräte, die noch gestern in Gebrauch waren, liegen gelassen hatten. Im östlichen Teil der Halle ist eine Sägemaschine aufgebaut, so als sie der Auftraggeber demnächst abholen würde. Schautafeln und Videofilme bieten umfassende Hintergrundinformation. Der Hochofen, in dem das von Achtal angelieferte Eisenerz eingeschmolzen und verhüttet wurde, ist zwar abgerissen worden. Ein Modell zeigt uns anschaulich seine Funktion.
Auf einen einfachen Nenner gebracht, ist ein Hochofen ein aus feuerfestem Material hergestellter, kegelförmiger Turm, der von oben her mit Eisenerz und Brennstoff, Koks und vorher Holzkohle, gefüllt wird. Durch Zufuhr von Heißluft über ein Gebläse wird das Brennmaterial entzündet und unter ständiger Hitze gehalten. So wird das Schmelzen des Eisenerzes und gleichzeitig die Aussonderung von Gestein und Mineralien bewirkt. Das flüssige Roheisen wird unten aus dem Hochofen abgeleitet und nach dem Erkalten in dem durch Wasserkraft betriebenem Hammerwerk weiter bearbeitet. Der unverbrauchte Rest des Brennstoffes ist die Schlacke, die von den Bauern der Umgebung zum Bau von Gebäuden verwendet wurde.
Übrigens wurde nicht nur Holzkohle sondern auch Torf als zusätzliches Brennmaterial für den Hochofen verwendet. Als Holzkohle immer knapper wurde, versuchte man sie durch Torf ganz zu ersetzen. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Beim Torf zeigte sich ähnlich wie beim Holzeinschlag das Problem der nicht unbeschränkten Verfügbarkeit. Die am Südufer des Chiemsees gelegenen Moore lieferten Torf in einem zunächst unerschöpflich erscheinenden Ausmaß. Erst in unsreen Tagen, als die Filze am Chiemsee unter Naturschutz gestellt und ihre Ausbeute gestoppt wurde, zeigte sich, dass die Zerstörung der gewachsenen Moorlandschaft auf Dauer nicht ohne Schaden für das Gleichgewicht in der Natur hingenommen werden kann.
Als 1883 der Hochofen der Maxhütte wegen mangelnder Rentabilität stillgelegt wurde, konnte die Maxhütte ihre Produktion als Gusseisenfabrik aufrecht erhalten. Das in einem weiteren Arbeitsgang aus Roheisen gewonnene Gusseisen wurde erhitzt und verflüssigt. Vorgefertigte Formen boten die Möglichkeit, Kunst- und Gebrauchsgegenstände aus Gusseisen beliebig oft herzustellen. Im Museum sind die Gussformen, eiserne Löffel und Zangen ausgestellt, das Handwerkszeug in der Gießerei. die fertigen Produkte, Balkongeländer, Heiligenfiguren, Brunnenverzierungen und Grabkreuze trugen das Markenzeichen der Maxhütte und waren bald überall im Lande begehrt. Als die maschinelle Fertigung die handwerklich betriebene ablöste, schlossen sich 1932 endgültig die Tore der Maxhütte.
Die Erinnerung an das einst stolze Eisenwerk wäre heute nur noch in den Chroniken nachzulesen, wenn sich nicht einige Idealisten, insbesondere der Förderverein Maxhütte Bergen, mit seinen Vorsitzenden Hans Reich, der Errichtung des Museums tatkräftig angenommen hätte. Da galt es, die Relikte der alten Gießerei zu sichern und in der ehemaligen Werkshalle den Besuchern ein anschauliches Bild von der bergmännischen Eisengewinnung bis zur Verhüttung und Weiterverarbeitung zu Gusseisen zu vermitteln. Ziel war es dabei, das historische Bild des Chiemgauer Eisenerzbergbaus wach zu halten.
Um dieses Bild noch zu vervollständigen, sollte sich der Besucher der Maxhütte auch das Bergbaumuseum Achtal vornehmen. Das Museum ist über die Autobahn München-Salzburg von der Ausfahrt Neukirchen aus in Richtung Oberteisendorf nach 3 km zu erreichen. Über dieses Museum wird in der nächsten Ausgabe der Chiemgau-Blätter berichtet werden.
Das Museum Maxhütte ist vom 1. Mai bis 31. Oktober täglich außer Montag von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
DD
31/2003
Wenn wir nach einer Bergwanderung auf dem Hochfelln unser Auto am Parkplatz der Talstation der Seilbahn stehen lassen, erreichen wir nach ca. 500 Metern das Gelände der ehemaligen Maxhütte, in der das am Teisenberg zu Tage geförderte Eisenerz in Hochöfen verhüttet und weiter verarbeitet wurde. Der 30 m hohe Schornstein aus Ziegeln überragt noch heute die ehemalige Fertigungshalle des Eisenwerkes, in der seit 2001 das Bergbaumuseum eingerichtet ist. Die Ausstellung vermittelt einen interessanten Überblick über die Gewinnung, Verhüttung und Verarbeitung des Eisenerzes. Immerhin war die Eisen verarbeitende Maxhütte etwa 350 Jahre lang in Betrieb und gehörte zu den großen und bedeutenden Industrieanlagen vom 16. Jahrhundert an bis 1932.
Eisen als wichtiger Rohstoff kultureller Entwicklung
Vorweg einige allgemeine Überlegungen zur Beziehung des Menschen zum Eisen in der Geschichte. Die Eisenzeit ist nach der Stein- und Bronzezeit die dritte vorgeschichtliche Periode kultureller Entwicklung. Der Abbau von Eisenerz und seine Verhüttung in Schmelzöfen schufen eine wesentliche Veränderung und Verbesserung der Lebensgrundlagen der Menschen. Gegenüber der mühsam zurecht geschliffenen Steinaxt und der schwerer zu verarbeitenden Bronze bot das Eisen den Vorteil der allseitigen Verfügbarkeit und der leichter zu handhabenden Verarbeitung. Das mit Holzkohle vermischte Eisenerz wurde mit Hilfe von Blasebälgen geschmolzen und zu schmiedefähigem Eisen verarbeitet. Schon die Römer waren mit dieser Kunst vertraut.
Vor den Römer kannten schon die Kelten die Kunst der Eisenerzeugung. Ein keltischer Armreif und ein Feuerschlagstein aus der Römerzeit wurden in der Nähe von Chieming gefunden und sind im Museum Maxhütte als Zeugnisse der Eisenherstellung in dieser Zeit im Chiemgau zu bewundern. Die Bedeutung des Eisens ist für die historische Entwicklung unserer Kultur bis in die Gegenwart von Bedeutung. Schon die Römer fuhren in Wägen über die Alpen, deren Räder mit Eisen beschlagen waren und erkämpften sich mit Eisenschwertern die Ausdehnung ihres Reiches bis an die Donau. Die Burgen und Kathedralen des Mittelalters, die Bürgerhäuser in den Städten, aber auch die Kanonen auf den Schlachtfeldern der Neuzeit wären ohne Eisen nicht denkbar.
Im Museum Maxhütte werden uns eindrucksvolle Beispiele alter und moderner Eisenproduktion gezeigt. Ein Sägegatter, das in großer Stückzahl vorwiegend nach Jugoslawien und Polen exportiert wurde. Die Maschinen sind zum Teil heute noch in Betrieb. Daneben stehen Granathülsen aus dem Ersten Weltkrieg. Werkzeuge und alltägliche Gebrauchsgegenstände aus Eisen geben eine Vorstellung von der vielseitigen Verwendbarkeit des Metalls. In Bergen wurde Eisen gegossen für Bahnhöfe, für die Saline in Bad Reichenhall, für den Glaspalast und den Universitätsbrunnen in München. Mit dem Wort »Eisen« verbindet man Gedanken an Kraft, Stärke und Entschlossenheit. Mit eiserner Hand und mit eisernem Willen werden Ideen verwirklicht. Bismarck erzwang als »eiserner Kanzler« die Einheit des Reiches mit Blut und Eisen. So ist zu ermessen, welche historische Bedeutung dem Eisen in der Menschheitsgeschichte zukommt.
Die Pionierleistung des Pankraz von Freyberg
Freilich waren industrieller Abbau und Verarbeitung des Eisenerzes Voraussetzung für eine großräumige Versorgung des Landes mit Eisen. Immer wo die äußeren Voraussetzungen für eine neue Entwicklung gegeben sind, tauchen tatkräftige Persönlichkeiten auf der Bühne der Geschichte auf, die ihre genialen Ideen in die Tat umzusetzen wissen. So war das auch mit Pankraz von Freyberg zu Hohenaschau und Wildenwart, der reichlich mit Gütern im Chiemgau gesegnet war. Er besaß Eisenerzgruben und Eisenwerke in Aschau, am Kressenberg und in Hammer. So hatte er sich auf die Eisenindustrie spezialisiert. Von Freyberg, übrigens bekennender Protestant, stand als Hofmarschall im Dienste des bayerischen Herzogs Albrecht V. ( 1528 – 1579 ). Als gewandter Geschäftsmann dürfte es ihm nicht schwer gefallen sein, von seinem Dienstherrn sich die Schürfrechte zum Abbau des Eisenerzes auf seinem Grund sichern zu lassen. Von Freyberg wusste sehr wohl, welcher Schatz unter dem ihm eigenen Boden verborgen lag. Das Wissen von Eisenerzvorkommen in dieser Gegend war schon den Kelten und Römern bekannt und ist über die Zeit hin erhalten geblieben. 1561 wurde mit dem Abbau des Eisenerzes am Teisenberg und der Verhüttung in Bergen begonnen. Nach dem Verlust der Bergbaugebiete in Tirol im Landshuter Erbfolgekrieg waren die Voraussetzungen für den Bergbau in Bayern günstig.
Proben ergaben, dass im Teisenberg Eisenerz reichlich vorhanden war. Das Eisenerz musste aber verhüttet werden. Die hierfür notwendigen Hochöfen benötigten Unmengen von Holz, die in den Wälder um den Teisenberg nicht zu schlagen waren. So entschloss sich Pankraz von Freyberg, das am Teisenberg auf bayerischer Seite gewonnene Eisenerz in das südlich von Bergen gelegene Tal zur weiteren Verarbeitung transportieren zu lassen. Für die Standortwahl war sicher auch die im Tal fließende Weißach mit maßgeblich, weil mit der Wasserkraft die für den Betreib notwendigen Maschinen angetrieben werden konnten. Der aufwendige Transport war notwendig, weil nur in Bergen das für den Betrieb der Meiler notwendige Holz reichlich in den Wäldern verfügbar war. Pferdefuhrwerke und Schlitten hatten die zehn Kilometer lange Strecke oft unter gefährlichen Umständen zu bewältigen.
Wie sehr Errichtung und Betrieb eines Eisenwerkes vorrangig eine Standortfrage war, zeigt die Geschichte von Hammer, einem kleinen Ort am Westrand des Teisenberges. Schon im Mittelalter bestanden hier eine Eisenhütte und ein Hammerwerk. Pankraz von Freyberg hatte das Werk schon gekauft, als er sich wieder zur Schließung durchringen musste, weil das Holz der umliegenden Wälder einfach nicht ausreichte. So trat das Werk in Bergen 1567 die Nachfolge an. Ein Hammer zur Schmiede von Waffen und Werkzeugen blieb noch eine Zeit lang erhalten. Schon bald begann die Blütezeit für das 1561 in Betrieb genommen Werk. Der wachsende Bedarf an Eisen für die im Lande aufstrebende Industrie waren hierfür ursächlich. Bald standen Hochöfen und Gießerei nicht mehr allein. Um die industriell genutzten Bauten siedelten sich Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser für die Arbeiter, eine Kapelle und eine Hütten-Schänke an. Wo man seine Arbeitsstätte hatte, wollte man auch sein privates Leben einrichten. Die Gießerei, heute das Museum, und die Häuser der unmittelbaren Umgebung sind ein bemerkenswertes Zeugnis einer Industrieansiedlung des 16. Jahrhunderts.
Soziale Arbeitsbedingungen in der Maxhütte
Die Arbeiter fanden in den Schlackenhäusern Unterkunft. Das heute noch erhaltene und bewohnte »Schlackenhaus« wurde aus der bei der Verfeuerung im Hochofen übrig gebliebene Schlacke gebaut. Bei dem langgestreckten, dreistöckigen Wohnhausbau wurde ein innen liegendes Treppenhaus eingespart. Dafür wurden an der vorderen und hinteren Schmalseite des Hauses eigene Treppenaufgänge aus Holz angebaut. Ganz allgemein war Schlacke, der bei der Verhüttung verbliebene »Abfall«, als billiges Baumaterial in der Umgebung der Maxhütte beliebt. Die Schlackenklumpen ließen sich leicht bearbeiten du erwiesen sich als vortreffliches Isoliermaterial. So sind noch heute viele Schlackenhäuser im Umkreis von Bergen zu sehen. Zu einer Bergbausiedlung gehört eine Kapelle. Wo immer Menschen schwere und gefährliche Arbeit verrichten, sehen sie sich auf den Schutz von oben angewiesen. So wurde die Kapelle wahrscheinlich um 1572 nach der in dieser Zeit überstandenen Pest gebaut.
Ein weiteres Zentrum der Bergbauregion an der Weißach war die Hüttenschänke. Die Bergleute sahen sich als eine eingeschworene Gemeinschaft. Pankratz von Freyberg hatte es sich zum Ziel gesetzt, den Arbeitern ein erträgliches soziales Umfeld zu schaffen. Dazu gehörten die in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstätte gebauten »Sozialwohnungen«. Die Arbeiter wurden gut bezahlt. Neu eingestellte Lehrlinge brauchten kein Lehrgeld zu entrichten. Im Ganzen genossen die Arbeiter in ihrer Umgebung ein hohes Ansehen. In Krankheits- und sonstigen Notfällen konnten sie auf die Hilfe ihres Arbeitgebers zählen.
Die königliche Namensgebung und das Ende
Das Eisenwerk in Bergen konnte sich bald landesweiter Anerkennung rühmen. Als im August 1824 König Maximilian II. das Werk besuchte, war er von den ihm vorgezeigten Leistungen tief beeindruckt. Er zeichnete daher das Werk mit seinem königlichen Namen aus. Das Eisenwerk war seither die »Maxhütte«. Aber schon bald zeichnete sich mit der fortschreitenden Technisierung der aufstrebenden Eisenindustrie im Ruhrgebiet und in der Oberpfalz ein Niedergang der Chiemgauer Bergbau-Region ab. Für diese Entwicklung maßgeblich war, dass sich die Befeuerung des Hochofens mit Holzkohle wirtschaftlich nicht auf Dauer halten ließ. Das Holz der Bergwälder war ein nur begrenzt verfügbarer Rohstoff. Torf allein war für den Hochofen nicht brauchbar, weil mit ihm nicht die für die Eisenschmelze notwendige Temperatur zu erzeugen war.
Die andern Orts eingeführte Umstellung auf den aus der Steinkohle gewonnen Koks erwies sich für die Maxhütte als nicht wirtschaftlich. Insbesondere schlugen die hohen Transportkosten für den Koks ungünstig zu Buch. So wurden die Hochöfen der Maxhütte 1883 stillgelegt. 1932 wurden die Tore der Maxhütte endgültig geschlossen. Der Hochofen, der etwa 200 m bergaufwärts von der Fertigungshalle stand, wurde abgebrochen. Etwa 120 Menschen verloren damals in Bergen ihren Arbeitsplatz. Ein Teil der Produktion wurde nach Sonthofen verlegt.
Dieses Schicksal blieb der Bergbau-Siedlung in Bergen und Achtal erspart. Die Fertigungshalle in Bergen und das ehemalige Werksgebäude in Achtal wurden in Museen umgewandelt. Die historischen Stätten des Abbaus und der Verarbeitung des Eisenerzes zu verwertbarem Guss- und Schmiedeeisen sind der eindrucksvolle Rahmen, in dem uns die Arbeitsabläufe vom Bergbaustollen bis zum Fertigprodukt vorgestellt werden. Im Museum Maxhütte wurde die Ausstellung in der ehemaligen Gießerei eingerichtet, in der die Arbeiter ihre Geräte, die noch gestern in Gebrauch waren, liegen gelassen hatten. Im östlichen Teil der Halle ist eine Sägemaschine aufgebaut, so als sie der Auftraggeber demnächst abholen würde. Schautafeln und Videofilme bieten umfassende Hintergrundinformation. Der Hochofen, in dem das von Achtal angelieferte Eisenerz eingeschmolzen und verhüttet wurde, ist zwar abgerissen worden. Ein Modell zeigt uns anschaulich seine Funktion.
Auf einen einfachen Nenner gebracht, ist ein Hochofen ein aus feuerfestem Material hergestellter, kegelförmiger Turm, der von oben her mit Eisenerz und Brennstoff, Koks und vorher Holzkohle, gefüllt wird. Durch Zufuhr von Heißluft über ein Gebläse wird das Brennmaterial entzündet und unter ständiger Hitze gehalten. So wird das Schmelzen des Eisenerzes und gleichzeitig die Aussonderung von Gestein und Mineralien bewirkt. Das flüssige Roheisen wird unten aus dem Hochofen abgeleitet und nach dem Erkalten in dem durch Wasserkraft betriebenem Hammerwerk weiter bearbeitet. Der unverbrauchte Rest des Brennstoffes ist die Schlacke, die von den Bauern der Umgebung zum Bau von Gebäuden verwendet wurde.
Übrigens wurde nicht nur Holzkohle sondern auch Torf als zusätzliches Brennmaterial für den Hochofen verwendet. Als Holzkohle immer knapper wurde, versuchte man sie durch Torf ganz zu ersetzen. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Beim Torf zeigte sich ähnlich wie beim Holzeinschlag das Problem der nicht unbeschränkten Verfügbarkeit. Die am Südufer des Chiemsees gelegenen Moore lieferten Torf in einem zunächst unerschöpflich erscheinenden Ausmaß. Erst in unsreen Tagen, als die Filze am Chiemsee unter Naturschutz gestellt und ihre Ausbeute gestoppt wurde, zeigte sich, dass die Zerstörung der gewachsenen Moorlandschaft auf Dauer nicht ohne Schaden für das Gleichgewicht in der Natur hingenommen werden kann.
Als 1883 der Hochofen der Maxhütte wegen mangelnder Rentabilität stillgelegt wurde, konnte die Maxhütte ihre Produktion als Gusseisenfabrik aufrecht erhalten. Das in einem weiteren Arbeitsgang aus Roheisen gewonnene Gusseisen wurde erhitzt und verflüssigt. Vorgefertigte Formen boten die Möglichkeit, Kunst- und Gebrauchsgegenstände aus Gusseisen beliebig oft herzustellen. Im Museum sind die Gussformen, eiserne Löffel und Zangen ausgestellt, das Handwerkszeug in der Gießerei. die fertigen Produkte, Balkongeländer, Heiligenfiguren, Brunnenverzierungen und Grabkreuze trugen das Markenzeichen der Maxhütte und waren bald überall im Lande begehrt. Als die maschinelle Fertigung die handwerklich betriebene ablöste, schlossen sich 1932 endgültig die Tore der Maxhütte.
Die Erinnerung an das einst stolze Eisenwerk wäre heute nur noch in den Chroniken nachzulesen, wenn sich nicht einige Idealisten, insbesondere der Förderverein Maxhütte Bergen, mit seinen Vorsitzenden Hans Reich, der Errichtung des Museums tatkräftig angenommen hätte. Da galt es, die Relikte der alten Gießerei zu sichern und in der ehemaligen Werkshalle den Besuchern ein anschauliches Bild von der bergmännischen Eisengewinnung bis zur Verhüttung und Weiterverarbeitung zu Gusseisen zu vermitteln. Ziel war es dabei, das historische Bild des Chiemgauer Eisenerzbergbaus wach zu halten.
Um dieses Bild noch zu vervollständigen, sollte sich der Besucher der Maxhütte auch das Bergbaumuseum Achtal vornehmen. Das Museum ist über die Autobahn München-Salzburg von der Ausfahrt Neukirchen aus in Richtung Oberteisendorf nach 3 km zu erreichen. Über dieses Museum wird in der nächsten Ausgabe der Chiemgau-Blätter berichtet werden.
Das Museum Maxhütte ist vom 1. Mai bis 31. Oktober täglich außer Montag von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
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