Eine waschechte Salzburgerin namens Bosna
Die beliebte Bratwurstsemmel wurde in Salzburg erfunden und fehlt heute in keinem Reiseführer


Die Mutter der Nockerln
Zuvor noch ein kurzer Abstecher zu einer allgemein als »typisch« anerkannten Salzburger Süßspeise, die den Ort bereits im Namen trägt, aber zuhause kaum auf den Tisch kommt: Salzburger Nockerln, luftigzuckrige Berge aus Ei-Schnee, werden warm als Nachspeise serviert und können mit einer kuriosen Entstehungsgeschichte aufwarten. Keine Geringere als Salome Alt, die dem Salzburger Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau 15 Kinder und er ihr das heutige Schloss Mirabell schenkte, soll die kalorienreiche, angezuckerte Miniaturausgabe der Salzburger Hausberge Mönchsberg, Kapuzinerberg und Gaisberg erfunden haben.
Süße und würzige Touristenmagneten
Ob wahr oder nicht, die angebliche Mutterschaft bei den Salzburger Nockerln hat Charme. Was die Salzburger Nockerln mit Bosna verbindet, ist die notorische Bekanntheit unter Salzburg-Besuchern. Beim klassischen Bosna kommen Bratwürste in ein der Länge nach aufgeschnittenes, getoastetes Weißbrot und werden mit einer scharfen Soße aus Senf, Zwiebeln und Curry garniert.
Ein Snack-Erfolg und viele Väter
Mit dem »Erfinden« der würzigen Bratwurst im Weißbrot verhält es sich ähnlich wie bei den Mozartkugeln. Die Vaterschaft am Salzburger Erfolgsprodukt und an dessen Namen reklamieren mehrere für sich.
Beim Original-Bosna-Stand in der Salzburger Franz-Josef-Straße ist man sicher, dass es Bosna erstmals im 1949 eröffneten Nonstop-Kinobuffet beim Hanuschplatz gab. Dieses wurde vorwiegend von amerikanischen Soldaten besucht. Bosna leitet sich demnach aus der Verkürzung von »Best Of SNAcks« her. »Wir haben die Geschichte der Bosna aus eigenem Wissen mit persönlichen Kontakten zu Zeitzeugen recherchiert und mit Archivmaterial belegt und dokumentiert«, sagt Bosnastand- Betreiber Gerhard Sailer, der sich den Namen »Bosna« weltweit als Marke hat schützen lassen.
Bosna-Institution auf zwei Quadratmetern
Die andere Entstehungsversion führt zu einem weiteren legendären Bosna-Standort in Salzburg in einem Altstadt-Durchhaus zwischen Universitätsplatz und Getreidegasse. Ebenfalls in den Nachkriegsjahren grillte der aus Bulgarien stammende Zanko Todoroff in Salzburg eine Bratwurst, die nach einem ihm bekannten Geheimrezept hergestellt wurde, und steckte sie mit Zwiebel und Gewürz in ein Weißbrot. Seine Bezeichnung »Nadinizer « kam weniger gut an, weshalb man in den Folgejahren im Getreidegassen-Durchgang auf »Bosna« umstieg. Die Würze im Brot wurde bei dieser Namensgeschichte gedanklich mit dem Balkanland Bosnien verbunden. Seit 1983 bereitet Hildegard Ebner die Bosna auf ganzen zwei Quadratmetern Standfläche zu. Hans Krankl und Otto Schenk waren Stammgäste, sogar Arnold Schwarzenegger stattete dem Snack-Unikum einen Besuch ab. Seit einem Fernsehbericht in Japan um die Jahrtausendwende reißt der Strom der asiatischen Bosna-Fans im Getreidegasse-Durchhaus nicht mehr ab.
Späte Schöpfungsgeschichte aus Linz
Die Idee mit der Bosnien-Verbindung will auch der in den 1970er Jahren in Linz heimisch gewordene Petar Radisaljevic gehabt haben. Er meint, den Snack durch Deuten auf die Zutaten am Würstelstand und den Namen gemeinsam mit der Würstl-Frau »erfunden« zu haben. Mit dieser Herleitung kommt er allerdings im Vergleich zur Salzburger Schöpfungsgeschichte mehr als zwanzig Jahre zu spät.
Wer auch immer die Bosna als erster kreiert und benannt hat – sicher ist, dass der Snack für viele Touristen aus aller Welt eine kulinarische Attraktion ist, die sie bei einem Salzburg-Besuch nicht missen
wollen.
(sm/grs)
29/2017