»Ein paar Einfriedungen um das grenzenlos Wortlose ...«
Salzburg gedenkt seines vor 120 Jahren geborenen Sohns Georg Trakl

Georg Trakl-Porträt von Jean-Pierre Chambas
Ein seltsamer Schleier legt sich über einen Dichter namens Georg Trakl, am 3. Februar 1887 in Salzburg geboren, am 4. November 1914 in Krakau gestorben. Selbst Rainer Maria Rilke fragte sich, wer er wohl gewesen sein mag, als er vom frühen (selbst verursachten?) Tod des Kollegen erfuhr. Er sei »gleichsam auf seine Pausen aufgebaut« gewesen, »ein paar Einfriedungen um das grenzenlos Wortlose« – so könne man, Rilke zufolge, seine »Zeilen« bezeichnen. Das Internationale Trakl-Forum der Salzburger Kulturvereinigung lud zwei Tage vor dem 120. Geburtstag zu einem besonderen Trakl-Abend ein. Zu einer Hommage an Georg Trakl, dem Lyriker, dem oft mit Schaudern und Zurückhaltung, Scheu und Verwunderung über so viel Rätselhaftes, das seinem Leben anhing wie seiner Dichtung, begegnet wird.
An einen Wiener und eine Salzburgerin ging der diesjährige Georg-Trakl-Preis: zum einen an den 55jährigen Dichter, Essayisten, Aphoristiker und Stückeschreiber Franz Josef Czernin, der unter anderem seit 1989 ein Computerprogramm zur Analyse und Produktion poetischer Texte entwickelt und bisher über zwanzig Bücher veröffentlicht hat, zum anderen – als Fördergabe – an die zwei Jahre jüngere gebürtige Tirolerin Lisa Mayer, die – mit sechs Kindern – in Salzburg als Diplomlogopädin arbeitet und bisher mit zwei Lyrikbänden an die Öffentlichkeit trat.
Die vom Salzburger Literaturforum »Leselampe« herausgegebene Zeitschrift »Salz« ist mit ihrer Ausgabe Nummer 126 ganz und gar Georg Trakl gewidmet. Beim Festabend im Trakl-Haus am Salzburger Waagplatz 1 a, das sowohl die Galerie als auch die Trakl-Forschungs- und Gedenkstätte birgt, las Peter Arp. Es war das ehemalige Schaffnerhaus.
»Das Ohr hört nachts Sonatenklänge« – unter diesem Trakl-Motto stand eine Multimedia-Rückschau mit Live-Musik und Vertonungen von Trakl-Gedichten. Unter der Regie von Alexander Linse gestalteten sie Mitglieder des Schauspiel- und Opernensembles vom Landestheater Salzburg. Ein relativ stiller Geburtstag sollte es werden, im Gegensatz zum Rummel, der um den weitaus berühmteren Sohn der Festspielstadt Wolfgang Amadeus Mozart zu dessen 250. Wiegenfest entstanden war (und noch immer nicht abreißt).
Man erinnerte daran, dass der junge Lyriker Georg Trakl sein Leben einmal als »Kette von Krankheit und Verzweiflung« sah, fragte aber darauf sogleich rhetorisch: »Aber welche Dichtung hat uns dies hinterlassen!« Als hochsensibles Genie wurde Trakl im Rahmen dieser Performance aus Gesang, Rezitation und Multimedia angesehen und gefeiert. Querverbindungen zu Mozart, aber auch zu Thomas Bernhard tun sich auf. Sie waren sich bekanntlich einig in der Hassliebe zu »ihrem« Salzburg! Briefe gaben Einblick in das düstere Leben des Salzburger Eisenhändlersprosses, das mit der bürgerlichen Wirklichkeit nichts anfangen konnte. Den Beruf eines Pharmazeuten übte der Schulabbrecher nur sporadisch aus. Erfahrungen des 1. Weltkriegs bringen ihn dem Wahnsinn nahe. Drogen nahm Trakl schon in sehr jungen Jahren. Dem Alkohol war er nie abgeneigt. Mit der Schwester kam es zu blutschänderischen Praktiken. Im von Ludwig von Ficker redigierten »Brenner« konnte Trakl viele seiner Poeme publizieren.
Zwischen »banal« und »sentimental« wird Trakls frühe Lyrik eingeschätzt. Über die späteren Verse, die in die Weltliteratur eingingen (viele sind melancholische Salzburg-Skizzen), urteilt der Literat Jan Knopf: »Aus wenigen, miteinander verflochtenen Bildgefügen, die in immer neuen Variationen und Konfigurationen erscheinen, häufig fremdartig dunkel wirken und überraschende Farbmotive bevorzugen, entsteht das Bild der zerbrochenen Welt und des leidenden Menschen in ihr.« Das »Schweigen Gottes« habe der Dichter, dessen transzendentale Geborgenheitssehnsucht unerfüllt blieb, »aus dem Brunnen des Hains« getrunken, wie er in einem Gedicht bekennt. Ausgehend von der von ihm, besonders in der Heimatstadt Salzburg, erlebten Wirklichkeit, verfremdete Georg Trakl diese mehrfach. Das mag auch der Grund sein, dass der Zugang zu Welt Georg Trakls vielen Lesenden heute verschlossen bleibt.
Hans Gärtner
6/2007
An einen Wiener und eine Salzburgerin ging der diesjährige Georg-Trakl-Preis: zum einen an den 55jährigen Dichter, Essayisten, Aphoristiker und Stückeschreiber Franz Josef Czernin, der unter anderem seit 1989 ein Computerprogramm zur Analyse und Produktion poetischer Texte entwickelt und bisher über zwanzig Bücher veröffentlicht hat, zum anderen – als Fördergabe – an die zwei Jahre jüngere gebürtige Tirolerin Lisa Mayer, die – mit sechs Kindern – in Salzburg als Diplomlogopädin arbeitet und bisher mit zwei Lyrikbänden an die Öffentlichkeit trat.
Die vom Salzburger Literaturforum »Leselampe« herausgegebene Zeitschrift »Salz« ist mit ihrer Ausgabe Nummer 126 ganz und gar Georg Trakl gewidmet. Beim Festabend im Trakl-Haus am Salzburger Waagplatz 1 a, das sowohl die Galerie als auch die Trakl-Forschungs- und Gedenkstätte birgt, las Peter Arp. Es war das ehemalige Schaffnerhaus.
»Das Ohr hört nachts Sonatenklänge« – unter diesem Trakl-Motto stand eine Multimedia-Rückschau mit Live-Musik und Vertonungen von Trakl-Gedichten. Unter der Regie von Alexander Linse gestalteten sie Mitglieder des Schauspiel- und Opernensembles vom Landestheater Salzburg. Ein relativ stiller Geburtstag sollte es werden, im Gegensatz zum Rummel, der um den weitaus berühmteren Sohn der Festspielstadt Wolfgang Amadeus Mozart zu dessen 250. Wiegenfest entstanden war (und noch immer nicht abreißt).
Man erinnerte daran, dass der junge Lyriker Georg Trakl sein Leben einmal als »Kette von Krankheit und Verzweiflung« sah, fragte aber darauf sogleich rhetorisch: »Aber welche Dichtung hat uns dies hinterlassen!« Als hochsensibles Genie wurde Trakl im Rahmen dieser Performance aus Gesang, Rezitation und Multimedia angesehen und gefeiert. Querverbindungen zu Mozart, aber auch zu Thomas Bernhard tun sich auf. Sie waren sich bekanntlich einig in der Hassliebe zu »ihrem« Salzburg! Briefe gaben Einblick in das düstere Leben des Salzburger Eisenhändlersprosses, das mit der bürgerlichen Wirklichkeit nichts anfangen konnte. Den Beruf eines Pharmazeuten übte der Schulabbrecher nur sporadisch aus. Erfahrungen des 1. Weltkriegs bringen ihn dem Wahnsinn nahe. Drogen nahm Trakl schon in sehr jungen Jahren. Dem Alkohol war er nie abgeneigt. Mit der Schwester kam es zu blutschänderischen Praktiken. Im von Ludwig von Ficker redigierten »Brenner« konnte Trakl viele seiner Poeme publizieren.
Zwischen »banal« und »sentimental« wird Trakls frühe Lyrik eingeschätzt. Über die späteren Verse, die in die Weltliteratur eingingen (viele sind melancholische Salzburg-Skizzen), urteilt der Literat Jan Knopf: »Aus wenigen, miteinander verflochtenen Bildgefügen, die in immer neuen Variationen und Konfigurationen erscheinen, häufig fremdartig dunkel wirken und überraschende Farbmotive bevorzugen, entsteht das Bild der zerbrochenen Welt und des leidenden Menschen in ihr.« Das »Schweigen Gottes« habe der Dichter, dessen transzendentale Geborgenheitssehnsucht unerfüllt blieb, »aus dem Brunnen des Hains« getrunken, wie er in einem Gedicht bekennt. Ausgehend von der von ihm, besonders in der Heimatstadt Salzburg, erlebten Wirklichkeit, verfremdete Georg Trakl diese mehrfach. Das mag auch der Grund sein, dass der Zugang zu Welt Georg Trakls vielen Lesenden heute verschlossen bleibt.
Hans Gärtner
6/2007